Darum gehts
- Daniela Ryf findet nach ihrer Triathlonkarriere einen neuen Sinn im Leben
- Engagement in Kenia: Die Ryf-Stiftung bietet Kindern tägliche warme Mahlzeiten
- Ryf verzeichnete in ihrer Karriere zehn Weltmeistertitel und vier Ironman-Siege auf Hawaii
Zehn Weltmeistertitel, vier Ironman-Siege auf Hawaii – und unzählige weitere Triumphe: Daniela Ryf (38) war über ein Jahrzehnt lang die dominierende Figur im Triathlon. Nun steht sie im Zentrum des Dokumentarfilms «Das Leben nach dem Spitzensport», der Einblick in ihre Karriere und in ihr neues Leben gibt.
Doch der Weg dahin war alles andere als gradlinig. 2014 wollte sie den Ironman auf Hawaii eigentlich noch gar nicht bestreiten. Trainer Brett Sutton drängte sie jedoch zum Start. «Wenn du nicht mitmachst, coache ich dich nicht weiter», sagte er zu Ryf. «Ich wollte nicht. Ich fühlte mich nicht bereit», erinnert sie sich. Doch sie sprang ins kalte Wasser, im wahrsten Sinn.
Der Entscheid wurde zum Wendepunkt: Der zweite Platz bei ihrer ersten Hawaii-Teilnahme öffnete die Tür zu einer goldenen Ära.
«Manchmal stirbt ein Teil von dir – bei mir nicht»
Heute, rund ein Jahr nach ihrem Rücktritt, sagt Ryf im Dokumentarfilm: «Viele sagen: Wenn du aufhörst, stirbt ein Teil von dir. Dieses Gefühl habe ich null.» Die Frau, die heute in Günsberg SO wohnt, wirkt befreit. Nach Jahrzehnten des Trainings und Leidens darf sie einfach sein. «Am Anfang hatte ich das Gefühl, wieder atmen zu können. Manchmal habe ich fast das Gefühl, ich kann jetzt mehr sein als früher.»
Ryf hat gelernt, dass Sinn mehr zählt als Siege. Schon in ihren letzten Jahren auf der Rennstrecke fehlte ihr zunehmend die Motivation, «nur für mich» zu gewinnen. «Ich fragte mich: Was bringt es der Welt, wenn ich noch einmal Weltmeisterin werde?»
Neue Projekte, neue Leidenschaft
Ryf geniesst heute ein Leben mit mehr Freiheit und weniger Druck. Sie ist Botschafterin ihres langjährigen Sponsors, arbeitet bei einem Schweizer Fitness-Start-up und engagiert sich mit Charity-Bike-Safaris in Afrika für soziale Projekte. Zum Ausgleich spielt sie hin und wieder Beachvolleyball mit ihrer Freundin und Olympia-Bronzemedaillengewinnerin Anouk Vergé-Dépré (33). «Ich liebe es, mich zu bewegen, aber ohne Zielzeiten oder Wattzahlen im Kopf», sagt sie.
Gemeinsam mit ihrer Partnerin Jennifer Estes pendelt Ryf zwischen ihrem Haus mit Pool in Günsberg und einer Wohnung in Zürich. Dort verbringt das Paar viel Zeit mit Freunden und geniesst, wie Ryf sagt, «ein ganz normales Leben fernab des Wettkampfstresses».
Von der Qualle zur Klarheit
Einer ihrer prägendsten Momente bleibt der Ironman 2018. Damals wurde sie im Wasser von einer Qualle gestochen, musste sich durchquälen und gewann trotzdem. «Ich konnte kaum atmen, aber ich wollte das Rennen einfach beenden», sagt sie. Diese Haltung, nie aufzugeben, selbst im Schmerz, zieht sich bis heute durch ihr Leben.
Ryf wirkt ruhiger, geerdeter. «Ich fühle mich erfüllt, vielleicht sogar mehr als damals als Sportlerin», sagt sie. Ihr neues Leben sei vielfältig, manchmal chaotisch, aber genau das liebe sie. «Ich mache jetzt Sachen, bei denen ich noch ein Rookie bin. Und das fühlt sich richtig an.»