Illegale Fragen in den meisten Formularen für Wohnungsbewerbungen
Ihr Vermieter weiss zu viel über Sie!

Zivilstand, Nationalität, Religion: Die Vermieter verstossen mit ihren Anmeldebögen gegen das Datenschutzgesetz.
Publiziert: 04.11.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 20:59 Uhr
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Mietformulare: Manche Vermieter verstossen gegen das Gesetz.
Foto: Keystone/Martial Trezzini
Konrad Staehelin

Wohnen Sie zur Miete? Dann  weiss Ihr Vermieter wahrscheinlich zu viel über Sie. BLICK-Recherchen zeigen: In den meisten Anmeldeformularen, die bei der Bewerbung ausgefüllt werden müssen, stehen Dinge, die da nicht hingehören. Sie verstossen gegen das Datenschutzgesetz (siehe Box).

HEV hält sich ans Gesetz

Beispiele sind die Liegenschaftsverwaltungen Wincasa und Livit, zwei Grosse der Branche. Sie sind nicht die einzigen, deren Formulare durchfallen: Fast alle Anmeldebögen, die man im Internet findet, sind in manchen Punkten illegal. Es handelt sich um Dutzende von Verwaltungen aus der ganzen Schweiz. Die löbliche Ausnahme: der Hauseigentümerverband (HEV), welcher selbst Immobilien verwaltet. Sein Formular hält sich ans Datenschutzgesetz.

Auf Anfrage sagen viele Firmen, sie wüssten nicht, dass ihr Formular gegen das Gesetz verstosse. «Viele Vermieter foutieren sich darum», sagt Patrizia Bernasconi (50), Geschäftsleiterin des Mieterverbandes Basel. «Sie erlauben sich das, weil sie in einer Machtposition sind. Sie nützen die Notlage der Mieter aus.»

Wincasa äussert sich nicht zu den Vorwürfen. Livit schreibt auf Anfrage: «Wir wollen einen optimalen Mietermix in der Liegenschaft. Dank der Informationen auf dem Formular erfüllen wir diese Aufgabe erfolgreich im Interesse aller Parteien.» Livit habe nie Beschwerden erhalten.

«Kein Zwang, alle Felder auszufüllen»

Einige Firmen fragen im Formular sogar nach der Religionszugehörigkeit. Darunter ist die Zürcher Verwaltung Schaeppi. Sie ist sich bewusst, dass sich die Fragen nicht mit dem Datenschutzgesetz vertragen, macht aber besondere Gründe für die Abfrage geltend: «Wir sind als Vermögensverwalter für den Eigentümer tätig. Deswegen und auch für die Ämter brauchen wir diese Angaben. Zudem besteht kein Zwang für die Mieter, alle Felder auszufüllen.»

«Die Frage nach der Konfession ist problematisch», sagt Alma Wiecken (32), Juristin bei der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus. «Bestimmte Glaubensgruppen könnten diskriminiert werden.» Schaeppi versichert, dies nicht zu tun.

Aber Zwang, die Formulare anzupassen

Hat die Verwendung illegaler Formulare Konsequenzen? Francis Meier (35), Sprecher des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten, sagt: «Wir haben uns der Sache angenommen. Sollten die Formulare nach unserer Sicht gesetzeswidrig sein, weisen wir die grossen Firmen in einem ersten Schritt auf ihr Fehlverhalten hin. Sollten sie die fraglichen Formulare in der Folge nicht anpassen, können wir eine Empfehlung aussprechen.» Das bedeutet: Die Firmen könnten zur Anpassung des Formulars gezwungen werden. Folgen sie dann immer noch nicht, kann der Datenschützer vors Bundesverwaltungsgericht ziehen.

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Welche Fragen okay sind und welche nicht

Heimatort, genaue Nationalität, Konfession, Zivilstand, Musikinstrument und Kontaktpersonen beim Arbeitgeber. Die meisten Verwaltungen fragen standardmässig nach diesen Informationen. Erlaubt ist dies aber nur in Ausnahmefällen. Meist sind die Fragen illegal. Grund: Sie sind für die «Auswahl geeigneter Mieter nach objektiven Kriterien» nicht relevant. Das schreibt die Eidgenössische Datenschutzkommission in einem Merkblatt. Ob ein Mieter Schweizer oder Ausländer ist, dürfen die Vermieter dagegen wissen. Auch in welche Lohnkategorie er fällt und ob er in den letzten zwei Jahren betrieben wurde.

Heimatort, genaue Nationalität, Konfession, Zivilstand, Musikinstrument und Kontaktpersonen beim Arbeitgeber. Die meisten Verwaltungen fragen standardmässig nach diesen Informationen. Erlaubt ist dies aber nur in Ausnahmefällen. Meist sind die Fragen illegal. Grund: Sie sind für die «Auswahl geeigneter Mieter nach objektiven Kriterien» nicht relevant. Das schreibt die Eidgenössische Datenschutzkommission in einem Merkblatt. Ob ein Mieter Schweizer oder Ausländer ist, dürfen die Vermieter dagegen wissen. Auch in welche Lohnkategorie er fällt und ob er in den letzten zwei Jahren betrieben wurde.

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