Nati-Leaderin Corin Rüttimann
«Auch vor WM Nummer acht kribbelt es extrem»

Die Churerin Corin Rüttimann läuft in wenigen Tagen an ihrer achten Weltmeisterschaft auf und wird damit zur alleinigen Rekordspielerin für die Schweizer Unihockey-Nationalmannschaft.
Publiziert: 30.11.2023 um 10:38 Uhr
Ein Händchen für Stock und Ball: Rüttimann spielt Unihockey, seit sie acht Jahre alt ist.
Foto: BENJAMIN SOLAND
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Nina KöpferRedaktorin Sport

Was haben Fussballer Granit Xhaka und Unihockeyspielerin Corin Rüttimann gemeinsam? Beide leben für den Sport. Beide dürfen den Rekord für die meisten Nati-Spiele in ihrer jeweiligen Sportart für sich beanspruchen.

Beide sind erfahrene Leader in der Nationalmannschaft. Trotz dieser Gemeinsamkeiten könnte sich der Alltag dieser beiden Sportler nicht stärker unterscheiden. Obschon Rüttimann mit ihren 135 Nati-Spielen Xhaka mit seinen 121 Spielen in den Schatten stellt, beinhaltet ihr Sportlerdasein sehr viel weniger Glamour. Die Stürmerin balanciert stets zwischen Spitzensport und Berufsalltag. Obwohl sie zu den besten Spielerinnen der Welt gehört, arbeitet die Churerin zu 80 Prozent. Vom Sport leben? Davon können auch Spitzenspielerinnen wie Rüttimann in der Schweiz nur träumen.

Das erste Mal einem Unihockeyball hinterhergejagt ist Rüttimann als Achtjährige beim UHC Wildcats Schiers. Nach dem Umzug der Familie vom Prättigau nach Chur musste sie sich bei Piranha Chur beweisen. Denn sie gehörte mit Abstand zu den jüngsten im Team. «Ich erinnere mich noch, wie mein Vater gesagt hat: Corin, heute musst du einfach kämpfen. Also bin ich beim Probetraining gerannt, als gäbe es kein Morgen.» Rüttimann schaffte den Sprung ins Team und blieb den Piranhas – abgesehen von zwei Abstecher nach Schweden – die nächsten 20 Jahre treu. In diesem Frühling jedoch änderte sich das. Rüttimann wechselte zum ersten Mal in ihrer Karriere den Club innerhalb der Schweiz und scort nun für Zug United Unihockey.

Emotionales Aufeinandertreffen

«Chur zu verlassen, fiel mir nicht leicht. Aber irgendwann kommt der Punkt, an dem die berufliche Karriere mindestens so wichtig wird wie die sportliche», erzählt die Bündnerin beim Treffen in Chur. Doch die Zuger lockten die Churer Rekord-Torjägerin nicht nur mit neuen sportlichen Herausforderungen in die Innerschweiz – ausschlaggebend war ein Jobangebot: «Zug organisierte mir eine spannende Stelle in der Berufsbildung vom Pharmahersteller Johnson&Johnson. Dieses Angebot konnte ich nicht ablehnen.»

Auf die Frage, wie das erste Aufeinandertreffen mit dem Ex-Club gelang, schüttelt Rüttimann schnell den Kopf, als wolle sie die Erinnerung gleich wieder loswerden. «Das war gar nicht cool. Es fiel mir schwer, die privaten Freundschaften und den Sport zu trennen. Obwohl ich die Unterstützung meines Teams spürte, spielte ich grottenschlecht! Nach dem Match habe ich mich bei meinen Mitspielerinnen entschuldigt.»

Kurz vor Weihnachten wird Rüttimann zum ersten Mal im Trikot von Zug United auswärts in Chur spielen. Davor schaudert ihr schon jetzt – obwohl es auch zwischen den Churer Fans und der Ex-Kapitänin kein böses Blut gibt. «Chur hat meinen Wechsel mit viel Verständnis akzeptiert. Trotzdem wünsche ich mir, dass die Spiele gegen Chur jeweils so schnell wie möglich vorbeigehen.»

