Ex-Makler von Properti packen aus: Missstände und ausufernde Partys
«Ich hatte Monate, da verdiente ich gar nichts»

Ehemalige Makler von Properti berichten von extremem Arbeitsdruck, fehlenden Fixlöhnen und fragwürdigen Geschäftspraktiken. Die Anschuldigungen ähneln denen, die kürzlich gegen den Konkurrenten Betterhomes erhoben wurden. Properti wiegelt ab.
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«Ich hatte Monate, da verdiente ich gar nichts oder nur 500 Franken», sagt Paul M. zu Blick. Der Ex-Properti-Makler möchte anonym bleiben.
Foto: Raphaël Dupain

Darum gehts

  • Properti-Makler erheben schwere Vorwürfe gegen ihren ehemaligen Arbeitgeber
  • Hoher Leistungsdruck, Überstunden und fragwürdige Geschäftspraktiken
  • Makler arbeiten bis zu sieben Tage pro Woche
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Sie verkauften Traumhäuser und erlebten einen Albtraum: Vor nicht einmal drei Monaten packten Ex-Mitarbeiter des Immobilienvermittlers Betterhomes im Blick aus. Ihre Vorwürfe waren massiv. Pikant: Sie decken sich fast eins zu eins mit Missständen, die nun über Properti ans Licht kommen.

Die Vorwürfe von Maklerinnen und Maklern gegenüber ihrem ehemaligen Arbeitgeber Properti – Werbeslogan «Ihr Partner für Immobilien» – wiegen ebenfalls schwer. «Bei Properti geht es genau gleich oder sogar schlimmer zu und her», sagen sie zu Blick. Es fallen Worte wie «hoher Leistungsdruck», «unzählige Überstunden», «arbeiten bis zum Umfallen». 

Dient Betterhomes als Vorbild für Properti?

Interessant: Properti wurde vor sechs Jahren von zwei ehemaligen Angestellten von Betterhomes aufgebaut. Der Immobilienvermittler beschäftigt heute rund 180 Mitarbeiter und hat schweizweit fünf Niederlassungen. Viele der Angestellten arbeiten allerdings Teilzeit.

Auch das Geschäftsmodell des nach eigenen Angaben «führenden Immobilienvermarkters» deckt sich in vielerlei Hinsicht mit jenem von Betterhomes. Properti bildet Quereinsteiger im Schnellverfahren zu Maklern aus. Diese können sich dann eine Festanstellung verdienen – allerdings nur, wenn sie genügend Eigenheime vermitteln.

Drei ehemalige Maklerinnen und Makler haben ihre Erfahrungen mit Blick geteilt. Sie alle werfen dem Unternehmen vor, sie ausgebeutet zu haben. «Ich arbeitete zum Teil sechs bis sieben Tage die Woche», sagt Markus B.*. Er stand mehrere Jahre im Sold von Properti. «Sitzungen mit Führungskräften um 22 Uhr waren keine Ausnahme», sagt auch Thomas S.*. Sie möchten anonym bleiben. Die Angst vor negativen Konsequenzen ist auch bei allen anderen, die sich bei Blick meldeten, gross. 

Das sagt Properti zu den Vorwürfen

«Da der Beruf eine gewisse Flexibilität erfordert und Kundentermine teils ausserhalb klassischer Bürozeiten stattfinden, kann es in Spitzenzeiten zu erhöhtem Einsatz kommen», sagt Levent Künzi (34), CEO von Properti, auf die Vorwürfe angesprochen. Das bedeute jedoch nicht, dass eine Wochenarbeitszeit von sechs bis sieben Tagen üblich oder gewünscht wäre.

Als Quereinsteiger bekommt man bei Properti anfangs keinen Fixlohn, sondern lediglich eine Provision auf verkaufte Objekte. «Ich hatte Monate, da verdiente ich gar nichts oder nur 500 Franken», sagt Paul M.* zu Blick. Er arbeitete über ein Jahr in Teilzeit bei Properti. Offiziell betrug sein Pensum 20 Prozent. Der Ex-Angestellte: «In Wahrheit gab es Zeiten, da habe ich im Vollpensum gearbeitet.» Blick liegen sein Arbeitszeit-Protokoll und der Arbeitsvertrag vor. 

