In der Schweiz sind bald 80'000 Wohnungen leer
Im Aargau entstehen weitere Geistersiedlungen

Der Leerstand im Aargau ist hoch. Und trotz Überangebot wird weiter gebaut. So auch in Mägenwil. Die Gemeinde hat sogar einen Masterplan.
Publiziert: 18.01.2019 um 13:27 Uhr
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Aktualisiert: 10.08.2019 um 22:04 Uhr
Von der grünen Wiese zur Neubausiedlung: Die Gemeinde Mägenwil AG will bauen.
Foto: Thomas Meier
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Maren Meyer
Maren MeyerWirtschafts-Redaktorin

Im Aargau wird fleissig gebaut. Allerdings dort, wo niemand wohnen will. Das führt zu Leerstand. Und auch der wächst fleissig. Derzeit sind in der Schweiz über 72'000 Wohnungen frei – ein Rekord. Laut Bundesamt für Statistik ist die Leerstandsquote mit 2,65 Prozent im Kanton Aargau besonders hoch. Dort waren letztes Jahr 8437 Wohnungen unbewohnt – nur der Kanton Solothurn hat mit 2,98 Prozent eine höhere Leerstandsquote.

Ausgerechnet inmitten der Wohnungsleere soll in Mägenwil AG ein neues Quartier mit 100 Wohnungen entstehen: Am 4. Dezember letzten Jahres stimmte die Gemeindeversammlung für die dafür nötige Umzonung. Das Genehmigungsverfahren läuft. Langfristig sieht der Plan der Gemeinde sogar die Überbauung von zwei Wohnzonen vor. Grundeigentümer des Areals sind die Baugenossenschaft Frohes Wohnen Zürich, die Familie Strebel und die Firma Hauswartprofis. 

«Bis eine Baubewilligung erteilt wird, kann es Winter oder Frühling 2020 werden», sagt Werner Bünzli (62), Gemeindeschreiber von Mägenwil. Die Lage mit S- und Autobahnanschluss sei gut und für die arbeitende Bevölkerung ideal. Zudem sei der Leerstand in Mägenwil vergleichsweise tief. Derzeit liegt er bei 0,6 Prozent. «Die Gefahr, dass hier eine Geistersiedlung entsteht, besteht nicht», meint er.

Tiefer Mietzins reicht nicht aus

Immobilien-Experten sind da anderer Meinung: «Es ist riskant zu bauen, wenn ringsherum Leerstand herrscht», sagt Donato Scognamiglio (49), CEO der Immobilienberatungsfirma IAZI.

Überbauungen wie Neugrüen in Mellingen oder das Quartier Esterli-Flöösch in Stauffen sorgten im Rüeblikanton bereits für Schlagzeilen. Von den 198 Wohnungen in Neugrüen, die 2013 fertiggestellt wurden, stehen heute noch immer 29 leer. Insgesamt liegt die Leerstandsquote in Mellingen bei 6,3 Prozent. Auch im sechs Kilometer entfernten Birr beträgt die Leerstandsziffer 5,4 Prozent. Und die Nachbargemeinde Brunegg verzeichnet eine Quote von 5,3 Prozent. 

Wer dennoch so mutig sei, müsse sich beim Mietzins deutlich von den anderen Vermietern abheben. «Wer das Land hat und bauen will, sollte im Vergleich zu den bestehenden Wohnungen ein attraktiveres Preis-Leistungs-Verhältnis anbieten», sagt Scognamiglio. Dennoch rät der Experte aktuell von neuen Überbauungen in leerstandsgeplagten Regionen ab. 

Damit nicht genug: Bis Ende Jahr verschärft sich der Leerstand weiter. Die Grossbank UBS veröffentlichte gestern neue Prognosen zum Immobilienmarkt. Deren Immo-Profis errechnen einen Anstieg auf 80'000 freie Wohnungen in der Schweiz.

«Ein tiefer Mietzins allein wird nicht ausreichen, um die neuen Wohnungen zu füllen», meint Peter Staub (57). Der Gründer und Geschäftsführer der Immobilienberatungsfirma Pom+ Consulting AG in Zürich steht einer neuen Überbauung inmitten des Leerstands kritisch gegenüber. «Wir haben in letzter Zeit in den Agglomerationen eine Überproduktion im Wohnungsbau», sagt er. Es müsse nicht unbedingt eine Geistersiedlung entstehen, «aber zu einer gefüllten Siedlung wird es auch nicht kommen», meint der Immobilien-Experte.

Kaum Einkaufsmöglichkeiten

«Hier zu bauen, macht in meinen Augen keinen Sinn», sagt ein Anwohner, der anonym bleiben möchte. Es gebe keine Oberstufe, und die einzige Einkaufsmöglichkeit sei ein kleiner Volg. «Viele Leute in Mägenwil waren gegen das Vorhaben des Gemeinderats», sagt der Mann.

Auch im 1,7 Kilometer entfernten Wohlenschwil wird seit letztem Herbst gebaut: Das Projekt Nüeltsche-Grossfeld wirbt mit 45 2½- bis 5½-Zimmer-Eigentumswohnungen – 70 Prozent sollen bereits reserviert sein.

In einer zweiten Bauphase entstehen weitere Mietwohnungen. Für Mägenwil und seinen Masterplan sind das schlechte Nachrichten. Der Druck steigt.

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