Irre Erfolgsgeschichte
Schweizer E-Auto-Anbieter Kyburz erobert Pazifik-Insel Nauru

Am Genfer Autosalon machte Martin Kyburz einst Furore. Heute baut er mit seiner Kyburz Switzerland AG Elektro-Dreiräder. Die fahren sogar in Australien. Und befördern auf der Pazifik-Insel Nauru Staatsgäste.
Publiziert: 21.06.2025 um 17:01 Uhr
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Aktualisiert: 21.06.2025 um 17:23 Uhr
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Tüftler und Chef: Martin Kyburz entwickelt das erste Gefährt seiner Kindheit zum Mobil für Erwachsene weiter.
Foto: Nik Hunger

Darum gehts

  • Martin Kyburz baut erfolgreiche Elektrodreiräder für verschiedene Einsatzbereiche
  • Kyburz-Fahrzeuge werden weltweit eingesetzt, sogar als Staatskarosse in Nauru
  • Unternehmen produzierte bisher 35'000 Dreiräder und erzielte 47 Millionen Franken Jahresumsatz
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René Haenig
Schweizer Illustrierte

Mit seinem ersten Dreirad kurvte Martin Kyburz (60) als Dreikäsehoch ums Elternhaus. «Alles, was mir nicht unbedingt notwendig erschien, entfernte ich: Schutzbleche, sogar die Bremsen. Das allerdings fanden meine Eltern gar nicht cool, ich musste sie wieder montieren.» Die Faszination für Dreiräder hat sich der Firmenchef der Kyburz Switzerland AG bewahrt – mit seinen im Zürcher Unterland gefertigten dreirädrigen Elektrofahrzeugen für Zustell- und Industriebetriebe sowie Privatpersonen erwirtschaftet er heute Millionenumsätze und beschäftigt rund 180 Mitarbeiter.

Vor einem Monat zügelte das Unternehmen von Freienstein nach Embrach – in einen 14'000-Quadratmeter-Neubau aus Holz. «Jetzt haben wir Forschungs- und Entwicklungsabteilung, Montage und Kundenservice unter einem Dach», freut sich Martin Kyburz.

Artikel aus der «Schweizer Illustrierten»

Dieser Artikel wurde erstmals in der der «Schweizer Illustrierten» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du auf www.schweizer-illustrierte.ch.

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Angefangen hat der gelernte Maschinenmechaniker und studierte Elektroingenieur 1991 als Ein-Mann-Betrieb in der Garage – sein erstes Elektrofahrzeug Cheetah sorgte damals am Autosalon in Genf ziemlich für Furore. «Es sah aus wie ein Segelflugzeug ohne Flügel.»

Ein Dreirad für den Schwiegervater

Dass Martin Kyburz von Anfang an auf Elektromobilität setzt, geht auf sein Elternhaus zurück. «Ein Töffli mit Benzinmotor war tabu. Nach dem Dreirad kam später nur ein Velo infrage.» Das erste elektrische Dreirad, quasi der Prototyp der heutigen Kyburz-Produktion, entwickelte und baute er für seinen damaligen Schwiegervater. Der war beim Segelfliegen abgestürzt, trug durch den Unfall eine Fussversteifung davon und konnte auch seinem zweiten Hobby, dem Golfspiel, nicht mehr frönen.

«Er sass nur noch zu Hause rum. Da wurde mir klar, dass es so wie ihm vielen Leuten ergeht, besonders Senioren, wenn sie nicht mehr mobil sind. Dank meinem Fahrzeug wagte er sich aus dem Haus, spielte wieder Golf, traf Freunde, gewann selbst neue Freude am Leben.»

Moderne Produktionshalle: Kürzlich zügelte Kyburz von Freienstein nach Embrach in einen 14 000 Quadratmeter grossen Holzneubau.
Foto: Nik Hunger

Irgendwann darauf ereilt Kyburz ein Notruf aus Holland. Er solle für einen über 370 Kilo schweren Mann, der sein Haus nicht mehr verlassen konnte, ein Fahrzeug entwickeln. «Es musste alles sehr schnell gehen, weil sich sein Zustand zunehmend verschlechterte», erinnert sich Kyburz. Er tüftelt, konstruiert, montiert und liefert das Wunschgefährt so wie viele weitere Spezialfahrzeuge – und stets auf Elektrobasis.

Der Firmenchef ist ein hartnäckiger Mann. Erhält er eine Abfuhr, nimmt er das persönlich, sagt er. Bei der Post, wo er sein Fahrzeugkonzept mehrfach vorstellte, erhielt er zunächst nur Absagen. Entmutigen lassen hat er sich dadurch nie. «Steter Tropfen höhlt den Stein», sagt er heute lachend. Seit 2009 prägen die gelben Elektrodreiräder von Kyburz das Schweizer Strassenbild, rund 6000 Pöstlerinnen und Pöstler fahren damit jeden Tag die Briefkästen im ganzen Land an. Heute sind sie auch international im Einsatz. Sogar die australische Post bestellte 3250 Dreirad-Fahrzeuge bei dem Schweizer Unternehmen.

Ein Dreirad als Staatskarosse

Eins der exotischsten Länder, in denen seine Dreiräder rumkurven, ist der Pazifik-Inselstaat Nauru. In der kleinsten Republik der Erde fahren drei Fahrzeuge aus Embrach. «Als wir fragten, wie die beschriftet sein sollen, kam zur Antwort: ‹With love from Switzerland›.» Bei der Kyburz Switzerland AG liefert man die drei Dreiräder so wie gewünscht – und staunt nicht schlecht, als kurz darauf ein Video auftaucht, in dem zu sehen ist, wie die australische Botschafterin am Flughafen Nauru in einem Kyburz-Fahrzeug abgeholt wird – das, wie bei einem Staatsbesuch, mit Flaggen geschmückt ist.

Die Produktpalette umfasst heute rund 20 verschiedene Konstruktionen, rund 35'000 Dreiräder sind bisher produziert worden, zuletzt erwirtschaftete das Unternehmen einen Jahresumsatz von 47 Millionen Franken. Für Martin Kyburz ist das eine Bestätigung, dass er auf die richtigen «Pferde» gesetzt hat. Nur sinds bei ihm halt Dreiräder – mit elektrischen Pferdestärken.

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