Darum gehts
- SBB plant Ausbau des internationalen Personenverkehrs trotz Sparzwang
- Neue Verbindungen nach Barcelona, Rom, Südfrankreich und London geplant
- Ab Frühling 2026 dreimal wöchentlich Nachtzug von Kopenhagen nach Malmö
Die SBB müssen sparen. Eine hohe Schuldenlast und notwendige Investitionen in der Schweiz zwingen CEO Vincent Ducrot (62) dazu. Dennoch kündigt er an der Präsentation der Halbjahreszahlen in Bern den Ausbau des internationalen Personenverkehrs an.
Ducrot erwähnt Barcelona, Rom, Südfrankreich oder auch London als künftige Reiseziele. Ziele, die einst als Nachtzugverbindungen geplant waren. Das ist vorbei: Die SBB sprechen jetzt von Tagesverbindungen. Das geht nicht ohne die nationalen Bahngesellschaften benachbarter europäischer Länder als Partner. Und in diesem Pool müssen die SBB ihren Beitrag leisten. Das heisst, Züge anschaffen, die gemeinsam mit den anderen Bahngesellschaften genutzt werden. «Das ist also keine Expansion der SBB ins Ausland», präzisiert Ducrot im Gespräch mit Blick.
Auch bei Zügen: Leasen statt kaufen
Wegen des Kostendrucks greift die Bahn zu neuen Finanzierungsmethoden. Sie hat am 27. August auf Simap, der Beschaffungsplattform des Bundes, eine Vorauswahl für Leasinggeber gestartet. Heisst: Sie sucht Firmen, die 40 Hochgeschwindigkeitszüge kaufen und später den SBB zur Verfügung stellen. Das ist günstiger als kaufen. Die Highspeed-Züge könnten im Verlauf der 2030er-Jahre zum Einsatz kommen.
Ein Entscheid über Leasinggeber und die Anzahl zu kaufender Züge soll im Frühling 2026 erfolgen. Auf Nachfrage von Blick lässt Ducrot offen, welche Zugtypen in Frage kommen. Die Auswahl sei aber beschränkt: «Es kommen Züge von Alstom, Hitachi oder Siemens, eventuell Stadler, infrage.»
Der internationale Verkehr wächst, was auch Probleme mit sich bringt. «Die internationalen Linien trüben unsere hohe Pünktlichkeit, weil Züge aus dem Ausland oft verspätet sind», so Ducrot. Dazu seien die Infrastrukturen und Verkaufsstrategien in den anderen Märkten teils völlig anders als in der Schweiz.
Als Beispiel dient die geplante Strecke nach London. Dafür müssten am Schweizer Abfahrtsbahnhof – ob Zürich, Basel oder Genf – «britische Terminals» erstellt werden. Aus Gründen der Einreisebewilligung, des Zolls und der Sicherheit müssten auf der Fahrt bis nach London die Zugtüren geschlossen bleiben, ausser wenn ein Bahnhof auf der Strecke ebenfalls ein britisches Terminal bereitstellt.
Es brauche zudem Lösungen für die Umfahrung von Paris: Zwischenhalte in Stadtbahnhöfen sind ausgeschlossen.
Die Bahn nach London kommt – irgendwann
Ducrot wischt alle Bedenken weg: «Ich glaube felsenfest daran, dass wir dereinst eine Verbindung nach London haben werden.» Aufgeben sei keine Option, zumal Bundesrat Albert Rösti (58) einen Vertrag unterzeichnet habe.
Bahnchef Ducrot ist nicht zu beneiden. Der Bedarf für den internationalen Ausbau ist da, aber eben auch der Spardruck. Bei den Nachtzügen zeigt sich das daran, dass die grossen Pläne auf eine vom Bund finanzierte Nischen-Route von Kopenhagen nach Malmö geschrumpft sind. Die SBB fahren ab Frühling 2026 dreimal pro Woche dorthin. Ducrot denkt schon weiter: «Malmö ist der Hub für weitere Ziele in Skandinavien!» Die Rede ist von Zielen in Schweden, Norwegen und sogar Finnland. Welche genau, lässt er aber offen.