Zürcher Goldhändler Fabio Luraschi spricht über Schicksale und Goldvreneli
Warum eine Mutter ihren eigenen Sohn angezeigt hat

In seinem Geschäft in Zürich kauft Fabio Luraschi Gold, Schmuck und alte Münzen gegen bar. Der 58-Jährige spürt die hohen Goldpreise: Die Schlange der Kundschaft in und vor dem Geschäft ist derzeit lang.
Publiziert: 26.10.2025 um 16:21 Uhr
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Aktualisiert: 26.10.2025 um 16:33 Uhr
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«Derzeit bekommen wir viele Goldvreneli», sagt der Zürcher Goldhändler Fabio Luraschi.
Foto: Gabi Vogt

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Birthe Homann
Beobachter

Wirklich leid tun mir jene Leute, die aus Not ihren Schmuck bei uns verkaufen. Sie bekommen 400 Franken für ihren Goldring und sagen: «Damit kann ich jetzt die Krankenkassenrechnung bezahlen.» Ich denke, oddio – was ist mit nächstem Monat? Dann kommen sie wieder, aber irgendwann haben sie nichts mehr zu verkaufen. In einem reichen Land wie der Schweiz sollte so etwas nicht vorkommen. Es zeigt aber, wie schnell es gehen kann: Wer zum Beispiel mit Mitte 50 den Job verliert, landet schnell in der Armut. Das stimmt mich nachdenklich.

«Manche sind überrascht, wenn sie für die Goldketten der Tante mehrere Tausend Franken bekommen», so Luraschi.
Foto: Gabi Vogt

Die meisten unserer Kundinnen und Kunden verkaufen uns aber Erbschaften. Dinge, die sie von den Eltern oder anderen Verwandten geerbt haben. Schmuck, Tafelservice oder auch mal eine wertvolle Münzsammlung. Manche sind überrascht, wenn sie für die Goldketten der Tante mehrere Tausend Franken bekommen. Der Goldpreis ist derzeit sehr hoch. Darum verkaufen uns auch viele ihre Goldvreneli. Früher hat man die gespart und aufbewahrt – heute wollen viele lieber das Geld. Mit einem Preis von über 600 Franken pro Vreneli verständlich.

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Mit Säure wird das Gold geprüft

Unsere wichtigsten Arbeitsutensilien sind Lupen und geeichte Waagen. Um den Goldgehalt zu prüfen, nutzen wir spezielle Säuren, die auf den Abrieb reagieren. Damit kann man den Karatwert bestimmen. Der höchste Goldwert beträgt 24 Karat. Dabei handelt es sich um sogenanntes Feingold. Es wird vor allem für Anlagegold, also Münzen oder Barren, oder für Medaillen verwendet.

18 Karat Gold ist die am häufigsten benutzte Legierung für Schmuck. Beim Silberschmuck ist es das Sterlingsilber, es hat einen besonders hohen Feinheitsgrad. 

Im Geldwäschereigesetz ist vorgeschrieben, dass sich unsere Kundschaft ausweisen muss mit einer ID oder einem Pass. Zudem werden alle verkauften Waren fotografiert – das dient dem Schutz vor Hehlerei und Diebesgut. 

Vor einiger Zeit kamen einmal zwei junge Männer und verkauften eine Goldkette – sie wollten mit dem Erlös ans Gurtenfestival, erzählten sie. Vier Wochen später meldete sich die Mutter des einen. Ihr Sohn hatte ihre Kette gestohlen und bei uns verkauft. Leider war sie schon eingeschmolzen, und wir konnten sie ihr nicht zurückgeben. Sie hat ihn angezeigt, den eigenen Sohn. Incredibile. 

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Gaunerbanden zocken Senioren ab

Richtig ärgerlich machen mich aber diese Gaunerbanden, die ältere Leute ausnehmen. Sie versprechen ihnen Bargeld für ihre Goldvreneli, locken sie ins Dorfrestaurant und geben dann einem Pensionär 50 Franken pro Münze – dabei ist so eins heute über 600 Franken wert. Ich verstehe nicht ganz, wie die Leute immer wieder auf diese miesen Tricks hereinfallen. Vor diesen kriminellen Methoden wird doch dauernd gewarnt.

«Ein Goldvreneli ist heute über 600 Franken wert», erklärt der Experte.
Foto: Gabi Vogt

Vor kurzem war eine alte Dame hier: Sie erzählte, dass ihr ein Mitglied einer solchen Bande 250 Franken für ihre fünf Goldvreneli gegeben hat. Wahnsinn. Und sie dachte, sie hätte ein gutes Geschäft gemacht.

Ich bin Tessiner und stamme aus dem Dorf Neggio oberhalb von Lugano. Bevor ich Münzhändler wurde, habe ich 25 Jahre in der Verwaltung der Post gearbeitet. Seit 2012 bin ich Geschäftsführer hier in Zürich bei der Erwin Dietrich AG, einer der ältesten Münzhandlungen der Schweiz. 

Zum Glück liegt unser Geschäft direkt neben der Urania-Wache, dem Hauptsitz der Zürcher Stadtpolizei. Das gibt Sicherheit. Schliesslich geht bei uns viel Bargeld über die Theke, erst ab 15’000 Franken arbeiten wir mit Überweisungen. Über 100 Kundinnen und Kunden besuchen uns täglich. 

Alle wollen nur noch Plastikgeld

Ich bin ein Sammler, wie mein Grossvater. Angefangen habe ich mit Briefmarken. Später kamen Mineralien, Fossilien und sogar Käfer dazu. Mein Herz brennt aber für alte Tessiner Münzen. Bis 1850 hatte jeder Kanton in der Schweiz sein eigenes Geld aus Silber. Wunderschöne Taler und Schillinge.

Leider geht die Tradition mit den Münzen verloren – heute wollen alle nur noch Plastikgeld, junge Sammlerinnen und Sammler gibt es kaum noch. Wir sterben aus.

«Mein Herz brennt für alte Tessiner Münzen», sagt Luraschi.
Foto: Gabi Vogt

Hinweis: Dieser Artikel wurde erstmals am 25. Oktober 2024 veröffentlicht und am 17. Oktober 2025 aktualisiert. 

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