Büezer planen Grossstreik
«Baumeister fordern bis zu 58 Arbeitsstunden pro Woche!»

Zwischen den Baumeistern und den Gewerkschaften herrscht Knatsch: 20'000 Bauarbeiter haben sich in einer Gewerkschaftsabstimmung für einen landesweiten Baustellenstreik ausgesprochen. Sie lehnen sich gegen schlechtere Arbeitsbedingungen auf.
Publiziert: 13.10.2022 um 11:48 Uhr
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Aktualisiert: 13.10.2022 um 18:08 Uhr
Martin Schmidt

Demonstrieren hat nicht gereicht: Jetzt drohen die Büezer mit einem Streik! Über 20'000 Baubeschäftigte sprechen sich in einer landesweiten Abstimmung für Streikmassnahmen aus. Hinter dem möglichen Streik würden 92 Prozent der Abstimmenden stehen, teilte die Gewerkschaft Unia am Donnerstag mit.

Die Gewerkschaften und der Baumeisterverband verhandeln seit Anfang Jahr über einen neuen Landesmantelvertrag (LMV), in dem die Löhne und Arbeitsbedingungen der Büezerinnen und Büezer geregelt werden. Doch die Verhandlungen harzen – und die Uhr tickt.

Werden sich die beiden Seiten bis Ende Jahr nicht einig, schlittert die Branche im neuen Jahr in einen vertragslosen Zustand. «Die Verhandlungen haben im Februar begonnen und wir haben immer noch keine Lösungen auf dem Tisch. Das Unverständnis unter den Bauarbeiterinnen und Bauarbeitern wächst», sagt Nico Lutz (51) Bausektor-Chef bei der Unia zu Blick.

20'000 Bauarbeiter sprechen sich in einer Gewerkschaftsumfrage für einen Streik aus.
Foto: PIUS KOLLER
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Streit um Arbeitszeit

Die zentralen Kritikpunkte der Gewerkschaften: Die Baumeister würden ältere Angestellte schlechter bezahlen und die Arbeitszeit verlängern. «Ältere Angestellten, die nicht mehr gleich leistungsfähig sind, sollen nach Vorstellung der Baumeister schneller entlassen und künftig auf den Minimallohn gesenkt werden können. Dagegen wehren wir uns vehement», sagt Lutz.

Die Gewerkschaften sträuben sich auch gegen die Forderung der Arbeitgeber nach mehr Flexibilität bei der Arbeitseinteilung. «Dabei geht es ihnen darum, im Winter die Arbeit auf Abruf einzuführen und im Sommer die Arbeitstage weiter zu verlängern. In den Verhandlungen werden aktuell bis zu zwölf Stunden Arbeits- und Reisezeiten pro Tag und 58 Stunden pro Woche gefordert», so der Vorwurf von Lutz.

«Wäre ein Verstoss gegen Friedenspflicht»

Stattdessen wollen die Gewerkschaften genau das Gegenteil erreichen. «Nach dem zurückliegenden Hitzesommer braucht es dringend klare Regelungen für eine verkürzte Arbeitszeit an Hitzetagen, damit die Gesundheit der Arbeitskräfte nicht leidet», so Lutz. Zudem müsse die maximale Arbeits- und Reisezeit pro Tag auf zehn Stunden beschränkt und im Gegensatz zu heute die volle Fahrt vom Firmendepot zur Baustelle und zurück bezahlt wird.

Beim Schweizerischen Baumeisterverband kommt die Streikandrohung gar nicht gut an. «Die aus unserer Sicht konstruktiven Verhandlungen sind noch nicht abgeschlossen und laufen am 21. Oktober weiter, trotzdem planen die Gewerkschaften einen Streik. Das wäre ganz klar ein Verstoss gegen die Friedenspflicht, die auch während der Verhandlungen gilt. Wir werden das genau beobachten», sagt Verbandssprecher Matthias Engel auf Nachfrage.

Baumeister verlangen Gegenleistung

Die Flexibilisierung der Arbeitszeiten sei für die Firmen gerade aufgrund der Wetterabhängigkeit auf dem Bau wichtig, so Engel. «Für die Baumeister hätte es den Vorteil, dass sie ihre Angestellten bei schlechtem Wetter auch mal früher nach Hause schicken und sie diese Stunden dann ein andermal einsetzen könnten.» Auch die Bauarbeiter würden sich mehr Flexibilität wünschen, wie eine Umfrage unter Polieren ergeben habe.

Zudem bezahlte die Schweizer Baubranche europaweit die höchsten Handwerkerlöhne. «Der Baumeisterverband hat bereits Gesprächsbereitschaft für Lohnanpassungen signalisiert, doch ist der Spielraum eindeutig grösser, wenn der LMV modernisiert wird», so Engel. Eines scheint sicher: Es steht ein hitziger Verhandlungsherbst bevor.


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