«Bin stolz, einen so tollen Verwandten zu haben»
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Karli über Marco Odermatt:«Bin stolz, einen so tollen Verwandten zu haben»

Odermatt trifft Odermatt
Fussball-Legende und Ski-Hoffnung im Generationen-Gespräch

Der prominenteste Fan von Marco Odermatt ist Karli Odermatt. Vor dem Weltcup-Auftakt in Sölden setzt sich unsere Riesen-Hoffnung erstmals mit dem Fussball-Altmeister am gemeinsamen Heimatort an einen Tisch. Dabei verdichten sich die Indizien einer Verwandtschaft.
Publiziert: 18.10.2020 um 01:02 Uhr
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Aktualisiert: 18.10.2020 um 08:28 Uhr
Karli (l.) und Marco Odermatt haben nicht nur den Nachnamen gemeinsam, auch der Bürgerort Dallenwil ist derselbe.
Foto: Sven Thomann
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Marcel W. Perren (Text) und Sven Thomann (Fotos)

Paula von Holzen, die Wirtin des Restaurants «Schlüssel» in Dallenwil NW, fällt während ­ihres Gangs über die Terrasse ­beinahe in Ohnmacht. «Jesses, da sitzen ja der Karli und der Marco Odermatt an einem Tisch!» Mit ­beiden Odermatts verknüpft die «Schlüssel-Paula» hochprozentige Erinnerungen. «Dem Karli bin ich einmal beim Après-Ski begegnet. Und wegen Marco hatte ich einmal vor dem Fernseher einen ziemlich heftigen Schnaps-Rausch.»

Wie es dazu kam? «Das war bei einem Weltcuprennen, in dem sich Marco im zweiten Lauf vom 15. auf den 3. Rang verbessert hat. Da habe ich bei jedem Fahrer, der sich hinter unserem Nidwaldner klassiert hat, einen Schnaps gekippt.»

«Wir haben beide Bürgerort Dallenwil»

Karli Odermatt (77) kann das gut nachvollziehen. «Auch ich habe schon manch gutes Glas Rotwein auf Marco getrunken. Ich bin ein grosser Fan von ihm und glaube ­sogar, dass wir miteinander verwandt sind!»

Der in Buochs NW aufgewachsene Marco Odermatt (23) schaut seinen 54 Jahre älteren Namensvetter aus dem Baselbiet etwas skeptisch an. «Wie kommst du darauf?» Die FCB-Legende packt seine Biografie und einen Brief der Ürtekorporation Dallenwil aus. «Wir haben beide Bürgerort Dallenwil. Und in meinem Buch gibt es ein paar Bilder aus meiner sportlichen Blütezeit, in der ich fast gleich aussehe wie du ­heute.»

Der Mann mit 50 Länderspielen hält dem Sieger des letzten Super-Gs in Beaver Creek ein Porträtbild aus den 60er-Jahren unter die Nase. Marco reagiert verblüfft: «Es ist wirklich erstaunlich, wie ähnlich du mir auf diesem Foto siehst!» Die ­aktuell grösste Hoffnung des Schweizer Skisports blättert weiter in der Geschichte von Basels ­Jahrhundert-Fussballer und meint: «Auf einigen Bildern aus deiner ­Jugendzeit erinnerst du mich auch stark an meinen Onkel in jungen Jahren.»

Karli hat noch immer Oberschenkel voller Dynamit

Marcos anfängliche Skepsis ­gegenüber Karlis Verwandtschafts-Theorie weicht nun immer mehr der Vertrautheit. Es ist der Beginn eines unterhaltsamen Dialogs zwischen den Odermatts.

Marco Odermatt: Wie kam es dazu, dass du mit deinen Nidwaldner Wurzeln in Basel Karriere gemacht hast?

Karli Odermatt: Mein Vater hat die Innerschweiz aus beruflichen ­Gründen verlassen. Er hat im Hafen von Basel Kohle herumgeschleppt. Von ihm habe ich die Zähigkeit ­geerbt. Du kannst mir gerne einmal an den Oberschenkel greifen. Der beinhaltet auch heute noch pures Dynamit.

Marco: (Packt zu) Ja, wirklich beeindruckend!

Karli: Weisst du, in meinem Herzen bin ich immer ein urchiger Nidwaldner geblieben. Im Sommer lebe ich wie ein Waldmensch, der leidenschaftlich gerne Pilze sammelt. Auch die Liebe zur Natur habe ich von meinem Vater geerbt, der ­übrigens früher in dieser Gegend dank den Touristen aus Asien ein schönes Sackgeld verdient hat.

