Darum gehts
- Rolex-CEO Jean-Frédéric Dufour trat in Dubai auf
- Dufour vergleicht Uhrenindustrie mit Automobilbranche
- Er erzählt, wie er in der Branche landete
Der Auftritt von Jean-Frédéric Dufour (57) am Mittwoch an der Watch Week in Dubai wurde mit Spannung erwartet. Zum einen, weil es extrem selten ist, dass der Rolex-Chef überhaupt öffentlich spricht. Zum anderen, weil er Donald Trump (79) bei seinem Besuch mit Schweizer Industriellen eine goldene Tischuhr ins Oval Office mitgebracht hatte – und man sich nun erhoffte, dass Dufour etwas zu seinem Termin im Weissen Haus und seinem angeblich guten Draht zum US-Präsidenten sagen würde.
Auf der Bühne in Dubai trat Dufour locker und humorvoll auf. So erlaubte er sich eine Spitze gegen Apple: «Wenn Sie in einen Apple-Store gehen, werden Sie von Leuten bedient, die sich für Genies halten.» Dabei seien die häufig nicht einmal imstande, für die Kunden eine Lösung zu finden. Die Lancierung der Apple Watch fiel zeitlich mit Dufours Start als Rolex-Chef zusammen.
In der Uhrenindustrie löste das neue Produkt aus dem Silicon Valley Panik aus. Der damalige Verwaltungsratspräsident von Rolex, Bertrand Gros, habe jedoch zu ihm gesagt, es werde nichts passieren. «Ich fragte: Bist du dir da sicher, Bertrand? Er antwortete: Wir hatten noch nie mit irgendetwas Probleme.»
«Die Apple Watch ist keine Uhr»
Heute sei klar, dass Gros recht hatte. Die Apple Watch sei nun einmal keine Uhr, sondern ein Telefon am Handgelenk, sagt Dufour. Apple habe erfolglos versucht, den Luxusuhrenherstellern mit teuren Gold-Apple-Watches Konkurrenz zu machen. «Wir hatten das Glück, dass sie Amerikaner sind und nicht so viel Geduld haben. Sie hörten nach sechs Monaten wieder damit auf.»
Geschadet habe die Apple Watch höchstens Uhrenmarken, die sich im gleichen Preissegment wie die Apple Watch bewegen. Ein Vorteil des Produkts von Apple sei, dass es die jungen Menschen daran gewöhne, etwas am Handgelenk zu tragen. Das allerdings könne dann später auch eine mechanische Uhr sein.
Die aktuellen Probleme der Uhrenindustrie spricht Dufour nur indirekt an – über einen Vergleich mit der Automobilbranche, die er als abschreckendes Beispiel erwähnt. Sie sei der Uhrenindustrie am ähnlichsten, sagt Dufour. Auch dort gebe es traditionsreiche Hersteller, es gebe die Bereitschaft, für eine bestimmte Marke mehr zu bezahlen, und es seien wie bei den Uhren viele Emotionen im Spiel: «Autofahren bedeutet Freiheit.» Mittlerweile jedoch würden Autos nur noch als Mittel gesehen, von A nach B zu kommen. Die Branche habe ihre Verbindung zum Kunden verloren, was sich unter anderem daran zeige, dass es kaum mehr Automessen gebe.
«Mit 200 km/h auf der Autobahn – im Nebel»
Über die Besonderheiten der Uhrenindustrie sagt Dufour, dass dort – anders als etwa in der Foodindustrie – kaum Marktforschung möglich sei. «Sie können jemanden fragen, welches Joghurt ihm schmeckt, aber darauf, wie eine Uhr aussehen soll, weiss niemand eine Antwort.» Die Konsequenz, so Dufour: «In der Uhrenindustrie ist es immer so, als würden sie mit 200 km/h über die Autobahn fahren – im Nebel.»
Dufour äusserte sich auch zu zwei Weichenstellungen seines Unternehmens in der jüngeren Zeit: Der Kauf der Juwelierkette Bucherer sei «eine Gelegenheit» gewesen, die man habe wahrnehmen müssen. Darüber hinaus gebe es bei Rolex keine Pläne, in den Handel einzusteigen. «Aber dank Bucherer verstehen wir nun das Retailgeschäft besser, das ist eine gute Sache.» Dass Rolex vor drei Jahren begonnen hat, Echtheitszerhttps://www.hodinkee.com/articles/rolex-ceo-urges-watch-brands-to-keep-close-to-customers-and-avoid-fate-of-impersonal-auto-sectortifikate für Secondhand-Uhren auszustellen, erklärt Dufour so: «Es gibt nichts Schlimmeres, als sich betrogen zu fühlen, wenn man etwas Teures gekauft hat.» Das sei ein niederschmetterndes Gefühl. In jedem Sektor, wo es um viel Geld gehe, gebe es nun einmal auch Bad Guys. Rolex wolle Vertrauen schaffen.
«Ich brauchte einen Job»
Als er gefragt wird, wie er überhaupt in der Uhrenindustrie gelandet sei, gibt Dufour dem Publikum in Dubai einen überraschenden Einblick: «Ich brauchte schlicht und einfach einen Job.» Nach der Universität wollte er ins Banking einsteigen, sei aber nicht besonders gut gewesen – er habe Mühe gehabt, eine Stelle zu finden.
Bei einer Geburtstagsparty an einem Samstagabend erfuhr die Besitzerin des Schmuck- und Uhrenherstellers Chopard davon und sagte zu ihm: «Junger Mann, ich habe etwas für Sie. Kommen Sie am Montag in mein Büro.» Chopard war die erste Station von Dufours Karriere in der Uhrenbranche, die ihn vor zehn Jahren zu Rolex führte.
«Zölle versetzten Uhrenindustrie in Schockstarre»
Und was sagt der CEO über den Zollstreit mit den USA und über Trump? Nichts – wie es den Gepflogenheiten von Rolex entspricht. Die Uhren-Plattform Hodinkee berichtet jedoch, sie habe Dufour am Rand der Veranstaltung auf den Besuch im Weissen Haus ansprechen können. «Wir mussten es tun», habe der Rolex-Chef gesagt. »Die Zölle haben die Uhrenindustrie stark getroffen, und nach der schockierenden Einführung der Zölle von 39 Prozent herrschte bei den Leuten in der Branche eine Schockstarre.»