Darum gehts
- Alterswohnungen über Kläranlage in Stäfa ZH geplant, Gemeinde skeptisch
- Kreative Lösung für bezahlbaren Wohnraum, Pro Senectute begrüsst Initiative
- 50 Apartments für Senioren, Mieten zwischen 1400 und 1700 Franken
Was für eine schräge Wohnidee! In Stäfa ZH sollen Alterswohnungen direkt über der Kläranlage entstehen. Und zwar im grossen Stil: 50 Apartments für Senioren für 1400 bis 1700 Franken, wie die «Zürichsee-Zeitung» berichtet. Mitten im Dorf, direkt beim Bahnhof. Teilweise mit Sicht auf den See.
Ausgeheckt haben das Projekt der Architekt Hens Bonomo und der Ingenieur Fredy Sigg. «Wir könnten 50 Alterswohnungen kostengünstig und an bester Lage bauen», sagen sie. Ihre Idee sei «ein Novum für die Schweiz». Die Konstruktion wäre spektakulär: Pfähle tief im Boden, darüber eine Plattform mit Wohnungen. Unten blubbert weiter die eingehauste Kläranlage, darüber bleibt der heutige Parkplatz bestehen – und oben auf Stelzen entsteht neuer Wohnraum.
Gemeinde Stäfa ist skeptisch
Für den 80-jährigen Bonomo ist klar: «Der heutige Parkplatz ist eine Brache am teuersten Ort, den man haben kann», sagt er der «Zürichsee-Zeitung». Der Bedarf an Alterswohnungen ist gross in der reichen Zürcher Seegemeinde. Die beiden Intianten geben zu bedenken, dass die Mieten doppelt so hoch wären, wenn man das Land kaufen müsste. «Ich bin einfach überzeugt, dass es rational und objektiv Sinn macht», sagt Sigg.
Und die Gemeinde? Die hält wenig vom kreativen Vorschlag. Zwar sei die Idee «an sich bestechend». Aber die Chancen, einen Investor zu finden, schätzt man in Stäfa als «gering» ein. Zudem könnte der Stelzenbau eine spätere Erweiterung der Kläranlage verunmöglichen. Die Gemeinde spricht zudem von einer wichtigen «strategischen Reserve». Auch Geruch und Risiken im Boden bereiten Sorgen: Das Wohnen über einer Kläranlage sei «insgesamt als suboptimal» zu bewerten.
«Wir begrüssen solche kreative Lösungen»
Bei der Pro Senectute freut man sich über die Initiative der beiden Stäfner. «Wir begrüssen solche kreativen Lösungen unabhängig davon, ob sie von privater oder öffentlicher Hand getragen werden», sagt Kommunikationschef Peter Burri Follath (54) zu Blick. Für viele ältere Menschen werde es immer schwieriger, eine bezahlbare und passende Wohnung zu finden. «Jede zusätzliche Alterswohnung entlastet die Situation.»
Für Burri Follath ist klar: «Es braucht sowohl private Initiativen wie auch Projekte der öffentlichen Hand, um die Wohnraumsituation im Alter zu entschärfen.» Viele Gemeinden hätten die Problematik erkannt. «Man darf aber nicht vergessen, dass kommunale Projekte meist politische Prozesse durchlaufen und dadurch mehr Zeit bis zur Realisierung benötigen.»
So ist es auch in Stäfa. Bis dereinst die ersten Mieter über der Kläranlage einziehen könnten, dauert es Jahre. Am 1. Dezember entscheidet die Gemeindeversammlung erst einmal, ob die Idee überhaupt weiterverfolgt wird. Dazu braucht es Geld: 80’000 Franken für eine Umsetzungsvorlage, später 500’000 Franken für einen Wettbewerb.