«Der Preisüberwacher ist ein Schlitzohr»
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SBB-CEO Meyer im Interview:«Der Preisüberwacher ist ein Schlitzohr»

SBB verteilen 83 Millionen Franken an ihre Kunden
Warum kriegen GA-Besitzer fast nichts?

Die SBB erstatten Gutschriften über 83 Millionen an die Kunden zurück, weil sie so viel Gewinn eingefahren hat. Nur die beste Kunden-Gruppe, die GA-Besitzer, geht praktisch leer aus. Das wirft Fragen auf. Zum Beispiel: Beugt sich die SBB dem Druck der Tarifverbunde?
Publiziert: 20.03.2019 um 09:20 Uhr
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SBB-Kunden sollen vom guten Jahr 2018 profitieren.
Foto: Keystone
Konrad Staehelin
Konrad StaehelinWirtschafts-Redaktor

SBB-CEO Andreas Meyer (57) würde auch in der Werbeabteilung seines Konzerns einen guten Job machen. Vor Jahren sei er als Träumer bezeichnet worden, als er gesagt habe, er wolle stabile oder sinkende Billettpreise. Gestern verkündete er an der Medienkonferenz über das erfolgreiche 2018, dass er das Ziel erreicht hat. Und er warb: «Bei den SBB werden Träume wahr.»

Die SBB werden Gutscheine und Gutschriften im Wert von 230 Millionen Franken an die Kunden verteilen. Das entspricht Preissenkungen.

Halbtax-Kunden erhalten zum Beispiel eine Gutschrift über 15 Franken auf ihre Abo-Verlängerung und einen 20-Franken-Gutschein für einen Klassenwechsel. Oder: Alle im Besitz eines Strecken-, Modul- und Ausflugs-Abo erhalten einen Gutschein über 100 Franken. Aber ausgerechnet die halbe Million Super-Kunden kann sich nicht freuen – jene mit dem Generalabonnement, kurz GA. 3860 Franken lassen sie dieses Jahr für eines springen, 2. Klasse wohlgemerkt.

Mässiger Gutschein-Erfolg bisher

BLICK fragt nach dem Grund, warum die GA-Kunden nicht profitieren. «Das ist ein Balanceakt», sagt Meyer. «Um auch hier Rabatte zu geben, müssen wir mehr über das Reiseverhalten der GA-Besitzer wissen. Da arbeiten wir dran.»

Tatsächlich wissen die SBB nicht genau, womit die GA-Besitzer wirklich etwas anfangen können. So schickten ihnen die SBB im vergangenen Mai Gutscheine im Wert von 120 Franken, zum Beispiel für Rabatte im Bord-Bistro. Preisüberwacher Stefan Meierhans (50) bezeichnete diese Aktion allerdings Anfang März im BLICK als mässigen Erfolg – nur jeder achte Gutschein wurde eingelöst.

Eher ein Trostpreis

Meyers Erklärung, warum die GA-Besitzer nicht absahnen, kann Meierhans auch nicht nachvollziehen. Seine Vermutung: Wer bei den Tarifverbunden ein Abo über viele Zonen kauft, zahlt schnell so viel wie für ein GA – obwohl er viel weniger dafür erhält. Blöd, wer sich dann nicht fürs GA entscheide. Falls sich diese Erkenntnis aber zu sehr durchsetzt, entgeht den Tarifverbunden Geld. Meierhans: «Die Branche wehrt sich aus diesem Grund gegen Preismassnahmen beim GA.»

Die SBB wollen gegenüber BLICK nicht sagen, ob sie auf Druck der Tarifverbunde handeln. Sie verweisen stattdessen darauf, dass die GA-Kunden auch etwas erhalten: Neu müssen sie die Hinterlegungsgebühr nicht mehr bezahlen. Diese fiel an, wenn man sein GA für ein paar Tage deaktivierte und dafür Geld zurückwollte. Allerdings betrug sie nur zehn Franken. Dass sie gestrichen wird, muss den GA-Besitzern eher wie ein Trostpreis als ein Traum vorkommen. 

Trotz Rekordgewinn brauchts Nerven

Die SBB blieben im letzten Jahr auf der Erfolgsspur. Die Staatsbahn beförderte täglich 1,25 Millionen Passagiere (+ 0,8 Prozent). Sie fuhr einen Rekordgewinn von 568 Millionen Franken ein.

Was vom Gewinn nicht in die Reserven fliesst, steckt der Konzern vollständig ins Bahnsystem, zum Beispiel in Rollmaterial. Apropos: Die verspäteten Bombardier-Doppelstöcker kosten noch immer Nerven. Laut SBB-CEO Andreas Meyer sind diese jetzt nur noch viermal weniger zuverlässig als die unzuverlässigsten Züge, die derzeit im Einsatz stehen.

Sorge bereite Meyer auch eine gesunkene Personalmotivation im Unternehmen. Noch nicht ganz zufrieden ist der CEO zudem mit der Pünktlichkeit seiner Bahn. 

Eine Sorge weniger: SBB Cargo schaffte es 2018 wieder aus den roten Zahlen. Der Gewinn der Nummer 1 im Schweizer Güterverkehr betrug 12,9 Millionen Franken. Ulrich Rotzinger

Die SBB blieben im letzten Jahr auf der Erfolgsspur. Die Staatsbahn beförderte täglich 1,25 Millionen Passagiere (+ 0,8 Prozent). Sie fuhr einen Rekordgewinn von 568 Millionen Franken ein.

Was vom Gewinn nicht in die Reserven fliesst, steckt der Konzern vollständig ins Bahnsystem, zum Beispiel in Rollmaterial. Apropos: Die verspäteten Bombardier-Doppelstöcker kosten noch immer Nerven. Laut SBB-CEO Andreas Meyer sind diese jetzt nur noch viermal weniger zuverlässig als die unzuverlässigsten Züge, die derzeit im Einsatz stehen.

Sorge bereite Meyer auch eine gesunkene Personalmotivation im Unternehmen. Noch nicht ganz zufrieden ist der CEO zudem mit der Pünktlichkeit seiner Bahn. 

Eine Sorge weniger: SBB Cargo schaffte es 2018 wieder aus den roten Zahlen. Der Gewinn der Nummer 1 im Schweizer Güterverkehr betrug 12,9 Millionen Franken. Ulrich Rotzinger

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