Darum gehts
Es gibt im Gesundheitswesen drei Konstanten: Die Kosten, die Prämien und die Löhne der Chefs der grössten Krankenkassen steigen – Jahr für Jahr. Gerade die Prämienlast wird für immer mehr Menschen jedes Jahr schwieriger zu stemmen, dazu kommen die gestiegenen Kosten für Wohnen oder Lebensmittel.
Mit solchen Sorgen müssen sich die Chefs – und die eine Chefin – der grössten Krankenkassen nicht herumschlagen. Ihre Löhne reichen auch in der teuren Schweiz für ein komfortables Leben. Klar, als die obersten Verantwortlichen müssen sie viel arbeiten, haben zahlreiche weitere berufliche Verpflichtungen und stehen deutlich mehr im Fokus der Öffentlichkeit als andere Bosse mittelgrosser Firmen.
Trotzdem stellt sich die Frage, ob die hohen Löhne der obersten Prämieneinsammler auch wirklich gerechtfertigt sind.
Blick hat die Geschäftsberichte 2024 der grössten Krankenkassen durchforstet. Seit 2016 müssen dort die Gesamtvergütungen der CEO und der Präsidenten aufgeführt werden – so wie es bei vielen anderen Unternehmen ebenfalls Standard ist. Ausgewiesen werden die Barauszahlungen, Vorsorgegelder und sonstige Vergütungen – meist eine Spesenpauschale.
Fast eine Million Franken
Einmal mehr der Abräumer ist Andreas Schönenberger (60), der branchenfremde CEO von Sanitas. Der Physiker kam von der Telekomfirma Salt, davor hat er für Google gearbeitet. Schönenberger kassierte im letzten Jahr 976'433 Franken. Dabei ist die Sanitas mit 781 Mitarbeitenden und über 850'000 Versicherten bei weitem nicht die grösste Krankenkasse.
Auf Platz zwei folgt CSS-Chefin Philomena Colatrella (56), die seit 1999 für die CSS arbeitet und seit 2016 an der Spitze steht. Ihr Lohn 2024: 851'678 Franken. Knapp 800'000 Franken verdiente Roman Sonderegger (52), der seit vier Jahren CEO von Helsana ist. Sowohl CSS als auch Helsana sind deutlich grösser als Sanitas, haben wesentlich mehr Versicherte und Angestellte.
So viel verdienen die Krankenkassenchefs 2024
Kasse | CEO | Lohn (in Franken) | Versicherte | Mitarbeitende |
Sanitas | Andreas Schönenberger | 976'433 | 866'971 | 781 |
CSS | Philomena Colatrella | 851'678 | rund 1,7 Mio. | 2661 |
Helsana | Roman Sonderegger | 795'726 | über 2 Mio. | 3400 |
Groupe Mutuel | Thomas Boyer | 787'183 | 1,343 Mio. | 2726 |
Swica | Reto Dahinden | 757'969 | 1'637'936 | 2263 |
Assura | Ruedi Bodenmann | 661175 | 822'000 | 1578 |
KPT | Thomas Harnischberg | 637'000 | 528'349 | 754 |
Concordia | Nikolai Dittli | 528'929 | 740'000 (nur OKP) | 1400 |
Sympany | Christian Conti * | 334'748 | 249'200 | 573 |
Auch die Chefs der anderen grossen Krankenkassen verdienen meist deutlich mehr als eine halbe Million Franken im Jahr. Einzig Sympany – versichertenmässig die kleinste unter den grossen Kassen – zahlt dem Chef deutlich weniger als eine halbe Million.
Saläre, von denen Chefs anderer mittelgrosser Firmen nur träumen können, wie der Vergütungsspezialist Sacha Kahn anmerkt: «KMUs bewegen sich oft in einem sehr umkämpften Markt. Da muss ein grosser Mehrwert resultieren, bevor die Firma bereit ist, fast eine Million Franken für den CEO zu bezahlen».
Unverständnis bei Experten
Kahn bemängelt auch die grosse Bandbreite der Löhne der Krankenkassenchefs: «Die Krankenkassen bewegen sich in einem sehr regulierten Markt, da erstaunen die grossen Unterschiede zwischen den einzelnen Kassen schon.» Vor allem im Bereich der Grundversicherung unterschieden sich die Kassen nur über die Höhe der Prämien und den Kundenservice. Der Leistungskatalog ist für alle gleich.
Felix Schneuwly (64) hat ebenfalls wenig Verständnis für den Zahltag der Kassenchefs und warnt vor politischen Folgen: «Spätestens bei der nächsten Abstimmung zur Einheitskasse wird sich diese fehlende Sensibilität rächen.» Allerdings macht er auch den Prämienzahlern wenig Hoffnung, dass ein rigoroses Eingreifen bei den Löhnen etwas Linderung bringen könnte: «Selbst wenn die CEOs gratis arbeiteten, würde sich das auf die Prämien lediglich im Bereich einiger Rappen auswirken», so der Gesundheitsexperte.