340 Millionen Franken für Aktionäre, 800 Kündigungen fürs Personal
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Industriekonzern Oerlikon:340 Millionen Franken für Aktionäre, 800 Kündigungen fürs Personal

Industriekonzern Oerlikon knallhart
340 Millionen Franken für Aktionäre, 800 Kündigungen fürs Personal

Der Industriekonzern Oerlikon hat diese Woche angekündigt, 800 Leute zu entlassen. Nur wenige Tage zuvor bewilligte die Generalversammlung eine grosszügige Dividendenausschüttung von 340 Millionen Franken. Wie passt das zusammen? CEO Roland ­Fischer (57) erklärt sich.
Publiziert: 09.05.2020 um 23:57 Uhr
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Aktualisiert: 20.02.2021 um 15:15 Uhr
Corona trifft den Industriekonzern Oerlikon hart. Das Unternehmen musste diese Woche einen massiven Auftrags- und Umsatzeinbruch für das erste Quartal 2020 bekannt geben.
Foto: Keystone
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Thomas Schlittler

Das Unternehmen Oerlikon verdient sein Geld grösstenteils mit der Optimierung von Materialien und Oberflächen. So entwickeln die weltweit 11'000 Angestellten zum Beispiel Technologien für einen besseren Schutz vor Hitze, Abrieb und Korrosion.

Nun aber trifft Corona den Industriekonzern hart. Oerlikon musste diese Woche einen massiven Auftrags- und Umsatzeinbruch für das erste Quartal 2020 bekannt geben. Um die Auswirkungen der Pandemie abzufedern, wurden deshalb fast 2000 Mitarbeiter in Kurz­arbeit oder Zwangsurlaub geschickt.

Damit nicht genug: In den kommenden Monaten sollen weltweit rund 800 Stellen abgebaut werden. Ein harter Schlag für die Büezer. Keiner weiss, wen es trifft. Alle blicken in eine ungewisse Zukunft. Oerlikon steckt in der Krise.

Grosszügige Dividende

Doch nicht alle haben Grund zum Jammern: Die Aktionäre dürfen sich auch in diesem Jahr über eine grosszügige Divi­dende freuen. Am 7. April – vier Wochen vor Ankündigung des Stellenabbaus – hat Oerlikon ­an seiner Generalversammlung eine Ausschüttung von 340 Millionen Franken bewilligt. 140 Millionen gingen an die ­Liwet Holding, die vom russischen Oligarchen Viktor Vekselberg (63) kontrolliert wird.

Nicht beklagen darf sich auch Konzernleiter Roland ­Fischer (57). Seit er 2016 zum CEO ernannt wurde, hat sein Gehalt laufend zugenommen. 2016 wurde er noch mit 2,1 Millionen Franken entschädigt. 2019 – im Jahr, in dem Oerlikon einen Reinverlust von 66 Mil­lionen Franken vermeldete – ­erhielt er 5,3 Millionen.

Dividenden und rote Zahlen

Wie passt das zusammen? Wie kann ein Konzern rote Zahlen schreiben, Kurzarbeit einführen, Hunderte Leute auf die Strasse stellen – aber gleichzeitig Dividenden in Millionen­höhe ausschütten und die Konzernspitze Jahr für Jahr gross­zügiger entschädigen? Wieso wird dieses Geld nicht dazu verwendet, um trotz Krise möglichst viele Mitarbeiter an Bord zu halten – wie Firmenpatrons alter Schule dies in anderen ­Fällen getan haben?

Oerlikon-CEO Roland Fischer kann mit diesen Überlegungen wenig anfangen. «Auch die Pa­trons alter Schule haben ihre ­Mitarbeiter nicht einfach weiterbeschäftigt, wenn auf abseh­bare Zeit die Auslastung fehlte», sagt er im Gespräch mit SonntagsBlick.

Nachfrage ging schon vor Corona zurück

Die Weiterbeschäftigung mache nur Sinn, wenn eine Krise kurz und absehbar sei. Bei Oerlikon sei das aber leider nicht in sämtlichen Geschäftsfeldern der Fall: «Die Nachfrage nach unseren Oberflächenlösungen für Teile der Automobilindustrie ist zum Beispiel schon vor Corona zurückgegangen.»

Diese Branche stecke in einem tiefgreifenden strukturellen Wandel, da gingen die Aufträge nicht plötzlich wieder durch die Decke. «Weniger Aufträge bedeuten weniger Arbeit – deshalb brauchen wir auch weniger Leute», so Fischer.

Für den Manager ist klar, dass Entlassungen unumgänglich sind: «Auf lange Sicht ist das auch im Interesse der Mitar­beiter. Würden wir jetzt nicht reagieren, müssten wir später noch viel mehr Leute entlassen.»

Operativer Gewinn trotz Reinverlust

Und was ist mit der Auszahlung von Dividenden? Ist das nicht ein Affront gegenüber der Belegschaft?

Fischer: «Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Die Dividenden geben wir den Aktio­nären teilweise zurück, weil wir sehr viel Liquidität im Unternehmen haben, die wir momentan nicht brauchen.»

Der letztjährige Reinverlust von 66 Millionen Franken sei ­zudem ausserordentlichen, rein buchhalterischen Effekten geschuldet. «Operativ haben wir einen Gewinn von 110 Millionen Franken erwirtschaftet.»

Seine Gehaltserhöhung sieht Roland Fischer ebenfalls differenzierter als die Kritiker: «Die ­höhere Entschädigung ist die vereinbarte Vergütung für die sehr erfolgreichen Jahre 2016, 2017 und 2018.» In diesem Jahr ­werde sein Gehalt wieder tiefer ausfallen.

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