Darum gehts
- EU bereitet sich auf Zollkonflikt mit USA vor
- Schweiz könnte stark betroffen sein, da EU wichtigster Abnehmer ist
- Trump droht mit 30 Prozent Zoll, EU plant Gegenzölle von 72 Milliarden Euro
Die Europäische Union bereitet sich im Zollkonflikt mit den USA auf den Worstcase vor: kein Handelsdeal mit den USA und hohe Zölle. US-Präsident Donald Trump (79) hat für die EU vor gut einer Woche einen Zoll von 30 Prozent angekündigt, der ab dem 1. August in Kraft treten könnte. EU-Vertreter sprechen sich deshalb Anfang dieser Woche über die Gegenmassnahmen für diesen schlimmstmöglichen Fall ab.
Brisant: Gemäss eines EU-Kommissionssprechers fanden seither keine Telefonate auf politischer Ebene statt. Ebenso wenig sind weitere Gespräche zwischen den zwei Lagern angesetzt. Das sollte auch uns nicht kaltlassen. Ein Zollkrieg zwischen der EU und den USA wäre für die Schweiz ein Supergau.
EU plant Gegenzölle von 72 Milliarden Euro
Trump hat bereits angekündigt, hart auf Gegenmassnahmen zu reagieren. Genau solche aber plant die EU. Diese stellte nach Trumps 30-Prozent-Hammer Gegenzölle in der Höhe von 72 Milliarden Euro gegen US-Produkte in Aussicht. Reagiert Trump erneut, könnte der Zollstreit eskalieren.
Das Problem aus Schweizer Sicht: Dadurch drohen den Exportfirmen in der EU noch höhere Zölle. Und die EU ist der wichtigste Abnehmer von Schweizer Produkten. Die Hälfte unseres Exports geht dorthin. Kann die EU weniger Autos, Maschinen oder Chemieprodukte in die USA liefern, sinkt auch bei Schweizer Zulieferern die Nachfrage. Dazu käme noch der direkte US-Zoll auf Schweizer Produkte, dessen Höhe ebenfalls noch offen ist.
Sollte die EU auf Chinas Strategie setzen?
Bis anhin hat die EU wegen der Verhandlungen auf die Einführung von Gegenzöllen verzichtet. Im krassen Gegensatz zur knüppelharten Strategie von China: Das Land hat jede Zollerhöhung Trumps gekontert. Trump musste jedoch rasch lernen, dass die US-Wirtschaft bei vielen Gütern von chinesischen Importen abhängig ist – und suchte schliesslich einen Deal.
Sollte die EU also auch mehr Härte in den Verhandlungen zeigen? «China hat seine Macht genutzt und gewonnen. Die Europäische Union wäre gross genug und ihre Wirtschaft stark genug, um auf die gleiche Verhandlungstaktik zu setzen», sagt Richard Baldwin (67) Professor für internationale Wirtschaft an der Business School for Management in Lausanne.
Zudem stellt die EU wie China Produkte her, die für die USA wichtig sind. Einen grossen Unterschied gibt es jedoch: «Die EU ist auf die Sicherheitsgarantien der USA innerhalb der Nato angewiesen», so Baldwin. «Deshalb sollte sie auf keinen Fall auf die gleiche Taktik wie China setzen.»
Risiko durch zu grosse Zugeständnisse
Das dürfte auch das bisherige Vorgehen der EU erklären: Als grosser Wirtschaftsraum darf sie sich nicht einfach jeder Forderung Trumps beugen. Aber auch auf keinen Fall schnell einknicken. Sonst dürfte der US-Präsident Blut lecken und gleich mit den nächsten Forderungen vorpreschen.
In den letzten Wochen hiess es bereits mehrfach, dass ein Deal zwischen den USA und der EU kurz bevorsteht. Trumps Zolldrohung deutet darauf hin, dass es zumindest noch einige Hürden gibt. Ein möglicher Ansatz für einen Handelsdeal: Würde er für die EU einen generellen Zollsatz von 15 Prozent mit einigen Ausnahmen einführen, könnte ihn die EU ohne Gegenzölle davonkommen lassen – dank militärischer Sicherheitsgarantien.
Und wann äussert sich Trump zur Schweiz?
Die Spannung steigt: Kommt doch noch ein Deal zustande? Oder macht Trump am 1. August gegenüber der EU wirklich ernst? Auf die Antwort warten Vertreter der Schweizer Wirtschaft mit grossem Interesse.
Noch mehr interessieren dürfte sie allerdings, welche Töne der US-Präsident gegen die Schweiz anschlägt. Noch wartet Bundesbern auf Neuigkeiten aus dem Weissen Haus. Derzeit bestehen US-Zölle von 10 Prozent auf hiesige Produkte. Auch hierzulande gibt es noch Hoffnung auf einen besseren Deal. Ansonsten gelten ab unserem Nationalfeiertag Gesamtzölle von insgesamt 31 Prozent – sogar 1 Prozentpunkt mehr als für die EU.