«Nur wer konstant Umsatz bringt, ist etwas wert», erklärt M. Er hatte während seiner Zeit bei Properti immer wieder Existenzängste. 

Dass man zu Beginn keinen Fixlohn erhält, bestätigt Künzi. Wer jedoch eine Festanstellung habe, erhalte inzwischen einen Mindestlohn. Properti habe die Arbeitsverträge angepasst. «Die Provision bleibt als Leistungsanreiz bestehen, ist aber nicht die alleinige Einkommensquelle.»

Polizei musste zweimal ausrücken

Es werde erwartet, dass man Tag und Nacht erreichbar sei – inklusive Wochenenden, sagen mehrere Ex-Angestellte. Ein Privatleben zu haben, sei fast unmöglich. «Bei Properti gilt: Work hard, party harder!», sagt B. und spricht das an, was mehrere frühere Mitarbeiter unabhängig voneinander gegenüber Blick erwähnen: Die harte Arbeit soll immer wieder mit After-Work-Partys belohnt worden sein, die allerdings regelmässig ausuferten.

Wenn gefeiert wurde, dann soll das zum Teil so exzessiv gewesen sein, dass sogar die Polizei ausrücken musste. Blick weiss von zwei Polizeieinsätzen am Properti-Hauptsitz in Zürich. Properti-CEO Künzi will dazu nichts sagen.

Hauskäufer unter Druck gesetzt?

Makler fühlten sich zudem immer wieder massiv unter Druck gesetzt von der Führungsetage. Ihre Chefs hätten ihre Kalender kontrolliert, wo sie ihre geschäftlichen und privaten Termine jeweils eine Woche im Voraus eintragen mussten. So ist es auch im Arbeitsvertrag festgehalten, der Blick vorliegt.

Künzi streitet ab, dass die Kalendereinsicht zur Kontrolle diene. «Die Kalendereinträge sind standardmässig privat, doch können wir sehen, ob jemand frei oder belegt ist», sagt Künzi. Davon, dass sie Makler unter Druck setzen, will er auch nichts wissen. «Leistungsziele sollen erreichbar, transparent und fair sein», sagt Künzi. «Unsere Führungskräfte werden regelmässig geschult, um eine verantwortungsvolle Arbeitskultur sicherzustellen.»

Zahlreiche negative Rezensionen auf dem Bewertungsportal Trustpilot bestätigen jedoch das hohe Stresslevel der Properti-Makler. Von aufdringlichen Spam-Anrufen ist die Rede. Von Maklern, die Kunden zu allem drängten. «Dass ich Zeit zum Überlegen brauche, wurde nicht respektiert», heisst es dort etwa.

Dies bestätigen die ehemaligen Angestellten. «Ich habe es immer wieder erlebt, dass Kunden sich unter Druck gesetzt fühlten», sagt M. zu Blick.

Einige unterschrieben dann einen sogenannten Reservationsvertrag. Wer das tat, bezahlte eine Reservationsgebühr für die Immobilie, um sie für sich zu sichern. «Mehrere traten vom Reservationsvertrag wieder zurück», so der Ex-Angestellte. Für Properti ein lohnendes Geschäft? Denn auch wenn der Käufer zurücktritt, behält Properti einen Teil des einbezahlten Betrags zurück. «Properti bleiben dann beispielsweise 4000 bis 5000 Franken», sagt M.

«Wie bei den meisten Firmen lassen sich online vereinzelt auch kritische Rezensionen finden», sagt Künzi dazu. Die internen Richtlinien würden jedoch ausdrücklich vorschreiben, dass Entscheidungen für oder gegen einen Kauf ohne zeitlichen Druck zu erfolgen haben. Das gelte auch für Reservationsvereinbarungen.

* Name geändert 

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