Flugsicherung unter Druck
Skyguide-Chef rüttelt am Südstart-Tabu

Zu teuer, zu ineffizient, zu langsam: Die Schweizer Flugsicherung Skyguide sorgt für Ärger. CEO Alex Bristol verspricht: Im Sommer gibts weniger Verspätungen.
Publiziert: 11:46 Uhr
|
Aktualisiert: 12:48 Uhr
1/6
Die Schweizer Flugsicherung Skyguide sorgt für Negativschlagzeilen.
Foto: Keystone

Darum gehts

Die Zusammenfassung von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast.

Alex Bristol (56) ist noch bis Ende Oktober Chef der Schweizer Flugsicherung Skyguide – nach acht Jahren hört er auf. In seine Amtszeit fallen verschiedene Pannen: 2022 musste der gesamte Schweizer Luftraum für fünf Stunden gesperrt werden, 2023 und 2024 kam es immer wieder zu Serverproblemen. Diese Woche rüffelte die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) Skyguide: Die Finanzen des Staatsbetriebs seien «heikel» und «sehr besorgniserregend».

Herr Bristol, machen Sie sich Sorgen um Ihr Arbeitszeugnis?
Ich mache mir null Sorgen. Wir haben in den letzten Jahren Pionierarbeit geleistet – gerade im Vergleich zu anderen Flugsicherungen in Europa.

Die massive Kritik der EFK kann Ihnen aber nicht egal sein. Sie sollten das Projekt «Virtual Centre» 2024 zum Fliegen bringen, dann wurde es auf 2031 verschoben – die EFK stellt nun den ganzen Fahrplan infrage.
Das «Virtual Centre» beschäftigt uns seit 2011. Es geht darum, die Flugsicherung ortsunabhängig zu machen – bislang können wir den Genfer Luftraum nur von Genf aus bedienen und den Zürcher nur von Zürich. Das wird mit «Virtual Centre» anders. Zwei Drittel des Projekts konnten wir erfolgreich umsetzen. Seit 2017 sparen wir jährlich bereits 15 Millionen Franken. Das letzte Drittel macht Schwierigkeiten. Die Lieferanten sind noch nicht so weit, wie wir gedacht haben. Wir können gewisse Dienste nicht einkaufen.

Dass ein Systemwechsel komplex wird, wussten Sie schon bei der Planung. Aber sieben Jahre Verspätung – was ist da schiefgegangen?
Wir haben vieles sehr gut gemacht. Könnte ich die Zeit zurückdrehen, würde ich mindestens zu 90 Prozent dieselben Entscheidungen treffen. Wir waren aber zu optimistisch, wie schnell sich die Lieferanten und die anderen Flugsicherungen modernisieren würden.

Seit letztem Jahr werden Sie enger geführt: Das Bundesamt für Zivilluftfahrt hat wöchentliche Sitzungen angeordnet. Hat man Sie als CEO entmachtet?
Ich war frustriert, dass wir unsere Innovationsgeschwindigkeit drosseln mussten. Aber es ist wichtig, dass wir die Regularien einhalten. Wir planen jetzt, wie wir die nächsten Schritte umsetzen.

Die EFK stellt die Frage, ob das «Virtual Centre» so überhaupt noch Sinn ergibt. Was antworten Sie darauf?
Wir brauchen das «Virtual Centre». Aber wir haben uns bereits letztes Jahr die Frage gestellt, was wichtiger ist: ortsunabhängig zu arbeiten – oder das System zu stabilisieren und auszubauen. Deswegen diskutieren wir zurzeit die Variante, das «Virtual Centre» bis 2035 zu realisieren.

Erst 2035? Also mit insgesamt elf Jahren Verspätung?
Wir müssen uns fragen, ob wir stur in die gleiche Richtung gehen wollen oder ob wir unsere Ziele in anderer Reihenfolge verfolgen sollten. Bis 2040 rechnet die Flugbranche mit einer Verdoppelung des Luftverkehrs. Wenn wir uns jetzt nicht auf Stabilität und Innovation konzentrieren, wird es massive Verspätungen geben. Änderungen bei Skyguide sind immer Operationen am offenen Herzen – der Flugbetrieb geht ja weiter.

Die Verspätungen gibt es jetzt schon. Die Swiss ist mit Ihnen sehr unzufrieden und hat Sie aufgefordert, ans Limit zu gehen!
Die Swiss darf ihre Meinung haben, aber für uns steht Sicherheit an erster Stelle. Unsere Fluglotsen machen einen super Job. Wir haben die Gespräche mit der Swiss intensiviert, und diesen Sommer wirds weniger Verspätungen geben als letztes Jahr.

