Plötzlich ist der Präsident weg
Dem Raiffeisen-VR gehen die Banker aus

Der Rücktritt von Thomas Müller senkt die Bankenexpertise im Verwaltungsrat. Die Gründe für den Abgang des Präsidenten.
Publiziert: 07.10.2025 um 20:26 Uhr
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Raiffeisen-Präsident Thomas Müller (l.) tritt ab. Sandra Lathion hat die Wahl des neuen CEO Gabriel Brenna gesteuert.
Foto: Salvatore Vinci, Paolo Dutto, PR

Darum gehts

  • Raiffeisen-Präsident Thomas Müller tritt überraschend nach viereinhalb Jahren zurück
  • Neuer CEO Gabriel Brenna fordert mehr Strategieänderung, als Müller für notwendig hielt
  • Raiffeisen strebt Verdoppelung der verwalteten Vermögen auf 100 Milliarden Franken an
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Dirk Schütz
Bilanz

Dieser Rückzug kam überraschend: Dass Raiffeisen-Präsident Thomas Andrea Müller nach nur viereinhalb Jahren an der Spitze und im fast noch jugendlichen Präsidentenalter von 60 Jahren auf die nächste Generalversammlung im Juni 2026 abtritt, entspricht kaum dem klassischen Pfad begehrter Präsidialkarrieren. Natürlich liefert die Bank die üblichen Begründungen: gute Geschäftszahlen, hervorragende Kapitalisierung, Start in eine neue Strategieperiode «als richtigem Zeitpunkt, um das Präsidium in neue Hände zu legen».

Artikel aus der «Bilanz»

Dieser Artikel wurde erstmals in der «Bilanz» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du unter bilanz.ch.

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Aber ganz so harmonisch ist der Abschied nicht. Unter Müller hatte die Bankengruppe, nach dem CS-Aus zur Nummer zwei des Bankenlandes aufgestiegen, die Vincenz-Turbulenzen hinter sich gelassen und die Strategie klar definiert: Marktbehauptung im Kerngeschäft Immobilien, starker Ausbau der noch immer schmalbrüstigen Vermögensverwaltung über die grosse Basis von 3,5 Millionen Kunden. Müller hatte mit Interims-CEO Christian Poerschke eine Verdoppelung der verwalteten Vermögen auf eine Zielmarke von 100 Milliarden Franken ausgerufen.

Doch die Bestellung des neuen CEO Gabriel Brenna war kein Zeichen von Kontinuität – offenbar gab es im Verwaltungsrat ein starkes Lager, das über die Wahl des ETH-McKinsey-Mannes mit dürftigem Raiffeisen-Stallgeruch deutlich mehr Strategieänderung forderte, als Müller für notwendig hielt. Als Leiterin des Nominierungsausschusses steuerte Sandra Lathion die Kür Brennas und machte sich offenbar für einen Neustart stark unter dem ehemaligen Chef der Liechtensteinischen Landesbank mit dem beeindruckenden Lebenslauf.

Weitere Abgänge

Müller fehlte für eine Strategiedebatte mit dem neuen CEO die Motivation. Damit sinkt das Banken-Know-how in dem neunköpfigen Kontrollgremium. Der Präsident verfügte durch seine früheren Stationen als Finanzchef bei Sarasin und Risikochef bei EFG über solides praktisches Bankwissen. Der welsche Vertreter Olivier Roussy, einziger Überlebender aus der Vincenz-Zeit, kann auf Erfahrungen bei der Deutschen Bank, CS und UBS zurückblicken, doch auch er steht nach zwölf Jahren vor dem Abgang auf die nächste Generalversammlung.

Bleibt der selbstständige Unternehmer Beat Schwab, der einst bei CS und UBS im Research arbeitete. Die anderen sechs VR-Mitglieder weisen praktische Bankerfahrung nur in Spurenelementen auf. Das Ansehen der Zentrale wird damit bei den selbstbewussten Chefs der 212 Raiffeisenbanken kaum steigen, was die Zusammenarbeit nicht erleichtert.

Dass jetzt Banken-Know-how gefragt ist, dürfte die Chancen von Lathion auf das Präsidium senken. Zumindest kennt die Leiterin des Suchprozesses die Anforderungen: Die ehemalige Lenz-&-Staehelin-Anwältin arbeitete von 2014 bis 2018 als Abteilungsleiterin bei der Finma.

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