Darum gehts
- SNB belässt Leitzins bei 0 Prozent.
- Längere Nullzinsphase erwartet
- Nullzinsen beeinflussen Immobilienpreise, Mieten und Sparverhalten unterschiedlich
- Wird der nächste Zinsschritt gar eine Erhöhung?
Die Schweizerische Nationalbank SNB drückt auf die Zinsbremse und das dürfte für längere Zeit so bleiben. Nach sechs Senkungen der Leitzinsen lässt die SNB den Leitzins am Donnerstag bei 0 Prozent verharren. «Ich gehe davon aus, dass wir die nächsten zwei Jahre bei null Prozent bleiben», sagt Karsten Junius (56), Chefökonom der Bank J. Safra Sarasin. Auch Raiffeisen-Chefökonom Fredy Hasenmaile (58) geht von einer längeren Nullzinsphase zumindest für die nächsten zwölf Monate aus: «Es ist gut möglich, dass wir am Ende des Zinssenkungszyklus angelangt sind.» Das sind überraschende Aussagen.
Die beiden Chefökonomen loben die frühen Zinssenkungen der SNB, die der Wirtschaft Auftrieb gegeben haben. Wächst die Wirtschaft, können die Angestellten auf Lohnerhöhungen hoffen.
Gewinner und Verlierer
Je nach Bevölkerungsgruppe hat die erwartete, längere Nullzinsphase mehr Vor- oder Nachteile. «Wohneigentum wird dadurch weiter im Wert steigen», sagt Hasenmaile. Damit hält ein langjähriger Trend an: «Die bestehenden Besitzer haben in den letzten zwei Jahrzehnten sehr stark von der Preisentwicklung ihrer Immobilie profitiert», führt er aus.
Durch die tiefen Zinsen ist eine Eigentumswohnung seit einiger Zeit wieder günstiger als Mieten. Das lässt die Nachfrage steigen. Doch auch Mieter profitieren: Das Nullzinsumfeld führt auch in bestehenden Mietverhältnissen in vielen Fällen zu einem Anspruch auf eine Mietzinssenkung.
Aus der Sicht von Kaufinteressenten hingegen sind die steigenden Immobilienpreise weniger erfreulich. So kann sich bereits heute nur noch ein Bruchteil der Bevölkerung Eigentum leisten.
Weniger Anlagealternativen
Der Blick in die Vergangenheit zeigt zudem: Das Niedrig- oder gar Negativzinsumfeld trieb zwischen 2015 und 2022 die Preise für Renditeimmobilien zusätzlich nach oben. Gerade institutionelle Anleger wie Pensionskassen beklagen in solchen Zeiten die fehlenden Anlagealternativen und treten vermehrt als Immobilieninvestoren auf. Je teurer die Projekte gekauft oder realisiert werden, desto höher fallen anschliessend die Mieten aus. Jedenfalls so lange das Angebot von Wohnraum nicht mit der Nachfrage Schritt halten kann.
Auch für Sparerinnen und Sparer sind die Nullzinsen wenig erfreulich. «Die tiefe Inflation liegt oft höher als die Zinserträge, falls das Konto überhaupt noch Zinsen abwirft», so Hasenmaile. Wer fürs Alter vorsorgen will oder für einen Eigenheimkauf sparen möchte, sollte sein Erspartes deshalb langfristig und breit diversifiziert anlegen, so der Rat der beiden Ökonomen.
Wird der nächste Zinsschritt eine Erhöhung?
Die SNB ist bei ihrem Auftrag derzeit auf Kurs: Die Schweizer Wirtschaft wächst – zwar gemächlich – und die Preisstabilität ist gewährleistet. Damit sind Negativzinsen für den Augenblick unrealistisch. Das SNB-Direktorium rund um Präsident Martin Schlegel (49) prognostiziert, dass die Inflation von derzeit 0,2 Prozent in zwei Jahren auf 0,7 Prozent ansteigen dürfte. «Dann wäre man wieder in einem Bereich, in dem eine Zinserhöhung zum Thema wird», sagt Chefökonom Junius.
Bei den grossen geopolitischen Unsicherheiten sind Langzeitprognosen jedoch schwierig: Eine Eskalation in einem Konflikt oder ein neuerlicher Zollschock aus den USA können die Rahmenbedingungen auf einen Schlag ändern. SNB-Präsident Schlegel betont deshalb, dass auch Negativzinsen eine Option bleiben – die Schwelle dafür liege wegen der negativen Begleiterscheinungen solcher Zinsen jedoch höher.