Persönlich: Alex Bristol

Alex Bristol (56) hat einen britischen Vater und eine Schweizer Mutter. Seine Karriere begann als Fluglotse in London-Heathrow. 2011 wechselte er zur Skyguide in die Schweiz, 2017 wurde er CEO. Das Amt gibt er Ende Oktober ab. Bristol wohnt bei Nyon VD, hat einen Sohn (15), Hund und Katze, fährt gerne Ski und wandert in den Bergen.

Alex Bristol (56) hat einen britischen Vater und eine Schweizer Mutter. Seine Karriere begann als Fluglotse in London-Heathrow. 2011 wechselte er zur Skyguide in die Schweiz, 2017 wurde er CEO. Das Amt gibt er Ende Oktober ab. Bristol wohnt bei Nyon VD, hat einen Sohn (15), Hund und Katze, fährt gerne Ski und wandert in den Bergen.

Was läuft künftig anders?
Wir konnten letztes Jahr aus technischen Gründen die Kapazitäten nicht immer voll ausschöpfen. Das läuft dieses Jahr besser. Und wenn ein Flieger Passagiere an Bord hat, die ihren Weiterflug verpassen könnten, versuchen wir, diese prioritär zu bedienen.

Swiss und Easyjet finden Ihre Gebührenerhöhung nicht nachvollziehbar.
Vielleicht müssen wir die Gebührenerhöhung besser erklären – aber für uns ist sie alternativlos. Die Europäische Kommission muss die Gebühren noch genehmigen. Unabhängig davon finde ich, dass das Gebührenmodell nicht mehr zeitgemäss ist: Kosten und die Einnahmen sind nicht direkt verknüpft. Das sollte die Politik auf europäischer Ebene angehen. Davon würde die Schweiz profitieren, die einen relativ kleinen, aber sehr aufwendigen Luftraum hat.

Was bereitet Ihnen am Zürcher Flughafen Sorgen?
Wir könnten mit Südstarts ganz viele Probleme auf einmal lösen. Momentan müssen die Flieger gleich nach dem Start mit einer Kurve abdrehen, was den Verkehr aufhält. Südstarts geradeaus würden den Flugverkehr besser, sicherer, effizienter und auch umweltfreundlicher machen, weil weniger CO2 verbraucht würde. Wir hätten weniger Verspätungen und kein Flieger müsste nach 23 Uhr mehr starten.

Verkehrsminister Albert Rösti könnte per Verfügung den Südstart «16 straight» freigeben. Fürchtet er die gut betuchte Klientel der Goldküste, die plötzlich mehr Fluglärm hätte?
Skyguide äussert sich nicht zu politischen Fragen. Vom Sicherheitsaspekt her wären die Südstarts geradeaus ein grosser Gewinn.

Ihr VR-Präsident Aldo Schellenberg war früher Kommandant der Schweizer Luftwaffe, Ihr Nachfolger Peter Merz kommt ebenfalls von der Luftwaffe. Sind Armeeangehörige die Richtigen, um einen finanziell klammen Staatsbetrieb auf Vordermann zu bringen?
Daran habe ich keinen Zweifel. Ich habe Aldo Schellenberg nicht so wahrgenommen, wie Sie sich die Armee vielleicht vorstellen. Er gibt keine Befehle, sondern hört gut zu.

Zum Schluss: Erhalten Sie eine Abgangsentschädigung?
Schön wäre es (lacht)! Nein, das ist nicht der Fall.

Das beliebteste Quiz der Schweiz ist zurück.
Jetzt im Blick Live Quiz abräumen

Spiele live mit und gewinne bis zu 1'000 Franken! Jeden Dienstag, Mittwoch und Donnerstag ab 19:30 Uhr – einfach mitmachen und absahnen.

So gehts:

  • App holen: App-Store oder im Google Play Store
  • Push aktivieren – keine Show verpassen

  • Jetzt downloaden und loslegen!

  • Live mitquizzen und gewinnen

Das beliebteste Quiz der Schweiz ist zurück.

Spiele live mit und gewinne bis zu 1'000 Franken! Jeden Dienstag, Mittwoch und Donnerstag ab 19:30 Uhr – einfach mitmachen und absahnen.

So gehts:

  • App holen: App-Store oder im Google Play Store
  • Push aktivieren – keine Show verpassen

  • Jetzt downloaden und loslegen!

  • Live mitquizzen und gewinnen

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Liebe Leserin, Lieber Leser
Der Kommentarbereich von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast. Noch kein Blick+-Abo? Finde unsere Angebote hier:
Hast du bereits ein Abo?