Darum gehts
- Unternehmer kritisiert verzögerte Kurzarbeitsentschädigung und kompliziertes Anmeldeverfahren
- Markus Schönbächler musste auf 50 Prozent seines Lohns verzichten
- Mattle Industrie Produkte AG verlor bis zu 40 Prozent Umsatz
Ohne KMU-Firmen wie die Mattle Industrieprodukte AG stehen die Anlagen in Industriebetrieben still. Unternehmer Markus Schönbächler (62) verkauft gemeinsam mit seinem kleinen Team Sicherheitslösungen für Produktionsanlagen – darunter auch eigene Spezialanfertigungen. Lichtschranken, Lichtgitter, Sensorik und Schalter sorgen an den Maschinen für die Sicherheit der Angestellten.
Die wirtschaftlichen Unsicherheiten und die US-Zölle führen bei Mattle im Sommer praktisch zum Stillstand. «Wir haben im Juli und August über Nacht bis zu 40 Prozent unseres Umsatzes eingebüsst», sagt Schönbächler beim Blick-Besuch am Firmensitz im Industriegebiet in Fehraltorf ZH.
Chef verzichtet auf Lohn
Der Inhaber und Geschäftsführer hat den Einbruch anhand der Bestelleingänge vorausgeahnt und Kurzarbeit angemeldet. Das Gesuch wird vorbewilligt. Was dann folgt, sorgt beim Unternehmer aber für dicke Luft. «Der Juli verstreicht, der August verstreicht – doch das Geld kam nicht», so Schönbächler. Dabei sei Kurzarbeitsentschädigung genau dafür da, um einem Unternehmen bei einem unverschuldeten Einbruch rasch finanzielle Unterstützung zukommen zu lassen, damit wertvolle Arbeitsplätze gesichert werden können.
Da die Kurzarbeitsgelder ausbleiben, sieht sich Schönbächler schliesslich zum Handeln gezwungen: «Ich habe auf 50 Prozent meines Lohns verzichtet, damit ich die Löhne bezahlen konnte.»
Dass das eigentlich gesunde Unternehmen dringend auf die Zahlungen angewiesen ist, erklärt der CEO mit der seit drei Jahren anhaltenden Industriekrise. Ein Kleinbetrieb wie Mattle muss immer länger auf Zahlungen von Kunden warten, so Schönbächler: «Wir spielen als kleines Unternehmen plötzlich Bank.» Gleichzeitig müsse man die Lieferanten rechtzeitig bezahlen.
Die Krise führte auch bei Mattle Industrieprodukte zu deutlichen Umsatzrückgängen. Speck anzusetzen für schlechte Zeiten, lag daher nicht drin. Da kann das von den USA angezettelte Zollchaos das Zünglein an der Waage sein.
«Das ist reine Schikane»
Die Holzoberfläche des langen Tischs im Sitzungszimmer von Mattle ist unter den ausgebreiteten Dokumenten kaum zu sehen. «Das alles mussten wir einreichen, damit wir Kurzarbeit anmelden konnten», sagt der Chef. Eine Marktanalyse abgeben, Fragebögen ausfüllen, Zahlen liefern. «Nach der Vorbewilligung mussten wir beispielsweise völlig unverständliche Excel-Tabellen ohne jegliche Erklärung zur Entschädigung ausfüllen. Das ist reine Schikane», wie er sagt. Die Firma muss mehrfach Unterlagen nachreichen. Dazwischen verstreichen wieder Wochen.
Der Unternehmer ist überzeugt, dass der ganze Prozess zur Anmeldung von Kurzarbeit bis hin zur Zahlung unnötig Zeit und Ressourcen frisst – bei den Behörden und in den Betrieben. «Unsere lokalen Politiker wie auch in Bundesbern haben keine Ahnung, wie es in der Realität tatsächlich aussieht.»
Nur eine Person zuständig?
Am 16. September überweist die kantonale Arbeitslosenkasse die Kurzarbeitsentschädigungen für Juli und August, wie Schönbächler mit Dokumenten belegt. «Und das nur, weil wir mehrfach interveniert haben.» Am Telefon habe man ihm gesagt, dass man bei Kurzarbeitsentschädigungen hinterherhinkt. «Es sollen noch Zahlungen aus dem ersten Quartal 2025 an KMU-Unternehmen offen sein. Was die Behörden hier tun, ist ein wirtschaftliches Verbrechen an den KMU, die das Rückgrat der Schweizer Wirtschaft sind», sagt er. Zwei Drittel aller Beschäftigten im Land arbeiten in kleinen und mittleren Betrieben.
Der Unternehmer glaubt, zu wissen, wo das Problem liegt: «Beim Kanton ist genau eine Person für die Zahlungen zuständig. Ist diese Person in den Ferien, bleibt alles liegen.»
Das sagen die Behörden
Das kantonale Amt für Arbeit sagt auf Anfrage, man könne sich aus Datenschutzgründen nicht zu Einzelfällen äussern. Generell sei es aber so, dass sich ein Team um die Kurzarbeitsgesuche kümmert. «Dieses Team kann Auszahlungen erst nach vollständigem Eingang und Prüfung der Unterlagen auslösen. Längere Bearbeitungszeiten rühren vielfach daher, dass fehlende Unterlagen nachgereicht werden müssen.»
Das Team sei frühzeitig als Reaktion auf den Anstieg bei den Anmeldungen verstärkt worden. «Trotzdem kann es zu einzelnen Belastungsspitzen kommen.»
Mattle hat inzwischen auch Kurzarbeit für das vierte Quartal angemeldet. Das ganze Prozedere beginnt von vorn. Schönbächler hofft, dass die Zahlungen dieses Mal schneller kommen. «Und dass man betroffenen KMU weniger Steine mit unnötiger Administration in den Weg legt.»