Darum gehts
- Konsumentenstimmung in der Schweiz sinkt, Reiche halten sich beim Konsum zurück
- Kunstmarkt und Luxusgüterbranche spüren Auswirkungen des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds
- Umsatz im internationalen Kunstmarkt sank 2024 um 12 Prozent im Vergleich zum Vorjahr
Die Stimmung in der Schweizer Bevölkerung ist schlecht: Zumindest, wenn es um den Konsum geht. So sackte die Konsumentenstimmung im April von einem bereits tiefen Niveau regelrecht ab. Doch nicht nur die Mittelschicht hat wenig Lust aufs Geldausgeben. Auch die Reichen in der Schweiz halten sich zurück.
So soll bei der letzten Auktion von edlen Oldtimern bei Emil Frey Classics kaum ein Auto verkauft worden sein, wie ein Insider zu Blick sagt. Warum das so ist? Bei Emil Frey Classics lässt man mehrere Anfragen unbeantwortet.
Auch im Kunstmarkt sind die Preise teilweise drastisch eingebrochen – in Extremfällen bis zur Hälfte. Oder die Werke finden gar nicht erst einen Abnehmer. Bei Art Basel beobachtet man die Auswirkungen des derzeit anspruchsvollen wirtschaftlichen Umfelds, heisst es auf Anfrage. «Insbesondere im oberen Preissegment des Kunstmarkts. Hochpreisige Werke über 10 Millionen Dollar wechseln seltener den Besitzer, Sammlerinnen und Sammler agieren selektiver und tätigen grössere Investitionen mit mehr Bedacht.»
Kunstmarkt im Wandel
Rund um den Globus halten sich die Reichen schon länger zurück. So ist der Umsatz im internationalen Kunstmarkt 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 12 Prozent gesunken, wie dem Global Art Market Report zu entnehmen ist. Dieser Rückgang betrifft vor allem das hochpreisige Segment. Die öffentlichen Auktionsverkäufe sanken um 25 Prozent, während sich der Galerie- und Händlerbereich vergleichsweise resilient zeigte und lediglich um 6 Prozent zurückging.
Im unteren Preissegment läuft es besser. Das bestätigt auch das Auktionshaus Dobiaschofsky in Bern auf Anfrage. Doch: Der Verkauf von Bildern von regionalen Künstlerinnen und Künstlern sei schwierig. Die Käufer sind also wählerischer geworden.
«Es ist in der Tat nicht zu leugnen, dass die Auktionshäuser und der Kunstmarkt allgemein mitten in einem radikalen Wandel stehen», sagt der Zürcher Kunstmarktexperte Thomas Boller (61). Er war über 20 Jahre als Experte bei Sotheby’s tätig. Boller geht davon aus, dass die Zahl der grössten internationalen Auktionshäuser in den nächsten Jahren abnehmen wird. Kleinen Häusern räumt er nur Chancen ein, «wenn sie sehr fleissig sind und sich um gute Expertise und Kundenbindung kümmern.» Und er warnt: «Die mittelgrossen Anbieter werden am meisten zu kämpfen haben.» Bei jungen Vermögenden stosse der Besitz von Kunst kaum mehr auf Interesse.
Schweizer Export stark betroffen
Die schwächelnde Nachfrage im weltweiten Luxusgütermarkt bekommt auch die Schweizer Uhrenbranche zu spüren. Amerika ist hier der wichtigste Exportmarkt. «Die Zölle sorgen für Unsicherheit», sagt Karine Szegedi (52), Uhren- und Luxusgüterexpertin bei der Beratungsfirma Deloitte. «Gerade für Luxusprodukte geben die Konsumenten weniger Geld aus.»
Selbst die US-Oberschicht reagiert stark auf Taucher an der Börse und fährt die Ausgaben herunter. «Einzig bei den sehr vermögenden Personen sind Verluste an der Börse im Kaufverhalten kaum zu spüren», so Szegedi. Im wichtigen chinesischen Markt lässt die Erholung zudem weiterhin auf sich warten.
Nicht nur der Verkauf von Autos und Bildern geht zurück, auch der Absatz von teuren Accessoires wie Luxushandtaschen leidet. «Dafür wachsen die Umsätze mit Markenschmuck. In unsicheren Zeiten scheinen sich die Konsumenten vermehrt bewusst zu fragen, was sie für ihr Geld bekommen», sagt Vontobel-Analyst Manuel Lang (28). Bei Handtaschen wird dieser Gegenwert vermehrt angezweifelt. So haben die Hersteller die Preise in den letzten Jahren teils massiv erhöht, während sie immer wieder Schlagzeilen mit der günstigen Herstellung der Taschen machen.
«Besonders die weniger wohlhabende Luxuskundschaft, die seltener einkauft, ist betroffen. Können oder wollen diese Konsumenten nicht mehr gleich viel Geld für Luxus ausgeben, sinkt der Konsum oder sie kaufen im Premium- statt im Luxus-Segment ein», so Lang. Statt Gucci ist es dann Ralph Lauren.
Auch bei edlen Tropfen wird geknausert
Auch beim Alkohol scheinen die Reichen und Schönen vermehrt im günstigeren Regal zuzuschlagen. So leiden die Verkaufszahlen bei Cognac und Champagner. Französische Weinkellereien verkaufen ihre letztjährigen Edeltropfen teils so günstig wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Ein Château Cheval Blanc kostet mit rund 330 Franken ein Drittel weniger als im Vorjahr.