Darum gehts
- US-Zölle bedrohen Schweizer Exporte, besonders Uhren und Maschinenindustrie
- Pharmabranche weniger betroffen, könnte Zölle auf Abnehmer abwälzen
- Basel-Stadt exportiert Waren im Wert von 16,1 Milliarden Franken in die USA
Schweizer Uhren, Schokolade und Medikamente sind im Ausland heiss begehrt – besonders auch in den USA. Die grösste Wirtschaftsmacht der Welt ist der wichtigste Abnehmer von Schweizer Produkten. Weil wir deutlich mehr Waren in die USA exportieren als wir von dort beziehen, will US-Präsident Donald Trump (78) die Schweiz mit einem Zoll von 31 Prozent abstrafen – falls die Schweiz bis Anfang Juni keine überzeugenden Gegenargumente in die Waagschale werfen oder einen Deal mit Trump einfädeln kann. Aktuell gilt jedoch auf praktisch alle Einfuhren in die USA ein Basiszoll von zehn Prozent.
Dieser Zollsatz trifft einige Kantone deutlich härter als andere. Blick hat für alle 26 Kantone die Warenströme in die USA unter die Lupe genommen. Der Exportweltmeister unter den Kantonen ist Basel-Stadt: Von den Warenausfuhren über 84,6 Milliarden Franken gehen 16,1 Milliarden Franken in die USA, wie Zahlen des Bundesamts für Zoll und Grenzsicherheit aus 2023 zeigen. Das überrascht kaum: Deutlich über die Hälfte der Schweizer Güterexporte in die Staaten entfallen auf die Pharmabranche. Und in Basel-Stadt zählen die beiden Schweizer Pharmariesen Roche und Novartis zu den wichtigsten Arbeitgebern. Auch die Kantone Aargau, Wallis und Zug sind wichtige Exporteure pharmazeutischer Produkte.
Pharmakantone noch verschont
Die Pharmabranche ist derzeit von den Zöllen ausgenommen. Könnte die wichtigste Schweizer Exportbranche selbst zum Patienten werden, wenn Trump gegen sie Zölle erhebt? «Die Schweizer Pharmaindustrie stellt sehr hochwertige Arzneimittel und Medikamente her, und amerikanische Verbraucher haben kaum Alternativen. Die Pharmaunternehmen würden unter den Zöllen also weniger stark leiden als andere Branchen», sagt Tim Reinicke (31) von der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF). Das heisst im Umkehrschluss: Die Pharmakonzerne könnte mögliche Zölle einfacher auf ihre Abnehmer abwälzen.
Anders sieht die Lage bei diesem Exportschlager aus: Schweizer Uhren. «Die Uhrenbranche leidet am stärksten unter den Zöllen», sagt Reinicke. Das trifft vor allem die Kantone Genf, Jura, Neuenburg, Schaffhausen und auch Bern. Hier werden Zeitmesser von Rolex, Vacheron Constantin oder Patek Philippe, Jaeger-LeCoultre, Audemars Piquet, Tissot oder Omega hergestellt.
Uhrenkantone müssen zittern
Dabei machte die Uhrenbranche bereits vor den Zöllen schwierige Zeiten durch. Der Grund: Konsumentinnen und Konsumenten in den USA und in China geben deutlich weniger Geld aus als vor ein, zwei Jahren. «Weil der chinesische Konsum durch die US-Zölle zusätzlich unter Druck gerät, verschärft sich der Absatzrückgang für Schweizer Luxusuhren», so Reinicke.
Auch bei der seit längerem gebeutelten Schweizer Metall- und Maschinenindustrie sind die US-Zölle wie Sand im Getriebe. In St. Gallen liegt die Hochburg für die Herstellung von Präzisionsinstrumenten. Auch Zürich, Aargau und die Zentralschweiz weisen im Maschinenbau hohe Exportzahlen aus. «Auch hier droht ein Rückgang der Exporte in die USA», so KOF-Wissenschaftler Reinicke. Jedoch weniger stark als bei den Uhren. «Die Industrie dürfte von steigenden Investitionen in Europa, allen voran in Deutschland, profitieren. Das sollte die Verluste im US-Geschäft abfedern.»
Nidwalden als Spitzenreiter
Industriebetriebe sollten die Zölle gemäss KOF-Prognose zudem etwas weniger hart treffen als die Konkurrenz. «Schweizer Produkte sind meist Premium-Artikel und schon teurer als in vergleichbaren Ländern. Solange Washington für die Schweiz nicht höhere Zollsätze ansetzt als für die EU, fallen wir relativ gesehen sogar etwas weniger stark zurück», so Reinicke.
Ob das auch für die Pilatus Flugzeugwerke AG im Kanton Nidwalden gilt, muss sich erst noch zeigen. Der Industriebetrieb erzielt mit den Verkäufen von Flugzeugen fast die Hälfte seines Umsatzes in den USA. Wegen des Flugzeugbauers ist der US-Markt für Nidwalden so wichtig wie für keinen anderen Kanton: Über 41 Prozent aller Ausfuhren gingen 2023 in die USA. Was für einige Industriebetriebe erschwerend hinzukommt: Für Stahl, Aluminium und Fahrzeuge gilt gar ein Zusatzzoll von 25 Prozent. Anders bei den Halbleiterherstellern, die derzeit von den Zöllen ausgenommen sind.
Tessin und Neuenburg weit vorn
Die Nachfrage nach Schweizer Gaumenfreuden dürfte in den USA ebenfalls einen leichten Dämpfer erleben. So ist Schweizer Käse in den USA begehrt. Aus den Kantonen Waadt und Freiburg werden jährlich Tausende Tonnen Käse wie Greyerzer in die USA geliefert. Ein Exportschlager sind zudem die Kaffeekapseln von Nespresso, die nur in der Schweiz in Fabriken in Waadt und Freiburg hergestellt werden. Doch mit den Zöllen bleibt den US-Konsumenten weniger im Geldbeutel. Darunter könnte die Nachfrage nach Schweizer Schokolade, Kaffee und Käse leiden.
Weit vorn im kantonalen Ranking landen Neuenburg und Tessin. Sie weisen mit je über 6 Milliarden Franken überraschend hohe Exportzahlen in die USA aus. Das liegt in erster Linie an den Goldraffinerien, die erheblich zum Schweizer Exportüberschuss gegenüber den Staaten beitragen. Gold, das in die Schweiz geliefert und hier zu Barren umgeschmolzen wird. Die Schweiz ist der grösste Goldverarbeiter der Welt.