Darum gehts
- Schweizer Tourismus boomt, bringt aber auch Herausforderungen mit sich
- Zermatt hat höchste Tourismusintensität mit 269 Logiernächten pro Einwohner
- US-Reiseführer warnt vor Übertourismus in der Jungfrau-Region
Schweizer Hoteliers können momentan nicht klagen. Das Geschäft läuft gut, in diesem Jahr sind sie drauf und dran, den letztjährigen Übernachtungsrekord von 43 Millionen erneut zu übertreffen. Das zeigen aktuelle Zahlen vom Bundesamt für Statistik (BFS). Dabei steigt nicht nur die Anzahl an schweizerischen, sondern auch ausländischen Gästen. Das stellt klar: Der Schweizer Tourismus funktioniert.
An gewissen Orten bringen die steigenden Besucherzahlen Herausforderungen mit sich. Die Massentourismus-Problematik führte in den letzten Jahren immer wieder zu hitzigen Diskussionen. Einige traditionell sehr beliebte Feriendestinationen werden zunehmend weniger tolerant.
Die ausgelasteten Orte der Schweiz
Ein Indikator, um den Overtourism zu messen, ist die sogenannte Tourismusintensität. Diese vergleicht die Anzahl Logiernächte mit der Einwohnerzahl. Dadurch wird die Grösse von betroffenen Regionen berücksichtigt. Watson hat Daten des BFS ausgewertet und die Intensität für 186 Schweizer Gemeinden ausgerechnet, welche mehr als drei regelmässig geöffnete Hotel- oder Kurbetriebe vorweisen. Auf diese Ortschaften entfallen 80 Prozent aller Übernachtungen in der Schweiz.
Gemeinden mit der höchsten Tourismusintensität 2024
| Platz | Gemeinde | Logiernächte pro Einwohner | Logiernächte | Einwohner |
| 1 | Zermatt VS | 269 | 1'640'200 | 6099 |
| 2 | Lauterbrunnen BE | 215 | 500'405 | 2331 |
| 3 | Grindelwald BE | 210 | 826'466 | 3930 |
| 4 | Samnaun GR | 210 | 157'719 | 750 |
| 5 | Morschach SZ | 198 | 272'628 | 1378 |
| 6 | Pontresina GR | 184 | 381'487 | 2072 |
| 7 | St. Moritz GR | 154 | 768'053 | 4997 |
| 8 | Leukerbad VS | 144 | 205'990 | 1426 |
| 9 | Saas-Fee VS | 144 | 236'162 | 1638 |
| 10 | Interlaken BE | 142 | 867'786 | 6123 |
Quelle: Watson und BFS
Die Auswertung zeigt, dass besonders das Wallis, das Berner Oberland, das Bünderland und die Vierwaldstättersee-Region eine sehr hohe Tourismusintensität aufweisen. Oftmals sind die vielbesuchten Destinationen kleinere Gemeinden mit weniger als 5000 Einwohner.
Im Vergleich zum Ausland ist der Indikator in der Schweiz allgemein sehr hoch, wie Watson schreibt. Zum Vergleich: Die meistbesuchten europäischen Reiseziele Mallorca und Paris erhalten eine Tourismusintensität von 57 respektive 20. Auch in Venedig mit 47 Logiernächten pro Einwohner steht die Belastung tiefer.
US-Reiseführer warnt vor Schweiz
Auch wenn dieser Indikator alleine nicht ausschlaggebend ist, hat die touristische Entwicklung in der Schweiz Folgen. So etwa in der «No List» des US-Reiseführers Fodor's. Gelistet werden Destinationen, von denen man laut den amerikanischen Reiseexperten lieber die Finger lassen sollte. Auf der Liste 2026 stehen weniger überraschende Touri-Hochburgen wie die Kanarischen Inseln, Mexiko-City oder die Region rund um das Montmartre-Quartier in Paris. Doch dieses Jahr trifft es erstmals auch die Schweiz.
Die Jungfrau-Region im Berner Oberland wurde in die globale Negativliste des Fodor’s aufgenommen. Die Amis begründen den Schritt mit der explodierenden Anzahl Besucherinnen und Besucher. «Die Menschen sind gierig darauf, den Gipfel zu besuchen. Sie belasten die schwindenden Gletscher, die natürlichen Ressourcen und das tägliche Leben der Schweizer Bevölkerung.» Marc Ungerer (57), Direktor der Jungfrau Region Tourismus AG, regt sich im Gespräch mit Blick ziemlich darüber auf. Man könne die Lage nicht mit «Orten wie den Kanarischen Inseln oder Mexiko-Stadt mit Besucherströmen in zweistelliger Millionenhöhe» vergleichen.