Erinnerungen aus 135 Partien

Bevor es so weit ist, steht nun die Weltmeisterschaft an. 135 Spiele für die Nationalmannschaft hat Corin Rüttimann im Moment auf dem Konto. Im Idealfall kommen zwischen dem 2. und 10. Dezember sieben weitere dazu – so viele Spiele sind mindestens nötig, um sich an der WM in Singapur den Titel zu holen. An Gold geschnuppert hat Rüttimann schon einmal. 2019 an der Heim-WM in Neuenburg, als das Team knapp mit 2 zu 3 gegen die Schwedinnen verlor.

Der Weg dorthin führte im Halbfinale über Tschechien. Dieses dramatische Spiel gehört noch immer zu Rüttimanns liebsten Erinnerungen aus über 14 Jahren Nationalteam. «Das Wunder von Neuenburg. Bis drei Minuten vor Schluss lagen wir noch mit mehreren Toren zurück – und doch schafften wir es, diesen Match in der Verlängerung zu gewinnen. Solche Emotionen habe ich seither an keiner WM erlebt!»

Skeptisch ins Asien-Abenteuer

Nun steht für die Churerin die achte Weltmeisterschaft an. Kribbelt es da überhaupt noch? «Oh ja! Ich spiele unglaublich gerne für die Nati und Weltmeisterschaften sind immer etwas Aussergewöhnliches.» In diesem Jahr trifft das sogar doppelt zu. Einerseits, weil fast die Hälfte des Kaders zum ersten Mal an einer WM dabei ist. Andererseits, weil die Weltmeisterschaft in diesem Jahr in Singapur stattfindet.

Die Spiele der Schweizer Unihockey-Nati an der WM in Singapur vom 2. bis 10. Dezember

Die Schweizerinnen als Weltnummer drei messen sich in Gruppe A mit Vize-Weltmeister Finnland, Norwegen (Weltnummer 7) und Lettland (Weltnummer 8).

In Gruppe B befinden sich die vier weiteren Top-Nationen, darunter auch Serienweltmeister Schweden. Die zwei besten Teams aus den Gruppen A und B sind direkt für die Viertelfinals qualifiziert. Die restlichen Teams können sich über eine Playoff-Runde für die K.o.-Phase qualifizieren.

Die Gruppenspiele der Schweizerinnen:

Sa., 02. Dez. 10:00 Uhr (17:00 Uhr Ortszeit) Schweiz - Norwegen
So., 03. Dez. 10:00 Uhr (17:00 Uhr Ortszeit) Finnland - Schweiz
Mo., 04. Dez. 13:00 Uhr (20:00 Uhr Ortszeit) Lettland - Schweiz

Die Schweizerinnen als Weltnummer drei messen sich in Gruppe A mit Vize-Weltmeister Finnland, Norwegen (Weltnummer 7) und Lettland (Weltnummer 8).

In Gruppe B befinden sich die vier weiteren Top-Nationen, darunter auch Serienweltmeister Schweden. Die zwei besten Teams aus den Gruppen A und B sind direkt für die Viertelfinals qualifiziert. Die restlichen Teams können sich über eine Playoff-Runde für die K.o.-Phase qualifizieren.

Die Gruppenspiele der Schweizerinnen:

Sa., 02. Dez. 10:00 Uhr (17:00 Uhr Ortszeit) Schweiz - Norwegen
So., 03. Dez. 10:00 Uhr (17:00 Uhr Ortszeit) Finnland - Schweiz
Mo., 04. Dez. 13:00 Uhr (20:00 Uhr Ortszeit) Lettland - Schweiz

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Die Freude über den exotischen Austragungsort hält sich bei Rüttimann allerdings in Grenzen – die Unsicherheit überwiegt: «In Europa weisst du meistens, was dich erwartet. In Asien hingegen war ich noch nie. Alles ist etwas komplexer. Für die Anreise nach Singapur hat unser Teamarzt beispielsweise ein Schlafmittel empfohlen, damit der Jetlag weniger heftig wird.» Dann kommt die Sache mit dem Essen dazu. «Scharf ist gar nicht mein Ding. Und – ich finde Reis einfach langweilig», erzählt die Churerin lachend. Sie bevorzugt Capuns. Was die Kulinarik angeht, sei sie halt Bündnerin durch und durch.

Ob das Asien-Abenteuer ihre letzte WM wird, lässt Corin Rüttimann noch offen. Im April, wenn die Saison vorbei ist und ihr Vertrag in Zug ausläuft, will sie sich Gedanken über ihre Zukunft machen. Vorerst aber liegt der Fokus auf der Weltmeisterschaft.

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