Darum gehts
- Shein steigert Umsatz in der Schweiz auf 250 Millionen Franken
- Produktion basiert auf tatsächlichem Kundeninteresse mit kleinen Testmengen
- 70 Prozent der Schweizer Kundschaft sind über 25 Jahre alt
Wenn in der Schweiz die Rede von den boomenden fernöstlichen Shopping-Apps ist, geht es meist um den sehr preisaggressiven Anbieter Temu. Etwas leiser und mit weniger Marketing-Tamtam tritt Shein hierzulande auf. Der Ultra-Fast-Fashion-Anbieter aus Singapur kommt gut an beim hiesigen Publikum, gemäss Schätzung der Winterthurer E-Commerce-Agentur Carpathia steigerte Shein seinen Schweizer Umsatz von 220 Millionen Franken im Jahr 2023 auf 250 Millionen im Jahr 2024 – ein Plus von 14 Prozent.
Eine Spezialität der fernöstlichen Onlineplattform ist, ihre Produktmengen stark abhängig von der tatsächlichen Nachfrage zu steuern, wie Peter Pernot-Day, Shein-Strategiechef für Nordamerika und Europa, bei einem kürzlichen Schweiz-Besuch erklärte: «Von jedem Teil produzieren wir zunächst bloss 100 bis 200 Stück, um den Markt zu testen.» Wenn die Produkte gut ankämen, erhöhe man die Produktion sukzessive: «Unser ‹On Demand›-Produktionsprozess basiert also stark auf dem tatsächlichen Kundeninteresse.»
Dieser Artikel wurde erstmals im Angebot von handelszeitung.ch veröffentlicht. Weitere spannende Artikel findest du unter www.handelszeitung.ch.
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Shein setzt auf externe Produktion mit internem Design-Team
Warum Shein so preisgünstig anbieten kann, erklärt der Manager mit der engen Verbundenheit mit den Produzenten: «Shein lässt zwar extern produzieren, doch das eigene Designteam ist digital sehr eng mit den Fabriken verbunden. Wir sind vertikal integriert, haben dadurch keine Zwischenhändler und kein Inventar, produzieren keinen Überschuss – und dies ermöglicht die guten Preise.»
Die Lieferanten von Shein sitzen gemäss Pernot-Day in Brasilien und in der Türkei, aber der «allergrösste Teil wird in der chinesischen Provinz Guangdong, im Südosten des Landes, produziert.» Während sich viele Handelsunternehmen bezüglich ihrer Kundschaft nur ungern in die Bücher blicken lassen, öffnet Pernot-Day den Schweizer Zahlenordner ein interessantes Stückchen weit: Man habe in der Schweiz eine solide und wachsende Kundenbasis. Die Mehrheit der Käuferinnen und Käufer sei weiblich; 70 Prozent der Kundschaft seien über 25 Jahre alt. Die Altersangabe ist auch deshalb spannend, weil viele Beobachter von einem sehr viel jüngeren Kundenstamm ausgingen.
Top-Kantone sind Obwalden, Freiburg, Waadt
Noch erstaunlicher wird es, wenn Shein den Scheinwerfer auf die Schweizer Shoppinggeografie richtet: «Unsere Daten zeigen, dass – bezogen auf die Bevölkerungszahl – besonders viele Bestellungen aus kleineren Kantonen wie Obwalden, Freiburg, Waadt, Neuenburg und Aargau kommen», sagt der Shein-Stratege. Will heissen: Aus dem Kanton Zürich kommen zwar insgesamt mehr Aufträge als aus dem Zentralschweizer Gebiet, aber gerechnet pro Kopf der Bevölkerung ist der kleine Kanton top. Obwalden first – das hätten hiesige Retail-Profis so wohl nicht auf dem Zettel gehabt.
Gemäss der fernöstlichen Mode-App hat das auch mit der hiesigen Shoppinginfrastruktur zu tun: «Wir gehen davon aus, dass Nutzer aus diesen Regionen das Einkaufserlebnis bei uns schätzen, da es in ihren Gegenden nur ein begrenztes Offlineangebot gibt.» Am beliebtesten seien bequeme Basic-Produkte wie einfarbige T-Shirts, Damenjogginghosen und sonstige Loungewear. Am besten laufen Produkte aus den Kategorien Mode, Heimdekoration und Kosmetik.