Darum gehts
- Klöntalersee lockt viele Besucher an, führt zu Verkehrschaos und Konflikten
- Glarner Landsgemeinde entscheidet über autofreie Sonntage im Klöntal
- Parkgebühren im Klöntal wurden auf 3 Franken pro Stunde verdoppelt
An einem schönen Sommertag ist das Klöntal ob Riedern GL meist schon vor dem Mittag voll: Am See liegt Badetuch an Badetuch. Die Parkplätze sind belegt, die Strasse wird gesperrt. Nur noch mit dem Bus kommt man zum Klöntalersee hoch – alternativ auch mit dem Velo oder zu Fuss. Der tiefe Bergsee mit dem klaren Wasser lockt an Spitzentagen gerade viele Zürcherinnen und Zürcher an. Bei den Einheimischen kommt das nicht nur gut an. Konflikte sind vorprogrammiert.
Das Verkehrschaos rund um den Klöntalersee ist auch immer wieder Thema in der Politik. So hat die Gemeinde Glarus die Parkgebühren im Klöntal auf Anfang Jahr verdoppelt, um der negativen Auswirkungen des Overtourism Herr zu werden. Neu kostet ein Parkbillett ab der ersten bis zur fünften Stunde 3 Franken pro Stunde. Bisher waren es 1.50 Franken. Ab der fünften Stunde kostet es pauschal 15 Franken pro Tag. Bislang mussten Nutzerinnen und Nutzer dafür 7.50 Franken bezahlen. Die Jahresgebühren für Parkbewilligungen werden von 90 auf 150 Franken erhöht.
«Man will die Gäste nicht haben»
Am kommenden Sonntag ist das Klöntal auch ein Thema an der Glarner Landsgemeinde. Die Stimmberechtigten entscheiden darüber, ob Autos aus dem Klöntal verbannt werden sollen. Drei autofreie Sonntage stehen zur Diskussion. Wer die Eigendynamik der Landsgemeinde kennt, der weiss, dass es durchaus auch mehr werden können. Die Idee kommt von den Jungen Grünen – ursprünglich wollten sie sogar acht «Slow Sundays» pro Jahr.
Während Umweltschützer und Tourismusförderer die Initiative begrüssen, äussern lokale Wirte und Campingplatzbetreiber ihre Bedenken. Sie befürchten, dass die Einschränkungen ihre Geschäfte negativ beeinflussen könnten, da viele Gäste – gerade Zürcherinnen und Zürcher – mit dem Auto anreisen. Martin Hösli, Wirt des Berggasthauses «Schwammhöhe», sieht den Sinn der autofreien Sonntage nicht ein. «Man hat das Verkehrsproblem ja im Griff», sagt er den «Glarner Nachrichten». Vor allem bei schlechtem Wetter rechnet er mit Umsatzeinbussen, dann fehlen auch Wanderer und Velofahrer. Er kritisiert: «Das Glarnerland macht Werbung für den Tourismus – und will dann die Gäste trotzdem nicht haben.» Gerade die Zürcher sind unerwünscht. Weil sie oft mit dem Auto anreisen, würde der autofreie Sonntag sie besonders treffen.
Unterstützung durch die öffentliche Hand gefordert
Auch Leonie Koller, Platzwartin des Campings Güntlenau und Beizerin im Bistro des Platzes, hält nichts von den «Slow Sundays». Ihr Lokal lebe von Tagesgästen. «Diese reisen grösstenteils mit dem Auto an», erzählt sie den «Glarner Nachrichten». Sie rechnet mit grossen finanziellen Einbussen. Und mit Diskussionen mit Gästen und einem höheren administrativen Aufwand. Für sie ist deshalb klar: «Die autofreien Sonntage sind keine tragbare Option!»
Sie erwartet eine finanzielle Unterstützung von der öffentlichen Hand, wenn die autofreien Sonntage wirklich kommen. Das wäre frühestens ab 2026 der Fall. Dann dürften an drei Sonntagen im Sommer keine Autos mehr fahren. Autofrei wären die letzten Sonntage im Juni, Juli und August – von 7 bis 19 Uhr ginge dann jeweils nichts mehr. Ausnahmen soll es nur für Anwohner, Hotelgäste, Berufstätige sowie Blaulichtorganisationen und den öffentlichen Verkehr geben.
Autofreie Sonntage, weil das Benzin knapp war
Mit den autofreien Sonntagen holen die Jungen Grünen ein Instrument aus der politischen Mottenkiste, das in den Siebzigerjahren schweizweit zum Alltag gehörte. 1973 beschloss der Bundesrat mitten in der Ölkrise drastische Massnahmen, um Energie zu sparen.
Eine davon: An vier aufeinanderfolgenden Sonntagen im November und Dezember 1973 galt ein landesweites Fahrverbot. Nur Taxis, Rettungsdienste, Landwirtschaftsfahrzeuge und der öffentliche Verkehr durften fahren. Die Bilder von leeren Autobahnen und Menschen, die auf den Strassen spazieren oder picknicken, haben sich tief ins kollektive Gedächtnis einer ganzen Generation eingeprägt.