In Berlin sorgt ein Hotel für Obdachlose für Unruhe
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Doku enthüllt:In Berlin sorgt ein Hotel für Obdachlose für Unruhe

«Angst um mein Leben»
Schweizer lebt neben Berliner Horror-Hotel – beleidigt, geschlagen und bedroht

In Berlin sorgt eine Notunterkunft für Wohnungslose für Spannungen. Anwohner klagen über Beleidigungen, Abfall und Lärm durch die Bewohner. Die Situation eskaliert zunehmend. Betroffen von den Zuständen ist auch ein Schweizer.
Publiziert: 19:23 Uhr
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Aktualisiert: 20:24 Uhr
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Zwei Männer beleidigten den Schweizer Nico S. auf der Strasse massiv.
Foto: Screeshot «Spiegel TV»

Darum gehts

  • Eine Notunterkunft in Berlin sorgt für Diskussionen wegen Beleidigungen und Lärm
  • Ein Schweizer Anwohner berichtet von Bedrohungen und Angst vor Gewalt
  • 2025 gab es bereits 110 Polizeieinsätze rund um das BB Hotel
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Beleidigungen, Abfall und Lärm: Im Berliner Bezirk Tempelhof-Schöneberg, der eigentlich für friedliches Zusammenleben und Akzeptanz bekannt ist, sorgt das ehemalige BB Hotel an der Fuggerstrasse zunehmend für Diskussionen.

Seit 2020 wird das Gebäude nicht mehr touristisch genutzt, sondern dient dem Bezirk als Notunterkunft für wohnungslose Menschen. Untergebracht sind dort vor allem grössere Familien aus mehreren Herkunftsländern, überwiegend aus Osteuropa. Während die einen Bewohner unauffällig in der Unterkunft leben, berichten Anwohner immer wieder von Konflikten rund um das Gebäude.

Eine Reportage von «Spiegel TV» dokumentiert, wie zunehmende Beleidigungen und Vermüllung bei Anwohnern ein wachsendes Unsicherheitsgefühl auslösen. Nico S.* ist einer davon. Der Schweizer wohnt seit mehreren Jahren gegenüber dem Hotel. Die Zustände seien nicht mehr haltbar. «Einmal ging ich runter und bat darum, dass sie die Musik leiser machen. Da habe ich eine Ohrfeige kassiert.»

«Angst um mein Leben»

Später sei sogar ein Pflasterstein nach ihm geworfen worden. Blick konnte ebenfalls mit dem Wahlberliner sprechen. Zum betreffenden Vorfall sagt er heute: «An diesem Abend hatte ich Angst um mein Leben.» Seit diesem Zeitpunkt schaut er immer nach links und nach rechts, wenn er am Hauseingang ankommt. 

Der Schweizer lebt bereits seit 2006 an der Fuggerstrasse. «Am Anfang lief alles gut. Ich habe mich hier sehr wohlgefühlt.» 2020 fingen die Probleme an. Im Laufe der Jahre habe er viele Vorfälle erlebt, sagt der Mann, darunter unsauber hinterlassene Bereiche im Umfeld der Unterkunft und Kleinkriminalität. 

«Sie vermüllen die Strasse, veranstalten Picknicks»

Was den Mann Ende 50 am meisten stört, ist, dass sich niemand an die Regeln halte: «Sie vermüllen die Strasse, veranstalten Picknicks, knacken in der Nacht die E-Bikes und halten Autorennen mit ihren Mercedes und BMW ab», beschreibt er. Nachts würde vermeintliches Diebesgut von Kombi zu Kombi umgeladen. «Die Polizei hat schon Einbruchswerkzeug in den Büschen sichergestellt. Sie ist machtlos.» 

Aus Frust stellt S. regelmässig Videos auf Instagram, die Einblick in die Lage an der Fuggerstrasse geben. 

«Du Schweizer Hurensohn!»

Während der Dreharbeiten traf das Team von «Spiegel TV» auf zwei junge Männer, die gerade das Hotel verliessen. Auf die Frage, ob sie Bewohner seien und die Vorwürfe kennen, reagierte einer aggressiv. Er zeigte auf die Wohnung des Schweizers, auf dessen Balkon eine Schweizer Flagge hing, und beschimpfte ihn lautstark: «Dieser Schweizer Hurensohn, ich ficke deine Mutter, du elender Bastard.» Auf Fragen bezüglich Lautstärke und Beleidigungen gingen die Männer hingegen nicht ein. 

Mittlerweile hat S. die Flagge abgenommen. Schon mehrfach habe er sich überlegt, wegzuziehen, doch es sei praktisch unmöglich, in Berlin eine Wohnung zu finden. «Man wird beim Vorbeilaufen beleidigt. Sogar kleine Kinder spucken einen an.» Er wünsche sich, dass das Hotel geschlossen wird. 

«Man treibt die Menschen auf die Strasse»

Eine Nachfrage des Senders beim Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg zeigt: Das Hotel ist für alle zwölf Berliner Bezirke als Notunterkunft ausgewiesen. Die Bezirke nutzen es bei Bedarf. Alle Bewohner beziehen Leistungen vom Jobcenter.

Der Bürgermeister des Bezirks, Jörn Oltmann, räumt gegenüber «Spiegel TV» ein, keine vollständige Übersicht über die Hotelbelegung zu haben. Er sieht unter anderem die baulichen Gegebenheiten des Hauses als ursächlich für die Probleme: «Man hätte schon längst einen Aufenthaltsraum einrichten können, anstatt dass man die Menschen aus ihren engen Zimmern auf die Strasse treibt», so Jörn Oltmann. Auch der Betreiber trage seiner Ansicht nach eine Verantwortung.

Dieser wollte sich gegenüber dem Sender nicht äussern. Eine Hotelmitarbeiterin erklärte gegenüber «Bild»: «Diese Menschen werden uns vom Amt zugewiesen. Wir machen hier nichts Illegales. Manche zahlen ihre Unterkünfte auch selbst.»

«Mediale Bühne für Antiziganismus»

Der Verein Amaro Foro e. V., der sich für die Interessen von Roma in Berlin einsetzt, kritisiert in einer Stellungnahme die mediale Berichterstattung über das Hotel. Darin heisst es, das Hotel sei zu einer «medialen und gesellschaftlichen Bühne für Antiziganismus» geworden. Viele Bewohner seien aufgrund des angespannten Wohnungsmarktes und der Diskriminierung auf solche Unterkünfte angewiesen; zudem seien die Zimmer oft zu klein für Familien. Deswegen müssten die Bewohner auf die Strasse ausweichen. 

Rund um das BB Hotel gab es 2025 bereits 110 Polizeieinsätze. Benjamin Jendro von der Berliner Polizeigewerkschaft beschreibt es in der Doku so: «Die Fuggerstrasse bereitet seit Jahren Probleme – für die Bürgerinnen und Bürger und auch für die Kollegen, die ständig rausfahren müssen.» Die Kleinkriminalität ist hoch. Die Beamten müssen am meisten wegen Drogendelikten, Landfriedensbrüchen, Eigentumsdelikten und Bedrohungen ausrücken.

Der Berliner Senat kündigte an, die Situation gemeinsam mit den Bezirken zu prüfen. Welche Massnahmen künftig ergriffen werden, ist noch offen. 

* Name geändert 

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