Jagd nach dem Corona-Killer
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Ein Kampf gegen die Zeit:Jagd nach dem Corona-Killer

Forscher suchen verzweifelt nach Heilmittel
Jagd nach dem Corona-Killer

Immer mehr Infizierte, immer mehr Tote. Im Kampf gegen das Coronavirus schliessen sich die Forscher zusammen, in der verzweifelten Suche nach einem Gegenmittel. Es gibt etwas Hoffnung, allerdings fehlen noch die Studien.
Publiziert: 23.03.2020 um 23:23 Uhr
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Aktualisiert: 24.03.2020 um 10:03 Uhr
Der Kampf gegen das Coronavirus wird an allen Fronten geführt. In den Testlabors …
Foto: AFP
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Christian Kolbe

Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit: «Discovery» und «Solidarity» – diese beiden Worte machen gerade Mut im Kampf gegen das Coronavirus. Es ist allerdings der Mut der Verzweiflung, mit dem Forscher weltweit nach Medikamenten suchen, die den vielen Corona-Patienten etwas Linderung verschaffen, vielleicht sogar Heilung bringen können.

«Entdeckung» und «Solidarität» heissen zwei Forschungsprogramme, die klinische Tests mit bewährten Medikamenten gegen andere Viruskrankheiten wie Ebola, Aids oder Malaria durchführen. Die Idee: Sollte sich eines dieser Medikamente als der grosse Corona-Killer erweisen, wäre viel Zeit gespart. Denn der Einsatz eines bestehenden Medikaments auch gegen eine neue Krankheit geht schneller als die Entwicklung eines komplett neuen Arzneimittels.

Noch gibt es kein zugelassenes Medikament

«Solidarität» steht unter der Aufsicht der Weltgesundheitsorganisation WHO. Bei «Entdeckung» ist Frankreich federführend. Vier Medikamente werden an 3200 Infizierten in Kliniken von sieben EU-Ländern getestet. Das sind die Eckdaten des französischen Programms.

All diese Medikamente sind aber bestenfalls Hoffnungsträger. Mehr nicht. Das macht Michael Nawrath (57), Pharmaexperte der Zürcher Kantonalbank, klar: «Es gibt kein einziges zugelassenes Medikament gegen das Virus, wir sind weit davon entfernt ein Medikament gegen Covid-19 zu haben.»

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Problem Nebenwirkungen

Nawrath kennt sich nicht nur mit den Zahlen der Pharmaindustrie aus, er ist auch ausgebildeter Mediziner. Deshalb weiss er um die Grenzen der aktuellen Wirkstoffe: «All die Medikamente, die im Moment eingesetzt werden, können nur die Symptome bekämpfen.»

Und sie haben alle Nebenwirkungen. Das heisst, sie können nicht immer verabreicht werden, weil das Risiko besteht, dass diese Nebenwirkungen die Krankheit verschlimmern – anstatt sie zu stoppen.

Und trotzdem, es gibt sie, diese Hoffnungsträger! Der im Moment meistgenannte ist Remdesivir des US-Biotechkonzerns Gilead. Topleute aus der Pharmabranche sehen in diesem Wirkstoff den im Moment vielversprechendsten Ansatz im Kampf gegen das Coronavirus.

Bund will Weg freimachen für klinische Studien

Überall auf der Welt wird an Mitteln zur Bekämpfung des Coronavirus geforscht – neue Medikamente ersonnen oder alte, die bei anderen Krankheiten zum Einsatz kamen, auf ihre Wirksamkeit gegen Covid-19 geprüft. Auch in der Schweiz? Der Bund stemmt sich jedenfalls nicht dagegen. «Wir versuchen, diese Produkte für klinische Tests erhältlich zu machen», so Daniel Koch vom Bundesamt für Gesundheit. Am Schluss sei es aber der Entscheid jedes einzelnen Spitals, ob es sich an einer solchen Studie beteilige.

Zudem, so Koch, sei der Bund daran, jegliche Corona-Forschung in der Schweiz zu koordinieren und gezielt zu fördern. Erinnert sei auch daran, dass der Schweizerische Nationalfonds mehrere Millionen Franken für die Forschung rund um das Coronavirus ausgelobt und Wissenschaftler aufgefordert hat, Projekte anzumelden.

Daniel Koch, Leiter der Abteilung Übertragbare Krankheiten beim Bundesamt für Gesundheit.

Überall auf der Welt wird an Mitteln zur Bekämpfung des Coronavirus geforscht – neue Medikamente ersonnen oder alte, die bei anderen Krankheiten zum Einsatz kamen, auf ihre Wirksamkeit gegen Covid-19 geprüft. Auch in der Schweiz? Der Bund stemmt sich jedenfalls nicht dagegen. «Wir versuchen, diese Produkte für klinische Tests erhältlich zu machen», so Daniel Koch vom Bundesamt für Gesundheit. Am Schluss sei es aber der Entscheid jedes einzelnen Spitals, ob es sich an einer solchen Studie beteilige.

Zudem, so Koch, sei der Bund daran, jegliche Corona-Forschung in der Schweiz zu koordinieren und gezielt zu fördern. Erinnert sei auch daran, dass der Schweizerische Nationalfonds mehrere Millionen Franken für die Forschung rund um das Coronavirus ausgelobt und Wissenschaftler aufgefordert hat, Projekte anzumelden.

