Olympiasieger Feuz prophezeit heissen Weltcup-Winter
Holt Meillard vor Odermatt die grosse Kugel?

Blick stellt vor dem Start in den Weltcup-Winter einige Thesen zur kommenden Männer-Saison auf. Realistisch oder absolut Gaga? Abfahrts-Olympiasieger Beat Feuz (38), der einen Grossteil der Rennen für SRF kommentieren wird, gibt die Antworten.
Publiziert: 12:15 Uhr
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Aktualisiert: 13:59 Uhr
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Im Februar 2022 hat Beat Feuz in Peking seiner Karriere mit dem Gewinn von Olympiagold die Krone aufgesetzt.
Foto: ZUMAPRESS.com/freshfocus

Darum gehts

  • Beat Feuz diskutiert Weltcup-Prognosen für die kommende Ski-Saison
  • Odermatt bleibt Favorit für Gesamtweltcup trotz weniger Abfahrten
  • Hirscher wird nach Kreuzbandriss mindestens einmal in Top 10 fahren
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Marcel W. PerrenSki-Reporter

Weil in diesem Winter weniger Abfahrten auf dem Programm stehen, wird Meillard vor Odermatt den Gesamtweltcup gewinnen
Beat Feuz: «Diese These kann ich nicht unterschreiben. Marco hat in den letzten vier Jahren ausnahmslos den Gesamtweltcup gewonnen, obwohl es fast in jeder Saison ein oder zwei Slaloms mehr gegeben hat, weil irgendwo eine Abfahrt dem Wetter zum Opfer gefallen ist. Odermatt hat den sehr grossen Pluspunkt, dass er in drei Disziplinen absolut top ist. Meillard fungiert aktuell im Riesen- und im Slalom zwar in den Top 3, im Super-G ist er aber noch nicht so weit, dass er regelmässig Spitzenplatzierungen herausfahren könnte. Und wenn er den Super-G forcieren möchte, würden wahrscheinlich seine Leistungen im Slalom darunter leiden.»

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In der neuen Saison wirds die ersten Weltcupsiege für Brasilien und Griechenland geben
«Brasilien ja, Griechenland nein! Lucas Pinheiro Braathen hat sich nach seinem Nationenwechsel von Norwegen nach Brasilien in der Startliste derart weit nach vorne gearbeitet, dass er heuer in jedem Riesen und in jedem Slalom um den Sieg fahren kann. Von Griechenlands Slalom-Vize-Weltmeister AJ Ginnis habe ich zwar gehört, dass er nach seinem Wechsel von Fischer zu Van Deer in der Saisonvorbereitung sehr starke Zeiten abgeliefert hat. Aber weil AJ in den letzten beiden Weltcup-Saisons grosse Mühe hatte und in der Startliste entsprechend nach hinten gefallen ist, erwarte ich von ihm keine Siege, sondern regelmässige Platzierungen in den Punkterängen.»

Hirscher wird in der Saison nach seinem Kreuzbandriss mindestens einmal in die Top 10 fahren
«Ja, ansonsten müsste man sagen, dass das Comeback des achtfachen Gesamtweltcupsiegers rein sportlich betrachtet missglückt ist. Ich bin Marcel in den letzten Monaten zwar nie persönlich begegnet. Aber auf den Fotos und Videos, die ich auf seinen Social-Media-Plattformen gesehen habe, ist mir aufgefallen, dass Hirscher körperlich besser in Form ist als im Vorjahr. Seine Oberarme und Oberschenkel erinnern wieder an seine ganz grossen Zeiten.»

Odermatt wird mit dem ersten Sieg bei der Kitzbühel-Abfahrt und Olympia-Gold in Bormio seine Titelsammlung vervollständigen
«Ich traue ihm das absolut zu. Es sind beides Strecken, die ihm sehr gut liegen. Ein Abfahrtssieg in Kitzbühel ist mit einem besonderen Reifeprozess verknüpft. Und Marco hat von Jahr zu Jahr dazugelernt, was es auf dieser besonderen Strecke benötigt, um gewinnen zu können. Aber eines ist auch klar: In Kitzbühel wie in Bormio wird Odi vor allem aus dem eigenen Team sehr starke Konkurrenz erhalten. Aber auch ein Vincent Kriechmayr oder Dominik Paris könnten in der finalen Phase ihrer Karriere noch einmal besonders gefährlich werden.»

