Geheimnisvoller Gigant
Wie Rolex zur Weltmacht wurde – und Trump besänftigte

Erst eine Rolex – dann ein Deal: Dass Trump die Zölle für die Schweiz senkte, dürfte auch das Verdienst des Genfer Luxusuhrenherstellers sein. Etwas anderes als Erfolg kennt man bei Rolex gar nicht.
Publiziert: 10:50 Uhr
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Aktualisiert: 11:13 Uhr
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Rolex-Hauptsitz in Genf: Von hier kommt die wertvollste Uhrenmarke der Welt. Der Jahresumsatz wird auf über 10 Milliarden Franken gschätzt.
Foto: Rolex

Darum gehts

  • Der Rolex-Chef dürfte entscheidend zum Gelingen des Zolldeals beigetragen haben
  • Nicht nur Trump erliegt dem Mythos von Rolex
  • Warum der Uhrenhersteller aus Genf so erfolgreich ist
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Marco Lüssi

Als Schweizer Wirtschaftsführer Donald Trump (79) am 4. November im Weissen Haus besuchten, kam endlich Bewegung in die festgefahrenen Verhandlungen um eine Senkung der Zölle. Eines der Geschenke, die die Besucher mitbrachten, gefällt dem US-Präsidenten so gut, dass er es immer vor Augen haben will: Seit dem Treffen steht auf Trumps Pult eine goldene Tischuhr im Stil des Rolex-Modells Datejust, das Zifferblatt gehalten in Grün, der Farbe der Hoffnung. Die Hoffnung erfüllte sich zehn Tage nach der Übergabe der Uhr: Am Freitag wurde verkündet, dass die Zölle von 39 auf 15 Prozent sinken.

Einiges spricht dafür, dass der Genfer Luxusuhrenhersteller Rolex entscheidend dazu beigetragen hat. Betrachtet man das einzige Foto, das vom Treffen veröffentlicht wurde, fällt auf: Im Zentrum der Gruppe, gleich vis-à-vis von Trump, sitzt Rolex-CEO Jean-Frédéric Dufour (57). Er hatte Trump bereits im September in die Rolex-Loge an den US Open eingeladen und dem US-Präsidenten dabei wohl einen ersten Keim des Wohlwollens gegenüber der Schweiz eingepflanzt. Als ein Journalist Trump diese Woche auf einen Deal mit der Schweiz ansprach, sagte Trump: «Der will wohl eine schöne Uhr kaufen, eine Rolex. Lasst uns ein bisschen Werbung für Rolex machen, sie waren sehr nett.»

«Rolex ist ein Mythos, ein Glaube»

Trump ist mit seiner Vorliebe für Rolex in guter Gesellschaft. Keine andere Uhr wird von so vielen Menschen auf der Welt begehrt. Mit dem Erfolg des Genfer Uhrenherstellers, dessen Jahresumsatz auf 10 Milliarden Franken geschätzt wird, kann keine andere Marke mithalten.

Erklären lässt sich dies vielleicht damit, dass Rolex eben viel mehr ist als einfach eine Uhrenmarke. Der Schweizer Wirtschaftshistoriker Pierre-Yves Donzé (52) ist Verfasser des Buchs «Die Exzellenzfabrik – Wie Rolex zur Weltmarke wurde». Er schreibt: «Rolex ist ein Mythos, ein Glaube, fast eine Religion.» Rolex verkünde eine einfache, einprägsame Botschaft: Es handle sich um ein exzellentes Produkt, das von einem exzellenten Unternehmer entwickelt wurde und für exzellente Männer und Frauen bestimmt sei.

Schon 1927 warb Rolex mit einer Sportlerin

Bei dem exzellenten Unternehmer handelte es sich um den Deutschen Hans Wilsdorf (1881–1960), der in London mit Schweizer Uhren handelte und seinen Firmensitz erst nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs in die neutrale Schweiz verlegte. Wilsdorf setzte bereits auf Armbanduhren, als alle anderen weiter Taschenuhren verkauften.

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Unter seiner Führung produzierte Rolex die erste wasserdichte Armbanduhr. Eine solche Rolex Oyster trug auch die Extremsportlerin Mercedes Gleitze, als sie 1927 durch den Ärmelkanal schwamm. Der Versuch scheiterte zwar am schlechten Wetter, doch die Uhr überstand das Abenteuer unbeschadet. Wilsdorf verkündete dies mit grossen Inseraten in der britischen Presse. Damit hatte begonnen, was sich bis zu Roger Federer fortsetzte: die Zusammenarbeit von Rolex mit den erfolgreichsten Sportlern der Welt.

«Sofort erkennbar – und erschwinglich»

Doch erst in den Siebzigern, zehn Jahre nach dem Tod von Hans Wilsdorf, überholte Rolex den damaligen Branchenführer Omega. In den vergangenen 50 Jahren hat Rolex den Spitzenplatz nicht nur behalten, sondern den Vorsprung stetig ausgebaut.

Das liege daran, dass Rolex eigentlich immer alles richtig gemacht habe, sagt Jean-Philippe Bertschy (55), der für die Bank Vontobel die Schweizer Uhrenindustrie beobachtet. Das beginne beim Produkt: «Rolex-Uhren sind von höchster Qualität, sie sind sofort erkennbar – und sie sind im Vergleich zu anderen Luxusuhren erschwinglich.» Hinzu komme die strikte Distribution über sorgfältig ausgewählte Händler und das erfolgreiche Marketing über Sportsponsoring.

