Fake News aus dem Staatsbetrieb?
Der Streit zwischen Swiss und Skyguide eskaliert

Airline und Flugsicherung stehen im offenen Schlagabtausch. Doch damit nicht genug: Die Finanzkommission fordert Bundesrat Rösti auf, die maroden Finanzen der Fluglotsen in den Griff zu bekommen.
Publiziert: 10:24 Uhr
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Aktualisiert: 10:33 Uhr
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Die staatliche Flugsicherung Skyguide und die Swiss zoffen sich öffentlich.
Foto: Sven Thomann

Darum gehts

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Raphael RauchBundeshausredaktor

Wer hat den Streit angefangen? Und vor allem: Wer hat recht? Man kann im Schlagabtausch zwischen Swiss und der staatlichen Flugsicherung Skyguide rasch den Überblick verlieren: Die beiden Luftverkehrsinstanzen überbieten einander mit Vorwürfen, Schuldzuweisungen und heftigen Behauptungen. Doch der Reihe nach.

Zu teuer, zu langsam, zu ineffizient

Die Swiss ist schon länger mit der Arbeit von Skyguide unzufrieden: Der Lotsenbetrieb sei zu teuer, zu langsam, zu ineffizient. «Es braucht einfach die Bereitschaft, ans Limit zu gehen», sagte Swiss-Manager Oliver Buchhofer (49) letztes Jahr der «NZZ am Sonntag». Die Kritik kam bei Skyguide nicht gut an. Ein Sprecher liess damals ausrichten, der Flughafen Zürich sei bereits am Limit – das Netzwerk sei voll ausgelastet.

Doch damit waren die Differenzen natürlich nicht ausgeräumt. Erst vor kurzem versetzte Skyguide der Swiss einen Seitenhieb. Gegenüber dem Wirtschaftsmagazin «Bilanz» behauptete die Flugsicherung, die Swiss sei für einen Teil der Verspätungen mitverantwortlich, denn: Einen Teil ihrer Flüge lässt die Swiss von der lettischen Air Baltic abwickeln, die laut Skyguide aus technischen Gründen häufig von der 3,7 Kilometer langen Piste 16 startet. «Jedes Flugzeug, das zum Start die Piste 16 nutzt, beeinträchtigt die Kapazität des Flughafens Zürich. Bei kleineren Flugzeugen ist das deshalb umso störender, da sie eigentlich keine längere Startbahn brauchen», kritisierte Skyguide.

«Aus einer Mücke wird ein Elefant gemacht»

Diese Aussage hat die Empörung am Swiss-Hauptsitz in Kloten deutlich erhöht. In Aviatik-Kreisen ist gar von «Fake News» die Rede, denn mit Zahlen lässt sich die Aussage von Skyguide nicht belegen. «Nur 12 Prozent unserer Starts, die wir im Auftrag von Swiss durchführen, erfolgten von der Piste 16», teilt Air Baltic mit. Im Klartext: Die hohe Zahl von Verspätungen müsse einen anderen Grund haben.

Der Flughafen Zürich kommt ebenfalls zu einem anderen Schluss als Skyguide: «Der Anteil der Kurzstreckenflugzeuge hat sich praktisch nicht verändert. Rund 95 Prozent der Kurzstreckenflugzeuge starten auf der Piste 28, die restlichen 5 Prozent auf der Piste 16.» Skyguide hingegen hält an seiner Kritik fest – und sagt zugleich: «Hier wird aus einer Mücke ein Elefant gemacht.»

Auch die Politik schaltet sich ein

Swiss wiederum bekräftigt die Kritik an Skyguide: «Wir erwarten, dass die Leistungen und die Qualität einer Flugsicherung im Verhältnis zu den Kosten stehen. Gerade angesichts der kürzlich erfolgten Gebührenerhöhungen von mehr als 30 Prozent sehen wir dies nicht mehr als erfüllt», sagt Swiss-Manager Buchhofer zu Blick. «Wir sind überzeugt, dass noch deutliches Potenzial für mehr Effizienz und Flexibilität besteht.» Und weiter: «Die jetzige Situation ist nicht zufriedenstellend. Es braucht rasch gemeinsame Lösungen.»

Unzufrieden mit Skyguide zeigt sich auch die Politik. Der Jahresbericht der Finanzdelegation kritisiert, die Flugsicherung habe auch im vergangenen Jahr ihr Sparziel nicht erreicht. Das «Virtual Centre», mit dem Skyguide den Schweizer Luftverkehr standortunabhängig überwachen will, hätte bereits 2024 in Betrieb gehen sollen. Die Fertigstellung wurde auf 2031 verschoben und könnte sich sogar bis 2035 verzögern.

Weiterer Skyguide-Ärger für Rösti

Dass im Schweizer Luftraum-Management alles länger dauert und teurer wird – während der Steuerzahler die Zeche zahlt: Das geht nicht, findet die Finanzkommission und fordert Bundesrat Albert Rösti (57) zum Handeln auf. Laut SP-Nationalrätin Sarah Wyss (36) haben die Finanzkommissionen beider Räte beim Uvek-Vorsteher eine Intervention deponiert: «Wir fragen nach Massnahmen, die ergriffen werden, um die Ausgaben zu decken. Und das Uvek soll aufzeigen, wie der Zeitplan der Sanierungsübung aussieht», so Wyss zu Blick. «Auch erwarten wir eine Stellungnahme, wie das Uvek mit den Empfehlungen der Finanzkontrolle umgeht.»

Derweil droht Albert Rösti weiterer Ärger: Die EU-Kommission hat einen Gebührenplan von Skyguide abgelehnt, den sie für allzu kostspielig hält. Die Flugsicherung soll das Finanzpapier nun überarbeiten. «Im Bereich der Kosteneffizienz muss Skyguide Nachbesserungen liefern», bestätigt das Bundesamt für Zivilluftfahrt. Doch geringere Kosten bedeuten weniger Einnahmen – und damit ein noch grösseres Finanzloch für den SVP-Bundesrat. Anders als bei einem Sommergewitter werden die dunklen Wolken im Skyguide-Himmel nicht so schnell verschwinden.

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