Grosse Karte zeigt doppelte Filial-Standorte
Hier dürften Kuoni- oder Hotelplan-Reisebüros schliessen

Weil der Reiseveranstalter Dertour die Ex-Migros-Tochter Hotelplan übernommen hat, dürften nun Schliessungen anstehen, um Doppelspurigkeiten zu vermeiden. Blick hat analysiert, wo Reisebüro-Filialen in unmittelbarer Nähe voneinander liegen und auf der Kippe stehen.
Publiziert: 15:19 Uhr
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Aktualisiert: vor 47 Minuten
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Braucht Dertour beide Filialen? Im Glattzentrum in Wallisellen ZH liegen das Kuoni- und Hotelplan-Reisebüro gleich gegenüber.
Foto: Jean-Claude Raemy

Darum gehts

  • Dertour übernimmt Hotelplan, Filialschliessungen wahrscheinlich
  • Verunsicherung herrscht: Dertour-CEO plant Umstrukturierungen
  • Hotelplan und Kuoni haben zusammen 136 Filialen in der Schweiz
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Der Übernahme der ehemaligen Migros-Reisetochter Hotelplan durch die Dertour Group habe keine Konsequenzen für das Personal an der Front. Es würde «vorerst keine Schliessungen oder Reduktionen von Filialen» geben. Das verkündete die neue Eigentümerin, zu der auch die Kuoni-Reisebüros gehören, nachdem die Wettbewerbsbehörde Weko Ende August grünes Licht für die Übernahme gegeben hatte. Nur nimmt niemand Dertour dieses Bekenntnis zum Schweizer Filialgeschäft ab. «Aus Nächstenliebe hat Dertour Hotelplan sicher nicht gekauft», sagt eine Kennerin der Schweizer Reisebranche zu Blick.

Recherchen bestätigen, dass die Suche nach Synergien und der Abbau von Doppelspurigkeiten, die solch eine Übernahme mit sich bringt, nun in vollem Gang sind. Auch bei den rund 1500 Mitarbeitenden hinter den Kulissen und an der Verkaufsfront herrscht Verunsicherung. Zuletzt gar bei Kundinnen und Kunden. Sie alle müssen entgegen aller Beteuerungen der Chefs mit Schliessungen zahlreicher «doppelter» Filialen rechnen, die bisher zum Hotelplan- oder Kuoni-Universum gehörten und in unmittelbarer Gehdistanz zueinander liegen.

Laut den eigenen Websites verfügt Hotelplan schweizweit aktuell über 71 Filialen (inklusive solche der Marken Travelhouse und TPT). Kuoni kommt inklusive Partner auf 65 Filialen. Aus unternehmerischer Sicht ist es nicht sinnvoll, alle 136 Filialen am Leben zu halten. Doch wie viele dürften aus Effizienzgründen verschwinden?

37 Filialen in unmittelbarer Nähe zueinander

Die Blick-Auswertung zeigt: An einigen Orten liegen Filialen der ehemaligen Konkurrenten direkt nebeneinander, etwa im Glattzentrum in Wallisellen ZH, an der Basler Gerbergasse, beim Zürcher Bellevue und an der Marktgasse in Bülach ZH.

Vielerorts beträgt die Gehdistanz zwischen Filialen von Kuoni und Hotelplan weniger als 5 Minuten, beispielsweise in Luzern, Solothurn, Bern, Morges VD, La Chaux-de-Fonds NE, Brig VS, Thun BE und Baden AG. Nur etwa die Hälfte aller 136 Filialen befindet sich exklusiv in einer Ortschaft oder in mehr als 15 Minuten Gehdistanz vom Standort der neuen Kollegen.

Bei den 37 Filialen, die lediglich innerhalb einer kurzen Gehdistanz zueinander liegen, dürfte in den nächsten zwölf Monaten eine «Bereinigung» anstehen. Nur jeweils der bessere Standort wird überleben. «Sicher werden Überschneidungen im Filialnetz geprüft, wenn primär der gleiche Markt an einem Standort bedient wird. Es wird darum auch mittelfristig zu Zusammenführungen kommen, was nachvollziehbar wäre», sagt André Lüthi (65), Reiseunternehmer und Mitinhaber der Globetrotter Group. Er frage sich, ob mittelfristig die Marke Hotelplan Bestand hat. «Aus Imholz wurde damals auch Tui», sagt Lüthi.

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Erinnerungen an Doppelfilialen von UBS und CS

Was «mittelfristig» bei den Reisebüros ansteht, hat die Schweiz ebenso «mittelfristig» mit den Banken erlebt. Nach einer Schonfrist von knapp einem Jahr griff die UBS nach der CS-Übernahme durch und strich über 50 Doppelstandorte. Zuerst gab es Zusammenlegungen in Pilotfilialen und anschliessend die grossen Schliessungen. In Winterthur ZH beispielsweise zog das UBS-Team in die benachbarte CS-Filiale, in Freiburg ging die CS-Filiale in der UBS auf. 

Christoph Debus (54), CEO der Dertour Group, sagte zu den Folgen der Hotelplan-Übernahme kürzlich in deutschen Fachmedien: «Es wäre illusorisch, zu glauben, dass alles so bleibt, wie es ist.» Er will seine Reisegruppe «agiler, digitaler und kundenzentrierter» aufstellen. Länderübergreifend müsse er über 200 Einzelgesellschaften, die bislang als loser Verbund agierten, zu einer Einheit verschmelzen. In seinem Fokus sind IT, Einkauf und administrative Aufgaben, aber auch die Reisebüros. Debus schliesst einen Abbau von Arbeitsplätzen explizit nicht aus.

Die Dertour-Pressestelle bleibt gegenüber Blick vage. In Zukunft werde es weiterhin ein flächendeckendes Filialnetz geben. Das aber «laufend optimiert» wird, so ein Sprecher.

Jetzt wird alles angeschaut

Fakt ist: Erst seit Bewilligung der Übernahme am 26. August 2025 darf Kuoni in die Bücher von Hotelplan schauen. Heisst: Jetzt lässt sich erst richtig überblicken, wo Zusammenlegungen sinnvoll sind. Und wie es um die Mietverträge der Hotelplan-Filialen, etwa in den Supermarkt-Zentren der früheren Eigentümerin Migros, steht. All das braucht noch ein wenig Zeit.

Auf den Chefetagen findet ein Abbau von Doppelspurigkeiten bereits statt: Die Geschäftsreisesparte übernimmt Roland Birchmeier (56), der aus dem Hotelplan-Universum kommt. Sein Kuoni-Pendant Andreas Schneider (62) verlässt das Unternehmen Ende November «im gegenseitigen Einvernehmen», wie es immer in solchen Fällen heisst. Bereits bekannt war der Abgang der bisherigen Hotelplan-CEO Nicole Pfammatter (53).

Schlussendlich wird auch in den Teppichetagen entschieden, wo Geld gespart wird und welcher Standort künftig das Rennen macht. Experte Lüthi: «Das Reisebüro hat Zukunft. Doch Qualität und Service müssen überdurchschnittlich sein.» Den Brand Hotelplan würde er beibehalten. «Das kann sich in der markentreuen Schweiz lohnen.»

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