Christian E.* (37) ist nervös. Er hat seinen Hausschlüssel verloren. Nun steht er vor verschlossener Tür. Der einzige Ausweg: ein Schlüsseldienst. Im Internet wird er schnell fündig. Er entscheidet sich für den 24 h Schlüsseldienst Zürich. Alles scheint seriös. Eine lokale Telefonnummer. E. ruft an. 40 Minuten später taucht ein Monteur auf.
Der Handwerker mit deutschem Akzent bohrt das Schloss auf und setzt einen neuen Zylinder ein. 27 Minuten Arbeit. Kosten: 680 Franken. Zu bezahlen in bar oder mit Karte – auf der Stelle, fordert dieser. Obwohl E. misstrauisch ist, begleicht er die Rechnung.
Eine Woche später meldet sich Christian S. beim Schlüsseldienst, will Details zur Rechnung in Erfahrung bringen. Doch der Kundenservice blockt ab. Der Monteur meldet sich nicht.
Aggressives Auftreten
E. ist kein Einzelfall: Auch Lea S.* (22) ruft den Schlüsselservice Not24 zur Hilfe. Eine Stunde wartet die junge Frau, dann taucht der Monteur auf. Auch er ist deutscher Herkunft. Dessen aggressives Auftreten machte S. stutzig. Als sie sich mit ihrer Versicherung in Verbindung setzen will, um die Kostenfrage zu klären, bohrt der Handwerker bereits das Schloss auf.
S. hatte das Auftragsformular schon unterschrieben. Einen neuen Zylinder setzt der Monteur nicht ein. Stattdessen wirft er die Rechnung in den Briefkasten und macht sich aus dem Staub. Lea S. zahlt satte 737 Franken für 20 Minuten Arbeit.
Zwei Tage später will sie sich mit der Firma in Verbindung setzen. Doch die Telefonnummer ist nicht mehr in Betrieb, die Internetseite tot.
Monteure meist Amateure
So wie die beiden BLICK-Leser werden in der Schweiz täglich Dutzende Kunden über den Tisch gezogen. «Die Masche ist immer dieselbe», sagt Roland Studer (44). Über 20 Jahre Berufserfahrung bringt der Schweizer Inhaber der gleichnamigen Schlüsselfirma mit.
Oft ist es gar nicht nötig, ein Schloss aufzubohren, sagt er. Diese dreisten Monteure seien Amateure, «die mit schwerem Werkzeug harte Arbeit vortäuschen», sagt Studer. Die Türen der beiden Leser hätte der Profi ohne Beschädigung aufgekriegt. Für 330 Franken.
Wie eine Mafia
Studer spricht von einem dichten Geflecht von Firmen, die ahnungslose Kunden hierzulande abzocken. Er schätzt, dass über 80 Prozent der Kunden in einer Notsituation an solche unseriösen Schlüsseldienste geraten.
Weil diese unter lokalen Telefonnummern im Internet oder Telefonbuch zu finden sind, scheinen sie seriös. Doch die Anrufe werden zu deutschen Callcentern umgeleitet. Diese stehen in Kontakt mit Monteuren, die auf eigene Rechnung arbeiten.
«Die Handwerker sacken 70 Prozent ein, 30 Prozent gehen an die Schlüsselmafia», weiss Studer. Alles sei bestens organisiert, eine Rückverfolgung schwierig.
BLICK-Recherchen zeigen: Bei den meisten Schlüsseldiensten, die sich bei Google einkaufen, um auf den vorderen Plätzen zu landen, handelt es sich um Abzockerfirmen mit unzähligen Ablegern im Netz. Meist betrieben von deutschen Marketing- und Softwarefirmen.
Polizei ist machtlos
Der Konsumentenschutz bestätigt die BLICK-Recherchen. «Die Drahtzieher sitzen vornehmlich in Deutschland», sagt Geschäftsleiterin Sara Stalder (50). «Deren Schweizer Ableger verursachen hohe Kosten und verrichten lausige Arbeit.»
BLICK versucht, die Hintermänner der Schlüsselmafia zu kontaktieren. Telefonanrufe laufen ins Leere, E-Mails werden nicht beantwortet. Eine Firma taucht bei diesen Machenschaften immer wieder auf: die DHE – Haus- & Gebäudetechnik GmbH. Geschäftsführer ist Thomas M.* Verschiedene deutsche Medien berichteten bereits über die Masche des Abzockers.
Die Polizei ist machtlos. «Solange keine Anzeigen eingehen, sind uns die Hände gebunden», sagt die Kantonspolizei Zürich.