Dass Rolex im Besitz der vom Gründer geschaffenen Hans-Wilsdorf-Stiftung ist, während die meisten anderen Luxusuhrenmarken heute Grosskonzernen gehören, helfe zusätzlich. Bertschy: «Diese Unabhängigkeit fördert langfristiges Denken und macht ständige Investitionen möglich.»

Wer sein Wunschmodell will, muss warten

Rolex verfügt über eine Ausgangslage, von der andere Unternehmen nur träumen können: Die Nachfrage nach den Produkten übersteigt das Angebot bei weitem. 1,2 Millionen Uhren produziert Rolex gemäss Schätzungen pro Jahr, die Zahl der Menschen, die eine kaufen möchten, ist um ein Vielfaches höher. Die Folge: Wer genügend Geld zusammenhat, um sein Rolex-Wunschmodell zu erwerben, kann nicht einfach zu einem Rolex-Händler gehen, um es zu kaufen. Schafft man es auf eine Warteliste, kann es Jahre dauern, bis man die gewünschte Uhr erhält.

Recherche-Hinweise

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Das war nicht immer so. In welchem Ausmass es sich hier um eine künstliche Verknappung handelt, ist unklar. Klar ist: Dass es schwierig ist, an eine Rolex zu kommen, stärkt den Mythos.

Seit den Sechzigern ein Statussymbol

Historiker Pierre-Yves Donzé schreibt in seinem Buch, bereits in den Sechzigerjahren sei es dem Unternehmen Rolex gelungen, seine Uhren als Statussymbol zu positionieren. Und zwar eines, das sich viele Menschen leisten können. Der Listenpreis für das Einsteigermodell Oyster Perpetual liegt aktuell bei rund 6000 Franken. Donzé: «Rolex-Uhren sind zwar teuer, aber für die Mittelschicht nicht unerreichbar. Sie stellen einen Traum dar, von dem der Durchschnittskonsument hoffen kann, ihn eines Tages zu leben.»

Unter Jean-Frédéric Dufour, Rolex-Chef seit zehn Jahren, stösst Rolex in neue Gefilde vor: In Bulle FR baut die Firma eine neue Fabrik, mit der die Produktionskapazität gesteigert werden soll. Seit der Übernahme der weltweit tätigen Juwelierkette Bucherer stellt man die Uhren nicht mehr nur her, sondern verkauft sie nun auch. Auch im boomenden Secondhand-Markt ist Rolex präsent, seit die Firma 2022 begonnen hat, Echtheitszertifikate für gebrauchte Uhren auszustellen. Damit baut das Genfer Unternehmen seine Übermacht weiter aus und verstärkt die Kontrolle über den Markt. Kürzlich hat Rolex zudem erstmals nicht eine Uhr, sondern ein Accessoire lanciert: Manschettenknöpfe mit dem Kronen-Logo zum Preis von 5500 Franken.

«Uhrenindustrie ist in desaströsem Zustand»

Dufours Engagement für eine Lösung im Zollstreit hat viele Branchenkenner überrascht. Jean-Philippe Bertschy sagt: «Dufour verhielt sich bisher immer sehr diskret. Was er da getan hat, ist etwas Neues.» Denn Rolex war bislang verschwiegener als das britische Königshaus: Der Chef tritt nicht öffentlich auf, er gibt keine Interviews. Die Produkte sollen für sich selber sprechen.

Warum ritzt Dufour nun an dieser Regel? Analyst Bertschy glaubt, dass es Dufour um das Überleben der Schweizer Uhrenindustrie gehe. Die hochprofitable Firma Rolex ist krisenresistent wie kaum ein anderer Hersteller, doch der Branche geht es schlecht. «Die Uhrenindustrie ist in einem desaströsen Zustand», sagt Bertschy. Es gebe Zulieferer, deren Aufträge um bis zu 70 Prozent eingebrochen seien. Das Hauptproblem liege in Asien: «Die Chinesen kaufen kaum noch Uhren.» Dann hätten die US-Zölle die Lage noch weiter verschärft.

Rolex-Chef tritt bald in Dubai auf

Dass Rolex sich für die gesamte Branche einsetzt, ist laut Bertschy kein Novum. Bereits während der Corona-Zeit habe das Unternehmen Lieferanten in der Branche vor dem Untergang bewahrt, indem es Bestellungen trotz des Einbruchs der Wirtschaft nicht storniert habe. Hinzu kommt der Milliardendeal um Bucherer: Seit Rolex vor zwei Jahren den Bucherer-Konzern gekauft hat, dessen Boutiquen neben Rolex auch viele andere Luxusmarken führen, profitiert man auch, wenn diese erfolgreich sind.

Derweil überrascht Dufour weiter: Bei der Watch Week in Dubai nächste Woche ist er als Teilnehmer eines Podiumsgesprächs mit CEOs aus der Uhrenbranche angekündigt. Dass der Rolex-Chef öffentlich sprechen wird, gilt in der Uhrenwelt als Sensation.

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