Darum gehts
- Ölpreis steigt nach US-Angriff auf den Iran, beruhigt sich aber wieder
- Iran könnte Strasse von Hormus blockieren, was Ölpreis dramatisch erhöhen würde
- Schweiz bezieht rund 50 Prozent ihres Ölbedarfs aus den USA
Rohöl wird rund um die Uhr gehandelt, an sieben Tagen in der Woche. Entsprechend gross war der Schock, als am Sonntagmorgen die Nachrichten über den US-Angriff auf die Atomanlagen im Iran die Welt und damit auch die Ölmärkte erschütterten: Der Preis für ein Fass Rohöl der Sorte Brent verteuerte sich schlagartig um 10 Dollar.
Inzwischen hat sich der Markt etwas beruhigt, der erste Schock ist verdaut. Die zentrale Frage aber bleibt: Wie reagiert der Iran? Wird er versuchen, das Nadelöhr des globalen Ölhandels – die gut 50 Kilometer breite Strasse von Hormus – zu blockieren?
Denn das liesse den Ölpreis dramatisch in die Höhe schiessen, was sich kurze Zeit später an der Zapfsäule bemerkbar machen würde. Rasant steigende Benzinpreise kurz vor den Sommerferien – das wäre keine gute Nachricht für alle, die mit dem Auto verreisen wollen. «Ich könnte im Moment aufschlagen, verzichte aber noch darauf», sagt beispielsweise der unabhängige Tankstellenbetreiber Markus Gasser (56).
Für den Iran steht viel auf dem Spiel
Bereits haben erste Supertanker vor der Strasse von Hormus gewendet, wollen das Nadelöhr, durch das rund ein Fünftel des weltweiten Ölhandels fliesst, nicht mehr passieren: «Die Reeder wollen vermeiden, dass die Tanker im Persischen Golf blockiert sind, sollte Iran seine Drohung umsetzen», erklärt Erdölexpertin Cornelia Meyer. «Mit einem blockierten Tanker verlieren die Reedereien jeden Tag sehr viel Geld.»
Allerdings sagt Meyer auch, dass sich der Iran eine Blockade sehr gut überlegen müsste: «Im Kern geht es um die Frage, ob das Regime in Teheran ideologisch oder wirtschaftlich handelt.» Denn, so Meyer, der Iran sei auf die Devisen aus dem Verkauf von 1,7 Millionen Fass Rohöl pro Tag vor allem nach China und Indien dringend angewiesen. Eine Blockade der Strasse von Hormus würde diesen Devisenstrom zum Versiegen bringen.
Wie empfindlich der Ölpreis auf die Geopolitik reagiert, hat sich bereits in den letzten Wochen gezeigt. Bereits seit Anfang Juni hat sich Ölpreis deutlich verteuert – rund zwei Wochen vor dem ersten Angriff Israels auf den Iran. Die Folge in der Schweiz: Der Preis für einen Liter Bleifrei 95 ist im Schnitt um 8 Rappen angestiegen.
Viele Faktoren bestimmen Benzinpreis
Die Schweiz ist nicht direkt abhängig von den Öllieferungen durch die Strasse von Hormus. «Wir beziehen rund die Hälfte unseres Bedarfs aus den USA, der Rest kommt aus Afrika, vor allem aus Nigeria», erklärt Roland Bilang (63), Geschäftsführer von Avenergy Schweiz. Er gibt für den Moment Entwarnung: «Es gibt noch andere Faktoren, die den Benzinpreis in der Schweiz bestimmen. Zum Beispiel die Kosten für die Rheinfracht oder die Kapazitäten der Schweizer und der europäischen Industrien.»
Auch die Versorgung ist nicht gefährdet: Im Moment haben die Raffinerien genug Öl, um das Benzin für die anstehenden Sommerferien zu produzieren. Zudem haben die jüngsten Gewitter und Niederschläge in den Bergen dafür gesorgt, dass der Rhein genug Wasser führt, damit die Tanker mit voller Auslastung fahren können.
Nur: Selbst steigende Ölpreise müssen nicht sofort zu höheren Treibstoffpreisen führen, sagt Tankstellenbetreiber Gasser: «Ich erhalte jeden Morgen ein Mail von meinen Lieferanten. Wenn der Preis günstig ist, kaufe ich ein.» So kann er seinen Kunden einen fairen Preis bieten.
Ölexpertin Meyer weiss: «An der Zapfsäule gehen die Preise schnell nach oben – und es dauert ewig, bis sie wieder fallen.» Was nichts mit Geopolitik zu tun hat, sondern mehr mit dem Hunger vieler Tankstellenbetreiber nach Marge.