Hauseigentümer werden Wohnungen nicht los
Jetzt kriegen Mieter sogar Geschenke!

In der Schweiz stehen so viele Wohnungen leer wie zuletzt vor 20 Jahren. Damit Immobilienbesitzer die Miete nicht senken müssen, greifen sie zu Tricks. Und werben mit saftigen Geschenken.
Publiziert: 15.01.2018 um 23:32 Uhr
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Aktualisiert: 17.01.2019 um 21:22 Uhr
Wer neu einzieht, erhält einen Migros-Gutschein in der Höhe von 1000 Franken.
Foto: Screenshot
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Bastian Heiniger

Ein iPad gefällig? Oder Gutscheine von Migros und Ikea? Wie wäre es mit einem Erlass von Monatsmieten? Wohnungssuchende werden vielerorts heiss umworben. Inserate wimmeln von Geschenken. Und das nicht nur für teure Immobilien, zeigen Recherchen von BLICK.

In Rupperswil AG gibts für Neumieter einer 2,5-Zimmer-Wohnung für 1410 Franken im Monat einen Ikea-Gutschein von 500 Franken. In Birr AG erhält man mit der Wohnung (3,5 Zimmer, Mietzins 1395 Franken) einen Migros-Gutschein im Wert von 1000 Franken. In Rorbas ZH etwa wohnt man in einer 4,5-Zimmer-Wohnung für 1620 Franken den ersten Monat gratis. In Nürensdorf ZH gibts für eine monatlich 2200 Franken teure 4,5-Zimmer-Wohnung sogar zwei Monate geschenkt.

Und wer in der Überbauung Duo in Ebikon LU einen Drei-Jahres-Vertrag abschliesst, bekommt alle drei Jahre im Dezember die Monatsmiete erstattet – ein schönes Weihnachtsgeschenk oder Zustupf fürs Ferienbudget.

Anzahl leerer Wohnungen nimmt zu

Mieter sind begehrt. Denn der Leerstand ist so hoch wie zuletzt vor 20 Jahren – Tendenz steigend. Während die Zuwanderung weiter abnimmt, schiessen wegen der tiefen Zinsen ungebremst neue Wohnblöcke in die Höhe.

Martin Waeber (46), Direktor der Immobilienplattform ImmoScout24, beobachtet seit längerer Zeit steigende Leerstände und stagnierende Mieten. «Es ist damit zu rechnen, dass sich diese Tendenz auch 2018 fortsetzen wird», sagt er zu BLICK.

Davon profitieren die Mieter. «Um die Objekte im zunehmenden Wettbewerb vermieten zu können, werden Geschenke und attraktive Angebote zugunsten der Wohnungssuchenden häufiger werden.» Dabei sei der Kreativität keine Grenzen gesetzt – von einem geschenkten Flatscreen bis drei Monate Gratiswohnen sei alles möglich.

Verwaltungen locken vermehrt mit Geschenken

BLICK-Recherchen zeigen: Geschenke an Mieter, sogenannte Incentives, nehmen zu. «Dass solche Goodies bei bestehenden Wohnungen vergeben werden, ist ein neuer Trend», sagt Roger Bucher von Verit Immobilien. Immobiliendienstleister setzten vermehrt darauf, bestätigt auch Katharina Bornhauser von der Privera AG.

Bei Privera selber werden auch Goodies geboten: Monatsmieten werden erlassen oder Gutscheine verteilt. «Gemäss unseren Erfahrungen sind solche Aktionen sehr erfolgversprechend und werden von vielen Mietinteressenten begrüsst», sagt Bornhauser.

Ähnlich tönt es bei der Wincasa AG: Interesse und Aufmerksamkeit steige damit für die jeweiligen Angebote. Auf eine breite Palette von Incentives setzt die Livit AG: Von Gratismieten über Geschenkgutscheine für Möbel, Unterhaltungselektronik oder Treibstoff bis zu Gutscheinen für den Umzug oder die Reinigung ist alles dabei.

Eingesetzt würden diese für «Wohnungen, die über längere Zeit im Leerstand sind oder in Regionen, wo ein Überangebot besteht», sagt Marietta Hersche von der Livit AG.

«Besser wären tiefere Mietpreise»

Bei CSL Immobilien gebe es Geschenke wie Zügelgutscheine oder Gratisparkplätze vor allem in ländlichen Regionen und der Agglomeration von Städten, sagt Patricia Reichelt von CSL Immobilien. «Allerdings ist es oft sinnvoller, anstatt Incentives eine Mietzinsreduktion zu geben.»

Damit spricht sie Michael Töngi (50), Generalsekretär des Mieterverbands, aus dem Herzen. Er sagt: «Für den Mieter wäre es besser, wenn er statt Geschenke einen tieferen Mietzins erhalten würde.» Die meisten Immobilienbesitzer scheuen sich allerdings vor Mietzinsreduktionen. Denn das würde sich im Anlagevermögen niederschlagen, die Immobilienfirma müsste tiefer bewertet werden. «Für Investoren verlieren sie dann an Attraktivität», sagt Töngi. 

Er rechnet deshalb nicht mit tieferen Mieten. «Seit Jahren steigen die Mietpreise – trotz zuletzt gesunkenen Referenzzinssatzes.» Allerdings sei der Mieter jetzt in einer guten Position. Verhandlungen mit dem Vermieter lohnen sich mehr denn je.

Fast 65'000 Wohnungen stehen in der Schweiz leer

In der Schweiz bleiben immer mehr Wohnungen ohne Mieter. Fast 65'000 Wohnungen standen Mitte des vergangenen Jahres leer. Im Jahr 2014 waren es nur 45'000 Wohnungen, wie das Bundesamt für Statistik ermittelte.

Im Oberaargau suchen die Vermieter am verzweifeltsten nach Bewohnern. Dort stehen rekordhohe 5,15 Prozent aller Wohnungen leer. Zum Vergleich: In Zürich sind es nur 0,21 Prozent. Auch im Kanton Freiburg und im Unterwallis sind die Leerstände sehr hoch. Ähnliches gilt auch für Solothurn, Aigle und La Chaux-de-Fonds. In allen diesen Regionen ist die Wahrscheinlichkeit besonders hoch, dass Neumieter mit Geschenken gelockt werden.

Grund für die steigende Zahl von Wohnungen, die leer stehen, ist der Bauboom. Wegen der tiefen Zinsen haben viele Grossanleger in den Wohnungsbau investiert, weil sie hohe Renditen erwarten. Harry Büsser

In der Schweiz bleiben immer mehr Wohnungen ohne Mieter. Fast 65'000 Wohnungen standen Mitte des vergangenen Jahres leer. Im Jahr 2014 waren es nur 45'000 Wohnungen, wie das Bundesamt für Statistik ermittelte.

Im Oberaargau suchen die Vermieter am verzweifeltsten nach Bewohnern. Dort stehen rekordhohe 5,15 Prozent aller Wohnungen leer. Zum Vergleich: In Zürich sind es nur 0,21 Prozent. Auch im Kanton Freiburg und im Unterwallis sind die Leerstände sehr hoch. Ähnliches gilt auch für Solothurn, Aigle und La Chaux-de-Fonds. In allen diesen Regionen ist die Wahrscheinlichkeit besonders hoch, dass Neumieter mit Geschenken gelockt werden.

Grund für die steigende Zahl von Wohnungen, die leer stehen, ist der Bauboom. Wegen der tiefen Zinsen haben viele Grossanleger in den Wohnungsbau investiert, weil sie hohe Renditen erwarten. Harry Büsser

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