Kurz zusammengefasst
- Migros plant neuen Schlachthof in Saint-Aubin
- Schweizer konsumierten 14,7 Kilo Poulet pro Kopf 2022
- Geflügelproduzenten warnen jetzt vor einem Engpass
In Saint-Aubin FR tobt ein Kampf: Migros-Tochter Micarna will dort einen Geflügel-Schlachthof eröffnen, der spätestens 2028 den in die Jahre gekommenen Schlachthof im nahe gelegenen Courtepin FR ersetzen soll.
Gegner des Projekts wollen dieses bekämpfen – «bis zum Schluss», wie etwa der Grüne Vincent Beuret (48) gegenüber Blick betont. Das könnte für grosse Probleme bei der Versorgung mit Poulets führen.
Der Hunger aufs Poulet steigt
«Wir laufen Gefahr, in der Schweiz in einen Versorgungsengpass hineinzulaufen», sagt Adrian Waldvogel (60), Präsident des Schweizer Geflügelproduzentenverbands (SGP) und selbst Masthuhn-Bauer, gegenüber der «NZZ am Sonntag».
Das Problem: Der Schweizer Hunger auf Pouletfleisch steigt kontinuierlich an. Poulet ist günstiger als andere Fleischsorten und hat den Ruf, nachhaltiger zu sein als «rotes Fleisch» von Schwein oder Rind. Gerade die allgemeine Teuerung und der Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit im Konsum machen Pouletfleisch attraktiv.
Im vergangenen Jahr assen Schweizerinnen und Schweizer rund 14,7 Kilo Poulet pro Kopf. Das ist im internationalen Vergleich eher wenig. Doch die Steigerung lässt sich in Zahlen festhalten: 2016 assen wir erst 12 Kilo Poulet. Und allein in diesem Jahr stieg die Inlandproduktion von Poulet bis August um weitere 6 Prozent.
Problematisch daran: Es ist vor allem Poulet aus der Schweiz gewünscht. Der Anteil des in der Schweiz produzierten Geflügelfleischs in den Regalen steigt kontinuierlich und liegt aktuell bei rund 66 Prozent. Trotz Produktivitätssteigerungen in den Mastbetrieben könne die Branche aber mit der gesteigerten Nachfrage kaum mithalten, so Waldvogel. Eine Erhöhung der Importquote würde nicht abhelfen, da ja primär Schweizer Poulet gewünscht ist.
Schweizer Poulets haben es vergleichsweise gut
Das hängt laut dem Landwirtschafts-Fachmagazin «UFA Revue» damit zusammen, dass die Geflügelhaltung in der Schweiz stärker reglementiert ist, was vertrauensbildend ist. Schweizer Poulets geniessen im Vergleich zur ausländischen Geflügelmast deutlich mehr Platz, gentechfreies Futter und in den meisten Fällen einen Aussenklimabereich.
Den Gegnern in Saint-Aubin geht es aber um mehr: um die Ernährungswende. Also um möglichst wenig Fleischkonsum. Dass der Konsum von Rind und Schwein stagniert, genügt nicht. Fleischersatzprodukte sind noch eine Nische.
Eigentlich müsste der Konsument umdenken. Solange das aber nicht der Fall ist und der Pouletkonsum steigt, dürften «Verhinderungsaktionen» wie die Einsprachen in Saint-Aubin, die die Pouletproduktion möglicherweise negativ beeinflussen, wenig populär sein.