Alexis Monney (25) blickt auf schwierige Wochen zurück. In den ersten sechs Speed-Rennen war der letztjährige Bormio-Triumphator nie besser als Neunter. An seinem Selbstvertrauen genagt haben vor allem die Rennen in Gröden (12. im Super-G, Out in der Originalabfahrt). «Egal, was ich auf der Saslong probiert habe – es hat mich immer extrem nach hinten gedrückt. Und als ich die Piste mit dem extrem trockenen Schnee in Livigno besichtigt habe, befürchtete ich, dass mir hier das genau Gleiche passiert.»
Doch sein Servicemann Sepp Lauber hat nach Gröden die richtigen Schlüsse gezogen und das Set-up angepasst. Eine fehlerfreie Fahrt gepaart mit dem richtigen Material führen dazu, dass Monney beim ersten Weltcuprennen im italienischen Livigno hinter dem Österreicher Marco Schwarz auf den zweiten Platz fährt. «Das freut mich sehr, obwohl es mich natürlich auch ein wenig fuchst, weil mir nur zwei Zehntel auf den Sieg fehlen», sagt der 25-Jährige, der bei der letzten WM-Abfahrt die Bronzemedaille gewonnen hat.
Monneys Vater Louis, der in den späten 90er-Jahren Didier Cuche als Trainer an die Weltspitze geführt hat, erkannte mit seinem Röntgenauge, «dass Alexis diese starke Zeit herausgefahren hat, obwohl er nicht voll am Limit war. Das stimmt mich für die kommenden Rennen besonders zuversichtlich.»
Odermatt profitiert trotz knapp verpasstem Podestplatz
Fünf Hundertstel hinter Monney klassiert sich Abfahrtsweltmeister Franjo von Allmen (24) auf dem 3. Rang. Damit kann der Berner Oberländer, der bei den Super-G in Beaver Creek und Gröden gestürzt ist, gut leben. «Nach den beiden Nullern bin ich mit diesem Ergebnis sehr zufrieden. Wenn ich im letzten Abschnitt etwas mehr taktiert hätte, wäre wahrscheinlich noch mehr möglich gewesen.»
Obwohl Marco Odermatt (28) als Vierter das Podest um vier Hundertstel verpasst, macht er im Kampf um die kleine Super-G-Kugel einen wichtigen Schritt. Weil seine gefährlichen Austria-Widersacher Vincent Kriechmayr und Raphael Haaser im Zielhang ausscheiden, baut Odermatt seine Führung in der Disziplinen-Gesamtwertung um 50 Punkte aus. Die Vorbereitung auf dieses Rennen ist für den vierfachen Gesamtweltcupsieger jedoch alles andere als optimal verlaufen. «Marco hat zwei Nächte lang kaum geschlafen, weil er von einer Erkältung geplagt wurde», erzählt Physiotherapeut Rene van Engelen. Odermatt selbst relativiert: «Bei der Anreise nach Livigno habe ich mich nicht wirklich gut gefühlt, aber am Renntag hat es tipptopp gepasst. Und wenn ich nicht zwei Fehler gemacht hätte, wäre ich sicher noch weiter vorn.»
Stellt sich die Frage, ob der Super-G in Livigno auch in Zukunft im Weltcup-Kalender figurieren sollte? «Diese Piste ist nicht im Ansatz vergleichbar mit der sehr schwierigen Stelvio in Bormio, zudem ist sie mit einer Fahrzeit von rund einer Minute und zehn Sekunden eher kurz», findet von Allmen: «Aber es hat mir Spass gemacht, hier zu fahren. Und wenn wir hier vielleicht etwas weiter oben starten könnten und der Schnee besser präpariert wird, könnte Livigno ein sehr interessanter Weltcup-Ort werden.»
Klare Ansagen
Mit einer besseren Präparation meint von Allmen vor allem viel mehr Wasser. Weil die FIS aber bereits in den vorherigen Rennen auf das Vereisen der Piste verzichtet hat, spricht alles dafür, dass die sportliche Leitung des internationalen Ski-Verbandes einen neuen Trend verfolgt. Aber kann mit weniger Eis das Verletzungsrisiko minimiert werden?
Marco Odermatt glaubt an das Gegenteil: «Das Rennen auf dieser Unterlage war unbestritten fair, schliesslich ist mein Kumpel Marco Kohler mit der Startnummer 49 auf den elften Rang gefahren. Aber ich fürchte den aggressiven Schnee wie hier in Livigno sehr viel mehr als eine gute Eispiste. Den Innenski frisst es dir bei solchen Verhältnissen viel schneller, und deshalb glaube ich nicht, dass wir dadurch weniger Verletzungen haben werden.»
Franjo von Allmen legt nach: «Diese ungewässerten Pisten sind total gaga! Es ist viel weniger gefährlich, wenn eine Strecke mit ordentlich Wasser geeist wird, als wenn es bei jedem zweiten Tor Löcher hat.» Was sagt Alexis Monney dazu? «Ich halte es für wichtig, dass wir im Weltcup möglichst viele Rennen mit unterschiedlichem Charakter haben. Wenn wir jetzt nur noch Rennen auf derart aggressivem Schnee haben, fände ich das nicht gut. Ohne Eispisten wie früher in Bormio oder Kitzbühel haben wir nicht mehr dieselbe Show.»
Das sieht auch Österreichs Ski-Experte Hans Knauss so, er bricht aber eine Lanze für die Pisten-Crew in Livigno: «Gemäss meinen Informationen hat man die Piste mit Wasser bestückt, das Ganze ist aber sofort wieder vertrocknet.»