Darum gehts
- Trump schwärmt regelmässig vom 25. US-Präsidenten William McKinley
- Für ihn ist McKinley der Beweis, dass Zölle Wohlstand schaffen
- McKinley plädierte aber in seiner letzten Rede für massiv mehr Freihandel
«Zoll» ist das Lieblingswort von Donald Trump (79). Das sagt er selbst. Noch besser: die Pluralform. Denn der derzeitige US-Präsident verhängt Zölle, was das Zeug hält.
Das bekommt auch die Schweiz zu spüren: Zum 1. August verkündete Trump den 39-prozentigen Strafzoll gegen Importe aus der Eidgenossenschaft. Erst kürzlich, am 26. September, folgte die Ankündigung der Mega-Zölle auf Markenmedikamente und patentierte Pharmaprodukte.
Dass ausgerechnet Trump – langjähriger Geschäftsmann und versierter Kenner der Finanzbranche – zu solchen Mitteln greift, um «Amerika wieder gross zu machen», sorgt bei Experten für Stirnrunzeln. Denn die Wissenschaft zeigt: Langfristig schaden Strafzölle einer Wirtschaft oft mehr, als sie ihr nutzen.
«Zollkönig» William McKinley
Seit seinem zweiten Amtsantritt und während des Wahlkampfs nannte Trump aber stets einen Namen, der das Gegenteil beweisen soll. Ein Beispiel dafür, dass seine Strafzölle den ultimativen Wohlstand der Amerikaner herbeiführen werden. Denn bei seinem Amtsvorgänger und Vorbild William McKinley war das schliesslich auch so. McKinley habe die USA im 19. Jahrhundert durch Zölle reich gemacht, so die Aussage Trumps. Doch der derzeitige Präsident hat bei seiner Geschichtslektüre Entscheidendes übersehen.
Der 25. Präsident der Vereinigten Staaten, der selbst unter Historikern ein Schattendasein fristete, war von 1897 bis zu seinem Tod am 14. September 1901 das Staatsoberhaupt des Landes. Und auch McKinley war anfangs gegenüber einer verstärkten Einführung von Zöllen nicht abgeneigt. Noch als Abgeordneter entwarf er 1890 ein Gesetz, das später als der McKinley-Tarif bekannt wurde. Darin wurde ein Einfuhrzoll auf die meisten importierten Industriegüter von etwa 50 Prozent eingeführt.
Über diese Tatsache ist Trump schlichtweg begeistert. Er sieht darin den Grund für Amerikas damaligen Wohlstand. Vergangenes Jahr nannte er McKinley einen «stark unterschätzten» Präsidenten, einen «sehr guten Geschäftsmann» und krönte ihn gar zum «Zollkönig». Den höchsten Berg Nordamerikas benannte er wieder in Mount McKinley um.
Experten widersprechen
Douglas Irwin (62), Wirtschaftsprofessor in Dartmouth und Experte für McKinleys Steuerpolitik, erklärt gegenüber CNN: «Das gesamte späte 19. Jahrhundert war eine Periode der Expansion.» Und weiter: «Die Zölle selbst haben wahrscheinlich keinen grossen Unterschied gemacht – so oder so.»
Stattdessen waren es laut Irwin technologische Fortschritte wie Elektrizität, Telekommunikation und der Ausbau der Eisenbahn, die das Wirtschaftswachstum ankurbelten. Auch die damalige Einwanderungspolitik, die Trump heute ablehnen würde, trug massgeblich zum Wohlstand bei.
Am meisten würde Trump aber wohl McKinleys plötzlichen Sinneswandel gegenüber Zöllen irritieren. In seiner letzten Rede plädierte der damalige Präsident für mehr Freihandel. Weg vom Protektionismus und hin zur Öffnung der Märkte. Einen Tag später wurde er bei einem Attentat tödlich verwundet und starb wenige Tage später.