Darum gehts
Achtung, Zensur-Falle! Nachdem der Fernsehsender ABC seinem Late-Night-Superstar Jimmy Kimmel (57) vorläufig den Stecker gezogen hat, scheinen sich die Medien vielerorts einig: Das ist – wie das im Juli verkündete baldige Aus für die «Late Show» von Stephen Colbert (61) – ein weiterer Fall von Donald Trumps (79) gefährlichem Vorgehen gegen kritische Stimmen.
Die NZZ schreibt von einem «Feldzug gegen die Pressefreiheit». Watson erkennt einen «Angriff» von Trump. Der einflussreiche Comedian aus Los Angeles aber ist kein weiteres Zensur-Opfer. Seinen Maulkorb hat er sich selbst zu verdanken – weil er einen fatalen Fehler begangen hat.
ABC setzte Kimmels Show ab, weil der Comedian in seiner Sendung vom Montagabend über den mutmasslichen Mörder von Charlie Kirk (†31) gesagt hatte: «Die MAGA-Gang versucht verzweifelt, den Mörder von Charlie Kirk als irgendetwas anderes als einen der ihren darzustellen.» Kurz: Kimmel impliziert, der Attentäter sei ein Trump-Fan.
40 Prozent der Amis hassen sich
Nur stimmt das nicht. Auch Kimmel hätte das zehn Tage nach dem Gewaltakt wissen müssen. Der Kirk-Killer Tyler Robinson (22) ist nach allem, was man über ihn weiss, ganz und gar kein «MAGA»-Anhänger.
Indem er dem Mörder einen falschen politischen Stempel aufdrückte, tat der liberale Talkshow-Host genau das, was man aus Trumps eigenem Lager bereits kennt: eine Gewalttat ohne jegliche faktischen Belege der Gegenseite in die Schuhe schieben, die «anderen» für alles Schlimme in Amerika verantwortlich machen.
Aktuelle Umfragen gehen davon aus, dass rund 40 Prozent der Amerikaner einen tiefen Hass auf politisch Andersdenkende verspüren und sie als Gefahr sehen. Dieser potenziell selbstzersetzende Trend wird genährt vom Verdacht, hinter jedem kranken Attentäter verstecke sich ein von der Gegenseite instrumentalisierter Auftragskiller.
Kimmels primitiver Penis-Vergleich
Dass ABC seinen Superstar wegen der gefährlichen Aussage vorläufig vom Äther nimmt, hat nichts mit Zensur einer Trump-kritischen Stimme zu tun. Im Gegenteil: Kimmels Rausschmiss ist ein publizistisch eigenständiger Entscheid, mit dem sich eine der wertvollsten amerikanischen Medienmarken davor bewahrt hat, zur Plattform verleumderischer Theorien zu werden.
Auch der relativ milde Druck, den die Trump-freundliche Bundeskommunikationskommission FCC via ein paar Podcast-Aussagen ihres Chefs gegen ABC gemacht hat, dürfte den Mediengiganten kaum in Schockstarre versetzt haben. US-Präsident Trump selbst äusserte sich erst nach dem Aus der Show auf seiner Plattform Truth Social und gratulierte ABC zum Entscheid. Direkten Einfluss auf Kimmels Aus hatte das nicht.
Kimmel, der Trump oft auf primitivste Art und Weise ins Lächerliche zog (etwa, indem er die Pornodarstellerin und mutmassliche Trump-Geliebte Stormy Daniels den Penis des US-Präsidenten mit verschiedenen Pilzen vergleichen liess) nutzte sein Recht auf freie Meinungsäusserung seit Jahren bis zum Äussersten aus. Zu Recht. Schliesslich garantiert der allererste Zusatz der amerikanischen Verfassung jedem in den USA, frei nach seinem Schnabel zu sprechen.
Nicht dazu gehört das Recht, faktisch falsche, Hass schürende Schuldzuweisungen zu verbreiten. Das gilt für Late-Night-Hosts – und natürlich auch für US-Präsidenten.