Darum gehts
- Schweizer zieht es nach Dubai. Viele Vorteile, aber auch Nachteile
- Dubai bietet Sicherheit, Effizienz und Weltoffenheit für Auswanderer
- 4200 Schweizer leben in den VAE, die meisten davon in Dubai
Dubai zieht auswanderungswillige Schweizer an wie ein Magnet. Laut der Schweizer Botschaft in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) leben bereits rund 4200 Schweizerinnen und Schweizer in der Wüste. Die allermeisten in Dubai. Tendenz steigend.
Nico Tschanz (36) ist einer von ihnen. Er hat sich vor vier Jahren seine Pensionskassengelder auszahlen lassen und ist nach Dubai gezogen. «Da bin ich ein Risiko eingegangen», sagt der Mann aus Mühleberg BE lachend, als ihn Blick in Bern zum Gespräch trifft. Er weilt für kurze Zeit in der Hauptstadt, weil ihn die Auslandschweizer-Organisation (ASO) soeben zu ihrem Vertreter in den VAE gewählt hat.
Dubai habe er sich nicht bewusst ausgesucht. Sein damaliger Arbeitgeber UBS bot ihm eine befristete Stelle in der Vermögensverwaltung in Dubai an. «Mein Vorgänger sagte mir, am dortigen Finanzplatz gehe die Post viel mehr ab als etwa in London oder New York», so Tschanz.
Dennoch war er skeptisch: «Ich hatte, so wie viele Schweizer, Vorurteile und dachte, dort gebe es nur Luxus, Oberflächlichkeit und Leute mit Schönheitsoperationen.» Schon nach zwei Wochen hatte er seine Meinung geändert. Nach Ablauf des sechsmonatigen UBS-Mandats erhielt er von der Bank einen lokalen Arbeitsvertrag.
Sicher, optimistisch, effizient ...
Vor einem Jahr wagte Tschanz dann den Schritt in die Selbständigkeit. Er gründete mit drei Freunden eine eigene Vermögensberatungsfirma namens Dexbridge Capital. «Die Firmengründung war unkompliziert», sagt er. Seine Lizenz als unabhängiger Finanzberater erhielt er in der Freihandelszone ADGM (Abu Dhabi Global Markets), weshalb die Firma im knapp eineinhalb Stunden entfernten Abu Dhabi liegt. Tschanz wohnt aber weiterhin in Dubai.
Mit seiner Firma berät er vermögende Kunden zu Investment-Portfolios, die Einkommen generieren. «Zum Beispiel, um Mittel für die Pension zu haben, weil das System der Altersversorgung in Dubai nicht so ausgeprägt ist wie in der Schweiz.» Er arbeite bewusst mit Schweizer Banken zusammen, «um Schweizer Qualität mit den Chancen in den VAE zu verbinden». Bislang lebt er gut davon.
Dazu gefällt ihm die Vielseitigkeit der Stadt: 200 Nationalitäten, 64 Prozent der Bevölkerung sind zwischen 25 und 54 Jahre alt, weniger als 2 Prozent sind älter als 65. Dubai habe damit eine enorme Energie, die Menschen seien aktiv, ambitioniert, weltoffen und positiv. «Schweizer wirken dagegen oft wie Jammeri», sagt der Berner schmunzelnd.
Dubai sei zudem sehr sicher: «Man kann sein Handy am Strand locker auf dem Badetuch zurücklassen.» Inzwischen dürfe man auch während des Ramadans draussen essen. Dazu lebt Dubai rund um die Uhr. «Mein Auto habe ich an einem Sonntagabend innert 30 Minuten eingelöst», erzählt er. Dank fortgeschrittener Digitalisierung sei der Prozess schnell und unkompliziert gewesen.
... aber auch verstopft und stickig
Klingt toll. Doch was ist mit den sozialen und ökologischen Konsequenzen, die der enorme Wirtschaftsboom mit sich bringt?
Tschanz räumt ein: «Mich stört das soziale Gefälle in der Stadt.» Die Lohnspanne reiche von Monatseinkommen von 1500 AED (330 Franken) bis zu 100'000 AED (22'000 Franken) – und weit darüber. «Trotz des vielen Luxus hat die Mehrheit tiefe Löhne und wenig Rechte», hält er fest. Zu schaffen machen ihm auch die oft sehr schlechte Luftqualität und der dichte Verkehr.
Immerhin: Frauen würden nicht unterdrückt, sondern in vielen Bereichen gefördert. Nur in Sachen Sittlichkeit kennt man im Emirat keinen Spass: «Liebkosungen in der Öffentlichkeit gehen gar nicht», sagt Tschanz. Die LGBTQ-Szene werde toleriert, sofern sie in der Öffentlichkeit nicht zu exzentrisch auftrete. Formell ist Homosexualität in den VAE aber verboten.
Für die Standortattraktivität sei all dies kein Nachteil. Im Jahr 2024 verzeichnete Dubai den weltweit höchsten Netto-Zuzug von Millionären – insgesamt 6700 davon. Die tiefen Steuern, die stabile, weil an den Dollar gekoppelte Währung, die effiziente Verwaltung und das gute Gesundheitssystem wirken anziehend.
Wird Tschanz jemals wieder in die Schweiz zurückkehren? Der Berner winkt ab: «Ich kann mir aktuell nicht vorstellen, an einem anderen Ort zu leben.» Die Vorteile überwiegen die Nachteile klar. Er vermisse zwar seine Familie in der Schweiz, aber in der lebendigen Schweizer Gemeinschaft in Dubai, etwa als Mitglied des Swiss Business Councils, fühle er sich gut aufgehoben. Zudem sei die Schweiz nur sechs Flugstunden entfernt.