Darum gehts
- Zürcher Gemeinderat debattiert über Fleischkonsum in Fiesch-Lagern
- Bürgerliche kritisieren Entscheidung als Bevormundung und Umerziehung
- Künftig zwei Drittel weniger Fleisch, 69 zu 42 Stimmen dafür
Es war eine hitzige Debatte im Zürcher Gemeinderat. Eigentlich ging es nur um den städtischen Beitrag an die Lager in Fiesch VS. Der wurde von 150'000 Franken pro Jahr auf 260'000 Franken erhöht. Letztlich drehte sich im Stadtparlament aber alles nur ums Essen. Und um die Grundsatzfrage «Gemüse oder Fleisch». Künftig gibts im Zürcher Lager zwei Drittel weniger Fleisch auf dem Teller. Die links-grünen Parteien und die GLP haben sich mit 69 zu 42 Stimmen durchgesetzt, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet.
Sehr zum Ärger der Bürgerlichen im Stadtparlament. Die sprechen von «Bevormundung» und «Umerziehung». «Gerade im Wallis gehört Fleisch dazu!», findet Flurin Capaul (FDP). Es gehe um die individuelle Freiheit. «Die Personen im Fiesch sollen selber entscheiden können, was sie essen.» Schon jetzt hätten die Jugendlichen im Lager die Wahl, betonte Roger Meier (FDP). «Es werden immer zwei Menüs angeboten. Zudem gibt es immer ein Salatbuffet.» Die Köche in Fiesch, die für die 11- bis 15-Jährigen kochen, würden schon heute einen guten Job machen.
Allerlei Sonderwünsche auch im Lager
Doch wie kommt der Zürcher Entscheid im Wallis an? «Die Stadträte schenken uns Beachtung. Das ist erfreulich», sagt Barbara Moosmann, Direktorin vom Sport Resort Fiesch, dem «Walliser Boten». Seit sieben Jahren leitet sie das Resort. Und hat erlebt, wie rasant die Essensdebatten zunahmen. «So explizite Vorschriften haben wir noch nie gehabt», sagt sie. Und erklärt: «Früher stand das Essen nicht so stark im Zentrum.»
Heute gibt es allerlei Sonderwünsche: vegan, glutenfrei, laktosefrei, ohne Nüsse, bio und klimafreundlich. Und jetzt kommt noch die Stadt Zürich mit einem Spezialwunsch. Die Direktorin mahnt: «Wenn der Aufwand wegen Extrawünschen in Zukunft noch mehr zunimmt, werden wir uns irgendwann die Frage stellen müssen, inwiefern wir das Gleichgewicht noch halten können.» Man wolle die Vorgaben aus Zürich aber umsetzen und den Schülern nur noch dreimal pro Woche Fleisch oder Fisch anbieten. «Wir lassen uns jetzt nicht stressen wegen dem.»
«Die Jüngsten werden instrumentalisiert»
Was bei Kindern und Jugendlichen auf den Teller kommt, sorgt schweizweit immer wieder für grosse Diskussionen. Auch das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen will vermehrt weg vom Fleisch. Und fördert vegetarische Ernährung an Schulen und Mittagstischen. Zusammen mit der Schweizerischen Gesundheitsstiftung Radix hat es die Broschüre «20 gesunde und nachhaltige Lieblingsrezepte für Kinder und Jugendliche» herausgegeben. Das Angebot reicht vom Linseneintopf mit Tofuwürfeln über Spinat-Pita bis Quinoa-Burger mit Quarkdip.
Dass das Amt von Gesundheitsministerin Elisabeth Baume-Schneider (61) in seinen Ernährungstipps zunehmend auf Fleisch verzichtet, treibt SVP-Nationalrat Mike Egger die Zornesröte ins Gesicht. «Hier werden die Jüngsten für einen ideologischen Ernährungsumbau instrumentalisiert», sagt Egger. «Das BLV ist immer mehr ausser Kontrolle», sagte er kürzlich zu Blick. Der gelernte Metzger spricht von einem «No-Go» und einem «gefährlichen Eingriff in die Ernährungsfreiheit unserer Familien».
Denn Fleisch sei gesund. Gerade für Kinder liefere es wichtige Nährstoffe wie Vitamin B12 oder Zink. Das bestätige die Wissenschaft. Auch könne der menschliche Körper tierische Proteine viel einfacher aufnehmen als pflanzliche. Das alles blende das BLV aus. «Kein Hinweis auf mögliche Mängel, keine Transparenz», so SVP-Egger. «Das ist nicht Information – das ist Missionierung.»