* Namen von der Redaktion geändert
- In der Not nicht überhastet reagieren.
- Rufen Sie die Hausverwaltung an. In den meisten Fällen existiert ein Ersatzschlüssel.
- Überprüfen Sie, ob Sie sich auch anders Zugang zur Wohnung verschaffen können. Vielleicht steht ein Kippfenster offen.
- Falls Sie einen Schlüsseldienst brauchen, melden Sie sich bei der Polizei. Einige führen Listen mit seriösen Schlüsseldiensten. Zum Beispiel die Stadtpolizei Zürich.
- Suchen Sie im Internet nach regionalen Schlüsseldiensten. Diejenigen Firmen, die an erster Stelle im Internet auftauchen, sind nicht immer die besten.
- Jeder seriöse Schlüsseldienst kann Ihnen die Kosten am Telefon vorrechnen.
- Suchen Sie nach einer Preisliste auf der Internetseite des Schlüsseldienstes.
- Verlangen Sie vom Monteur eine detaillierte Rechnung.
- Ein seriöser Handwerker verlangt von Ihnen immer einen Ausweis.
- Zahlen Sie nicht vor Ort, fordern Sie eine Rechnung.
- Zwar variieren die Preise auch bei seriösen Firmen, doch Beträge ab 450 Franken sollten Sie stutzig machen.
- In der Not nicht überhastet reagieren.
- Rufen Sie die Hausverwaltung an. In den meisten Fällen existiert ein Ersatzschlüssel.
- Überprüfen Sie, ob Sie sich auch anders Zugang zur Wohnung verschaffen können. Vielleicht steht ein Kippfenster offen.
- Falls Sie einen Schlüsseldienst brauchen, melden Sie sich bei der Polizei. Einige führen Listen mit seriösen Schlüsseldiensten. Zum Beispiel die Stadtpolizei Zürich.
- Suchen Sie im Internet nach regionalen Schlüsseldiensten. Diejenigen Firmen, die an erster Stelle im Internet auftauchen, sind nicht immer die besten.
- Jeder seriöse Schlüsseldienst kann Ihnen die Kosten am Telefon vorrechnen.
- Suchen Sie nach einer Preisliste auf der Internetseite des Schlüsseldienstes.
- Verlangen Sie vom Monteur eine detaillierte Rechnung.
- Ein seriöser Handwerker verlangt von Ihnen immer einen Ausweis.
- Zahlen Sie nicht vor Ort, fordern Sie eine Rechnung.
- Zwar variieren die Preise auch bei seriösen Firmen, doch Beträge ab 450 Franken sollten Sie stutzig machen.
Die neuste Masche der Abzockerfirmen: Sanitärdienstleistungen. Ob verstopfte Toiletten oder defekte Waschbecken – auf der Internetseite Reklamationszentrale.ch beschweren sich Kunden über horrende Preise, schlechten Service und aggressives Auftreten der Handwerker. Genannt werden vor allem die Firmen 24h Facility Management oder Rohr 24. Laut geprellten Kunden kostet bei diesen Unternehmen die Reparatur einer verstopften Toilette oder eines defekten Rohrs schnell einmal 2700 Franken. Auch hier führen die Spuren nach Deutschland. «In den meisten Fällen handelt es sich um die gleichen Unternehmen, die auch Schlüsseldienste anbieten», sagt Schlüsselprofi Roland Studer. Oft verschwinden die Firmen-Webseiten nach Reklamationen von Kunden vom Netz. Kurze Zeit später tauchen sie unter neuem Namen wieder auf.
Die neuste Masche der Abzockerfirmen: Sanitärdienstleistungen. Ob verstopfte Toiletten oder defekte Waschbecken – auf der Internetseite Reklamationszentrale.ch beschweren sich Kunden über horrende Preise, schlechten Service und aggressives Auftreten der Handwerker. Genannt werden vor allem die Firmen 24h Facility Management oder Rohr 24. Laut geprellten Kunden kostet bei diesen Unternehmen die Reparatur einer verstopften Toilette oder eines defekten Rohrs schnell einmal 2700 Franken. Auch hier führen die Spuren nach Deutschland. «In den meisten Fällen handelt es sich um die gleichen Unternehmen, die auch Schlüsseldienste anbieten», sagt Schlüsselprofi Roland Studer. Oft verschwinden die Firmen-Webseiten nach Reklamationen von Kunden vom Netz. Kurze Zeit später tauchen sie unter neuem Namen wieder auf.