Plattform unter Beschuss
Über 10'000 Hotels klagen gegen Booking.com

Europas Hotellerie zieht gegen Booking.com vor Gericht. Mehr als 10'000 Hotels beteiligen sich an einer Sammelklage gegen das Reiseportal, um Schadenersatz für jahrelang erzwungene Preisbindungen zu fordern.
Publiziert: 08:29 Uhr
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Aktualisiert: 11:38 Uhr
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Viele Menschen buchen ihre Ferien über Booking.com.
Foto: Pius Koller

Darum gehts

  • Sammelklage gegen Booking.com wegen kartellrechtswidriger Bestpreisklauseln in Europa
  • Hotelbranche kritisiert unfaire Bedingungen und überhöhte Kosten durch Booking.com
  • 10'000 Hotels beteiligen sich an Sammelklage
  • Marktanteil von Booking Holdings europaweit bei 71%
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Booking.com ist für viele Hotels als Vermittlungsplattform unverzichtbar. Wegen dessen Marktmacht ist ihnen die Plattform aber auch ein Dorn im Auge. Seit Jahren kommt es regelmässig zu juristischen Auseinandersetzungen.

Neuste Episode: Rund 10'000 Hotels in Europa beteiligen sich an einer Sammelklage. Diese hat Aussicht auf Erfolg, nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Herbst 2024 urteilte, dass Bestpreisklauseln kartellrechtswidrig sind. Diese von Booking in den Verträgen verwendeten Klauseln hatten verhindert, dass Hotels ihre Zimmer abseits der Plattform, beispielsweise auf der eigenen Website, günstiger anbieten durften.

Aus Sicht von Booking herrschte Gefahr, dass Hotels über die Plattform gefunden werden, anschliessend jedoch günstiger direkt beim Hotel gebucht wird. Die EuGH-Richter urteilten jedoch, dass Plattformen wie Booking auch ohne solche Vorgaben wirtschaftlich bestehen können.

Hotelbranche spricht von «missbräuchlichen Praktiken»...

«Europäische Hoteliers haben lange unter unfairen Bedingungen und überhöhten Kosten gelitten», sagt der Präsident der europäischen Hotelallianz Hotrec, Alexandros Vassilikos. Die Sammelklage sende somit eine klare Botschaft: «Missbräuchliche Praktiken im digitalen Markt werden von der Hotellerie in Europa nicht hingenommen.»

Ziel ist es, Schadenersatz für den Zeitraum von 2004 bis 2024 zu erhalten. Die Klage wird vor einem niederländischen Gericht verhandelt – der Hauptsitz des Reiseportals ist in Amsterdam. Unterstützt wird sie vom Hotrec und mehr als 30 nationalen Hotelverbänden, darunter auch Hotelleriesuisse. Wegen der grossen Resonanz wurde die Anmeldefrist bis zum 29. August verlängert.

... aber kann nicht auf Booking.com verzichten

Für Reisende machte die Sammelklage keinen Unterschied: Booking.com hatte die Klauseln im Europäischen Wirtschaftsraum wegen des EU-Digitalgesetzes Digital Markets Act (DMA) 2024 abgeschafft – in einzelnen Märkten schon zuvor. In der Schweiz etwa am 1. Dezember 2022. Vor kurzem gab zudem der Preisüberwacher an, dass er Booking zu einer Senkung der Kommissionen gegenüber Schweizer Hotels zwingen will. Booking will dies anfechten.

Trotz der Kritik bleibt Booking.com für viele Hotels unverzichtbar. Laut einer Studie von Hotrec und der Fachhochschule Westschweiz Wallis lag der Marktanteil des Mutterkonzerns Booking Holdings im Jahr 2023 europaweit bei 71 Prozent. Und das Argument des EuGH, wonach Booking auch ohne Bestpreisklauseln bestehen kann, scheint zuzutreffen: Booking Holdings hat im zweiten Quartal 2025 Umsatz, Buchungen und Gewinn deutlich gesteigert. 

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