Darum gehts
Jana Spiser hat eine Hunde- und Katzenpension – und grosse Geldsorgen. «Darum war ich schon länger verzweifelt auf der Suche nach einem Zusatzverdienst», sagt sie zum Beobachter. Auf Facebook stösst die 48-Jährige, die tatsächlich anders heisst, auf ein Inserat, das einfach verdientes Geld verspricht. «Ich bin normalerweise vorsichtig.»
Spiser verpflichtet sich, 30 Reisen des schottischen Reisebüros Macs Adventure zu bewerten. Aber nicht, indem sie dafür eigens nach Hanoi, Mailand oder an den Titicacasee reist. Sie muss vorformulierte Fake-Bewertungen verfassen und bekommt dafür eine Provision.
Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.
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Allerdings: Bevor man ihr etwas auszahlt, muss sie selbst zahlen. Und zwar ein Deposit, das je nach Reise unterschiedlich hoch ist. Erst wenn sie den Betrag eingezahlt hat, wird ihr dieser zuzüglich einer Provision wieder gutgeschrieben. Abgewickelt wird alles über eine Plattform. Auf dieser hat Spiser ein Kryptokonto und sieht, wie hoch ihr aktueller Saldo ist. Die Plattform weist Spiser auch die Reisen zu. Der gesamte «Verdienst» soll erst zum Schluss ausbezahlt werden, also nach der dreissigsten Bewertung.
Niemals Kryptos einzahlen!
Myriam Dunn Cavelty ist stellvertretende Leiterin für Forschung und Lehre am Center for Security Studies (CSS) der ETH Zürich. Sie sagt: «Man sollte niemals etwas einzahlen. Schon gar nicht in Kryptowährungen.»
Kryptos seien schwierig nachzuverfolgen und würden darum von Betrügern besonders gern genutzt. «Betrüger spielen mit der Psyche ihrer Opfer, mit Hoffnungen und der Gier nach einem Gewinn.» Nur so sei zu erklären, dass man Geld zahlt, obwohl man welches verdienen will.
Übrigens: Gut möglich, dass das schottische Reisebüro selbst Opfer des Betrugs geworden ist – dass die Betrüger sich beispielsweise als dieses ausgeben oder die Website geklont haben. Auf eine entsprechende Anfrage bekam der Beobachter keine Antwort.
Andere posten Banküberweisungen
Auch Spiser zweifelt immer mal wieder. Ist das wirklich alles seriös? Vertrauen gibt ihr allerdings eine Whatsapp-Gruppe, zu der sie hinzugefügt wird. Diese besteht aus vielen anderen, die offenbar genau das Gleiche tun wie sie – und damit offensichtlich reich werden. Sie posten laufend Screenshots von Bankbelegen, die hohe Transaktionen ausweisen. «Wäre das Ganze ein Betrug, hätte sich doch jemand in dieser Gruppe gemeldet», denkt Spiser.
Doch für Expertin Dunn Cavelty ist klar: «Bei den Teilnehmenden dieser Gruppe handelt es sich höchstwahrscheinlich um Fake-Accounts oder um Leute aus dem Umfeld der Betrüger. Die geposteten Bilder sind wohl gefälscht.»
Viel Geld verloren
Die Deposits, die man von Spiser fordert, werden mit jeder Reise höher. Insgesamt zahlt Spiser rund 20’000 Franken ein. Und dann steht die dreissigste und damit letzte «Bewertung» an. Das Deposit: nochmals 20’000 Franken. Geld, das Spiser nicht hat. Aber eine Wahl hat sie offenbar auch nicht: Nur wenn sie diese letzte Zahlung leistet, besteht überhaupt noch die Möglichkeit, dass sie Geld sieht. Sonst ist sowieso alles verloren. Sie weiss nicht, was sie nun tun soll. Überlegt sich, das Geld auszuleihen.
Doch Dunn Cavelty warnt. «Man sollte auf keinen Fall weiter zahlen, sondern sich bei der Polizei und beim Bundesamt für Cybersicherheit melden.» Cyberkriminelle würden ihre Opfer geschickt unter Druck setzen, immer weitermachen zu müssen. Auch das sei eine bewährte Masche, so die Expertin.
Auch der Beobachter hat Spiser dringend davon abgeraten, noch mehr Geld zu überweisen. Ganz im Sinne von: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.