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«Remdesivir ist ein antivirales Medikament, entwickelt gegen Ebolaviren», erklärt Nawrath. Der Wirkstoff zielt darauf ab, die Vermehrung der Viren zu stoppen. Aber auch hier gebe es noch keine verlässlichen Studien über Wirksamkeit und Nebenwirkungen. Das könnte sich bald ändern. Remdesivir ist eines der Medikamente, das nun im Rahmen von «Discovery» getestet wird.

Remdesivir ist ein Medikament der modernen Pharmaforschung. Grosse Stücke setzen die Forscher auf einen Wirkstoff aus dem letzten Jahrhundert: Das Antimalariamittel Chloroquin vom deutschen Pharmakonzern Bayer ist seit 1947 auf dem Markt. Doch in den USA denkt man darüber nach, dieses Mittel Angehörigen von Infizierten zu ihrem Schutz zu Verabreichen.

Zweifel an Trumps Wunderwaffe

Ärzte sind so von dessen Wirkung überzeugt, dass sie dieses Mittel selber schlucken würden. Auch US-Präsident Trump (73) ist begeistert vom Antimalariamittel, wirbt mit Nachdruck dafür. Chloroquin könne in Kombination mit dem Antibiotikum Azithromycin «einer der grössten Durchbrüche in der Geschichte der Medizin sein», glaubt Trump.

Auch das wird nun im französischen Forschungsprogramm getestet. Allerdings: Experten sind skeptisch, aus Afrika kommen Warnungen. Denn falsch dosiert, kann Chloroquin zu Vergiftungen führen.

Auch Roche kämpft an vorderster Front

Der jüngste Hoffnungsträger ist das Grippemedikament Avigan aus Japan. China glaubt, Avigan sei «sicher und wirksam» im Kampf gegen das Coronavirus. Allerdings ist auch Vorsicht geboten, grosse Studien fehlen. Das Mittel soll die Vermehrung der gefährlichen Viren im Körper unterbinden. Ein Test mit 340 Genesenen in China hat gezeigt, dass sich so die Zeit als Virenträger deutlich verringern lässt.

Doch es muss nicht zwingend der grosse Durchbruch sein, schon kleine Fortschritte können viel bringen im Kampf gegen die Pandemie: «Actemra der Basler Roche kann helfen, den Aufenthalt auf der Intensivstation zu verkürzen», erklärt Nawrath. «Das ist nicht zu unterschätzen, wenn die Kapazitäten knapp werden.» Actemra kommt normalerweise bei Arthritis zum Einsatz.

Rennen um einen Impfstoff läuft auf Hochtouren

Auch der Wettlauf nach einem Impfstoff gegen das Coronavirus ist in vollem Gang. Laut offiziellen Zahlen gibt es rund fünfzig Projekte, die daran forschen. Zudem untersuchen zahlreiche Wissenschaftler, ob man mit bestimmten bereits zugelassenen Medikamenten Corona-Patienten behandeln könnte.

Im Gegensatz zu Medikamenten kommen Impfstoffe bei Gesunden zum Einsatz. Deshalb muss ein Impfstoff gegen das Coronavirus alle klinischen Testverfahren durchlaufen. Das dauert. Noch befinden sich fast alle Projekte in der präklinischen Phase. Hier geht es um die Herstellung eines Prototypen. Danach kommen die klinischen Tests, ganz am Schluss wird der Impfstoff am Menschen getestet.

«Es ist wohl nicht vor Ende Jahr mit einer Zulassung zu rechnen», dämpft René Buholzer übertriebene Hoffnungen. «In der Branche geht man derzeit von 12 bis 18 Monaten aus», ergänzt der Direktor des Branchenverbandes Interpharma.

Das hat medizinische Gründe: Erstens müssen die Testpersonen regelmässig auf Nebenwirkungen untersucht werden – und zweitens, noch viel wichtiger: Es muss klar bewiesen sein, dass der Impfstoff wirklich vor dem Coronavirus schützt. Sonst gäbe sich die Welt einer falschen Sicherheit hin – mit möglicherweise fatalen Folgen! Christian Kolbe

Auch der Wettlauf nach einem Impfstoff gegen das Coronavirus ist in vollem Gang. Laut offiziellen Zahlen gibt es rund fünfzig Projekte, die daran forschen. Zudem untersuchen zahlreiche Wissenschaftler, ob man mit bestimmten bereits zugelassenen Medikamenten Corona-Patienten behandeln könnte.

Im Gegensatz zu Medikamenten kommen Impfstoffe bei Gesunden zum Einsatz. Deshalb muss ein Impfstoff gegen das Coronavirus alle klinischen Testverfahren durchlaufen. Das dauert. Noch befinden sich fast alle Projekte in der präklinischen Phase. Hier geht es um die Herstellung eines Prototypen. Danach kommen die klinischen Tests, ganz am Schluss wird der Impfstoff am Menschen getestet.

«Es ist wohl nicht vor Ende Jahr mit einer Zulassung zu rechnen», dämpft René Buholzer übertriebene Hoffnungen. «In der Branche geht man derzeit von 12 bis 18 Monaten aus», ergänzt der Direktor des Branchenverbandes Interpharma.

Das hat medizinische Gründe: Erstens müssen die Testpersonen regelmässig auf Nebenwirkungen untersucht werden – und zweitens, noch viel wichtiger: Es muss klar bewiesen sein, dass der Impfstoff wirklich vor dem Coronavirus schützt. Sonst gäbe sich die Welt einer falschen Sicherheit hin – mit möglicherweise fatalen Folgen! Christian Kolbe

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