Darum gehts
- Bauarbeiter protestieren in Zürich gegen Forderungen des Baumeisterverbands
- Gewerkschaften fordern bessere Arbeitsbedingungen und familienfreundlichere Arbeitszeiten
- 15'000 Teilnehmer bei nationalen Bau-Protesten in acht Städten
Die Protest-Welle der Büezer auf dem Bau erreicht Zürich. Im Zelt neben dem Flohmarkt beim Helvetiaplatz ertönen Trillerpfeifen und Buhrufe. Der Lärm ist ohrenbetäubend. Es ist die Reaktion auf eine Aussage eines Unia-Mitarbeiters. «Der Baumeisterverband findet, ihr arbeitet zu wenig. Ihr solltet noch mehr arbeiten, und zwar für weniger Geld», so der Unia-Angestellte.
Es folgt eine Schweigeminute: Jeder sechste Büezer oder Büezerin verunfallt jedes Jahr auf der Baustelle. Für viele ist die Folge Invalidität. Für mehrere enden die Unfälle gar tödlich.
Deutliche Lohnsenkungen für junge Maurer?
Nico Lutz (54), Verhandlungsführer der Gewerkschaft Unia, spricht gegenüber Blick von hanebüchenen Forderungen des Baumeisterverbands. «Die Arbeiter sind bereits heute oft neun bis zehn Stunden auf der Baustelle und sollen noch viel länger arbeiten. Zudem sollen künftig sämtliche Lohnverhandlungen wegfallen», so Lutz.
Der Baumeisterverband (SBV) bietet einen automatischen Teuerungsausgleich auf die Mindestlöhne an, wie er in einer Mitteilung schreibt.
«Bei den Maurern fordern die Baumeister nach der dreijährigen Berufslehre aber für die ersten fünf Jahre eine Lohnsenkung von zu Beginn 25 Prozent», empört sich Lutz. Die Einstiegsgehälter nach der Ausbildung liegen bei rund 5600 bis 5970 Franken. Damit würden die Löhne um fast 1500 Franken pro Monat sinken. Dieser Lohnsenkung soll jedes Jahr leicht abnehmen, so der Gewerkschaftsvertreter.
Dabei brauche es bessere Arbeitsbedingungen, wie er sagt: «Die Baumeister finden bereits heute zu wenig Arbeitskräfte. Der Umsatz liegt 20 Prozent höher als vor zehn Jahren. Die Arbeitsbelastung steigt immer weiter an. Das führt dazu, dass viele diesen eigentlich schönen Beruf verlassen.»
Protesthöhepunkt in Zürich
Der Zug mit angeblich 2500 Büezern, mobilisiert von den Gewerkschaften Unia und Syna, setzt sich beim Volkshaus in Bewegung.
Laut Gewerkschaftsangaben ist Zürich die nun achte Stadt der nationalen Bau-Proteste. Es ist von insgesamt 15'000 Protest-Teilnehmern die Rede. Es geht um familienfreundlichere Arbeitszeiten, eine bezahlte Znüni-Pause und die Abschaffung der unbezahlten Reisezeit. Am Verhandlungstisch mit den Baumeistern haben die Gespräche bislang nicht gefruchtet.
Deren Verband warnte im Vorfeld der heutigen Gross-Demo: «Bereits in den vergangenen Wochen kam es im Rahmen der gewerkschaftlich organisierten Streiktage auf Baustellen in Basel, Bern und im Aargau zu gewaltsamen Ausschreitungen.» Die Baumeister sprechen von «verantwortungslosen» und «gefährlichen Angriffen» auf Bauarbeiterinnen und Bauarbeiter.
SBV warnt vor weiteren «Gewaltexzessen»
Lutz hält am Freitagmorgen gegenüber Blick dagegen: «Wir verurteilen die Beschädigungen. Im Fall der erwähnten Ausschreitungen in der Nordwestschweiz wurden Bauarbeiter in einem Container eingesperrt, die an der Demonstration teilnehmen wollten», sagt Nico Lutz. Diese hätten dann Kollegen mobilisiert und die Situation sei eskaliert. «Die Baumeister haben erst von Schlägertrupps mit Baseballschlägern gesprochen, ihre Aussage dann hin zu Stöcken und schliesslich zu Fahnenstangen korrigiert.»
In Zürich ist davon noch nichts auszumachen, wie ein Augenschein zeigt. Doch die Stimmung ist aufgeheizt.
Am Montag soll die nächste Verhandlungsrunde zwischen den zwei Seiten stattfinden. Gemäss Mitteilung des Baumeisterverbands hat es gewisse Annäherungen gegeben, beispielsweise bei der Reisezeit. Doch der SBV warnt bereits: «Kommt es erneut zu Gewaltexzessen, werden diese zuerst aufgearbeitet werden müssen.»