Tumler wird Olympiasieger im Riesenslalom
«Das Potenzial dazu hat er! Es gibt im Ski-Zirkus nicht viel nettere Menschen als Tommy, deshalb würde ich ihm Olympia-Gold besonders gönnen. Er hat ein derart grosses Herz, dass er im Rennen einen Umweg fahren würde, wenn eine Fliege auf der Ideallinie platziert wäre. Im letzten Winter hat er uns im Wettkampf aber auch seine aggressive Seite gezeigt, deshalb hat er in Beaver Creek seinen ersten Weltcupsieg und bei der WM in Saalbach die Silbermedaille eingefahren. Und das Gelände der Riesenslalom-Piste in Bormio ist ähnlich wie die letztjährige WM-Strecke. Tumler wird seine Schleicher-Qualitäten also voll ausspielen können. Dasselbe trifft aber auch auf Odermatt, Meillard und die Österreicher Marco Schwarz und Raphael Haaser zu.»

Die Österreicher werden wie in der vergangenen Weltcup-Saison keinen Abfahrtssieg feiern
«Es wird in der Königsdisziplin auf jeden Fall ein sehr harter Winter. Aktuell fungiert mit Vincent Kriechmayr in der Abfahrts-Mannschaft vom ÖSV nur ein Athlet, welcher Weltcupsiege auf seinem Konto hat. Und von der nächsten Generation sehe ich derzeit bei den Österreichern keinen, der in Kitzbühel, Wengen oder Bormio gewinnen könnte. Deshalb wird bei den Ösis noch einmal sehr viel vom 34-jährigen Team-Senior Kriechmayr abhängen. Aber ich schätze Vinc im Super-G genau wie seine Teamkollegen Raphael Haaser und Lukas Feurstein wesentlich stärker ein.»

Norwegens Kilde wird in seiner Comeback-Saison keinen Speed-Weltcupsieg holen
«Das glaube ich auch. Kilde gibt eineinhalb Jahre nach einer sehr schweren Verletzung sein Comeback, und ich glaube nicht, dass er schon wieder in Bestform ist. Aber wenn sich Kilde in den letzten eineinhalb Jahren nicht komplett verändert hat, wird er auch in dieser Situation nicht taktieren. Er wird vom ersten Rennen an mit 110-prozentiger Risikobereitschaft zu Werke gehen. Darum hoffe ich in seinem Fall ganz besonders, dass er diesen Winter ohne weitere Verletzungen übersteht.»

Nef wird im Slalom seinen ersten Weltcupsieg bejubeln
«Sicher ist: Tanguy hat sich im letzten Winter enorm entwickelt. Der einstige Ausfall-Garant hat sich mit konstant guten Platzierungen in die Top 15 der Slalom-Startliste gearbeitet. Und ich glaube daran, dass der Genfer in dieser Saison seinen ersten Podestplatz im Weltcup feiern kann. Zum Sieg wird es aber noch nicht ganz reichen.»

Hiltbrand wird nach seinem Abfahrtsgesamtsieg im Europacup auch im Weltcup durchstarten
«Livio bringt unbestritten sehr viel Potenzial mit, und es wird ihm sicher enorm helfen, dass er im Weltcup einen Fixplatz hat. Einen solchen Fixplatz hatte er aber bereits im letzten Winter, dennoch war ihm der Europacup nicht weniger wichtig. Meines Erachtens wäre es wichtig, dass er jetzt nicht mehr zweigleisig fährt, sondern voll auf den Weltcup setzt. Sein Ziel muss es sein, dass er am Ende der Saison in den Top 25 fungiert, damit er beim Weltcupfinale starten kann. Für eine absolute Spitzenplatzierung mangelt es Livio in meinen Augen noch an Routine.»

Von Allmen wird im Januar als erster Berner Oberländer seit Bruno Kernen (2003) bei der Lauberhornabfahrt triumphieren
«Wenn alles normal läuft, wird Franjo an diesem Tag zu den Favoriten gehören. Es ist ganz sicher so, dass die Lauberhornabfahrt einige Passagen beinhaltet, die Franjo besonders gut liegen. Und wenn er in den nächsten Monaten noch etwas reifer wird, damit er in den langgezogenen Kurven mit noch mehr Geduld zu Werke gehen wird, stehen seine Chancen auf den Sieg auf der längsten Abfahrt der Welt tatsächlich sehr gut.»

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