Darum gehts
- Bäckerei Spatz kämpft ums Überleben wegen fehlender Parkplätze in Winterthur
- Angestellte müssen alle 90 Minuten umparken, zwei Bäcker haben gekündigt
- Drei Tage pro Woche geöffnet, zwei gemietete Parkplätze, 27'000 Kunden verloren
Gewerbler und linksgrüne Verkehrspolitik? Das passt irgendwie nicht zusammen. Immer wieder prallen da Welten aufeinander. Handwerker fluchen darüber, dass sie ewig suchen müssen, bis sie einen Parkplatz finden. Und dann doch eine Parkbusse bekommen, weil sie während des Auftrags einfach nicht wegkönnen, um den Lieferwagen umzustellen. Ladenbesitzer schimpfen über nervige Staus, die ihnen die Kundinnen und Kunden vertreiben. Wie derzeit im Zürcher Seefeld, wo eine Baustelle ein ganzes Quartier lahmlegt.
Der neuste Fall spielt in Oberwinterthur ZH. Seit 1973 Jahren verkaufen Sandra Stauffer-Zürcher und ihr Team in der Bäckerei Spatz frisches Brot, Gipfeli und Torten. Doch jetzt kämpft die Bäckerei Spatz ums Überleben – nicht wegen ausbleibender Kundschaft, sondern wegen fehlender Parkplätze, wie der «Landbote» berichtet. Die flächendeckende Einführung der blauen Zone in Winterthur zwinge die Angestellten, alle anderthalb Stunden ihre Autos umzuparkieren. «Unsere Bäcker müssen ihre Gipfeli liegenlassen, sonst droht eine Busse», klagt Stauffer-Zürcher.
Um 3 Uhr mit dem Velo aus dem Thurgau anreisen?
Zwei junge Bäcker haben den Betrieb bereits verlassen – weil sie die Parkplatzsituation nervt. Die Folge: verkürzte Öffnungszeiten, kleineres Sortiment und offene Stellen. Drei Tage pro Woche hat der Laden in Oberwinterthur nur noch geöffnet. Neu gibts eine Abholbox, der Onlineverkauf wird ausgebaut. Doch das Problem bleibt: Ein Bäcker könne morgens um 3 Uhr nicht mit dem Velo aus dem Thurgau zur Arbeit kommen, sagt Stauffer-Zürcher.
Die Stadt Winterthur aber bleibt hart. Stadträtin Katrin Cometta (GLP) verweist auf die Abstimmung von 2021. Die Bevölkerung habe den Ausbau der blauen Zone gewollt. «Alle müssen gleich behandelt werden», sagt sie im Bericht. Ausnahmen für die Bäckerei oder Betriebe mit ähnlichen Problemen lehnt sie ab. Mitarbeitende könnten private Parkplätze mieten.
Dumm nur: In Oberwinterthur sind diese Mangelware und entsprechend teuer. Zwei Parkplätze kann die Bäckerei Spatz zurzeit mieten. «Leider sind momentan keine weiteren verfügbar», sagt Sandra Stauffer-Zürcher dem «Landboten».
Wegzug wird zum Thema
Manch Gewerbetreibender denkt da schon einmal laut über einen Wegzug nach. «Ich bin sehr gerne in Winterthur», sagt Stauffer-Zürcher, «aber so, wie es momentan politisch für uns aussieht, ist es nicht lustig.»
Andere überlegen sich gar eine Klage, wie zuletzt der Zopf Beck in Zürich. Die Inhaber Ellen und Reto Hausammann haben die Stadt wegen der Folgen einer nervigen Baustelle vor ihrer Bäckerei verklagt. 27'000 Kundinnen und Kunden haben sie deswegen verloren. Das Bundesgericht wies die Klage aber ab.