Marco: Wie?

Karli: Er ist am Sonntag oft in den Nidwaldner Bergen herumgewandert und hat bei diesen Ausflügen ein- bis zweihundert Franken verdient, weil er aus den Bergblumen wunderschöne Bouquets geflochten hat, die er vor allem den Japanern verkaufen konnte.

Marco: Bist du auch Ski gefahren?

Karli: Während meiner Fussballkarriere war Skifahren für mich offiziell verboten. Danach habe ich dann aber mit meiner Frau und den Kindern in Arosa alles nachgeholt. Und zwar auf und neben der Piste.

Marco: Erzähl mir bitte mehr darüber ...

Karli: Als ich erstmals mit einem Skilehrer einen der steilsten Hänge im Gebiet bezwingen wollte, hat es mich unzählige Male auf den Latz gehauen. Dieses Erlebnis hat meinen Ehrgeiz angestachelt. Am Abend habe ich an der Bar angekündigt, dass ich diesen Hang beim nächsten Mal ohne Sturz meistern werde. Daraufhin hat der Skilehrer gesagt: «Wenn du das schaffst, zahlt dir jeder Skilehrer sieben Deziliter Rotwein.» Ein paar Tage später habe ich den Steilhang tatsächlich ohne Sturz bewältigt und am Abend dann die Wettschulden einkassiert. Ich hatte ungefähr eineinhalb Meter Rotwein vor mir ...

Marco: Wenn der Zeitpunkt passt, lasse ich es im Ausgang auch gerne einmal richtig krachen!

Marcos Singen der Hymne imponiert

Karli: Ich habe es oft krachen lassen. Allerdings nie in der Vorbereitung auf ein Spiel. Deshalb war ich anlässlich der WM 1966 bei der berühmten Nacht von Sheffield im Gegensatz zu Köbi Kuhn nicht dabei. Ich wollte meinen Einsatz gegen Deutschland nicht gefährden. Leider haben wir dieses Spiel trotz meiner seriösen Matchvorbereitung 0:5 verloren. Aber das ist Schnee von vor-vorgestern. Weisst du, was mir an einem jungen Athleten wie dir besonders imponiert?

Marco: Was denn?

Karli: Dass du bei der Siegerehrung immer so schön die Nationalhymne mitsingst.

Marco: Ich habe den Text unserer Hymne nach meinem ersten Juniorenweltmeistertitel auswendig gelernt, seitdem singe ich tatsächlich bei jeder Gelegenheit laut mit. Ich bin sehr stolz auf meine Heimat.

Karli: Genau so soll es sein. Ich habe vor einem Länderspiel auch immer laut mitgesungen. Mich hat die Hymne jeweils derart berührt, dass ich in den ersten Minuten kaum spielen konnte, weil ich wegen dem Schweizer Psalm immer noch gezittert habe. Und ich ärgere mich jedes Mal fürchterlich, wenn ich heute vor einem Spiel der Nati mitansehen muss, dass einige von unseren Spielern nicht mitsingen. Ich schäme mich für diese Spieler. Darum schaue ich mir gerne Skirennen mit dir an.

Manchmal wäre Marco gerne Teamsportler

Marco: Schaust du dir viele Skirennen im TV an?

Karli: Ich verpasse fast keines. Was ihr leisten müsst, ist in meinen Augen der absolute Wahnsinn! Nur schon den Aufwand, den ein Skirennfahrer für die ungefähr zwanzig Rennen im Jahr betreiben muss. Und ihr müsst millimetergenau um diese Tore fahren, es braucht nur einen kleinen Fehler, und du liegst auf dem Ranzen. Ich kann mir ziemlich genau vorstellen, wie verunsichert ein Rennfahrer nach zwei missglückten Rennen ist. Da bist du beim dritten doch derart verunsichert, dass du total verhalten zum Start hinausgehst, oder?

Marco: Genau, und dann bist du schon vor der ersten Zwischenzeit schon wieder eine Sekunde zurück. Du hast das perfekt beschrieben. Aber es gibt noch einen anderen Grund, warum ich manchmal lieber Team- statt Einzelsportler wäre.

Karli: Welchen?

Marco: Weil man als Mannschaftssportler Erfolge mehr auskosten kann. Wenn ich ein Skirennen gewinne, gibt es nämlich mindestens zwei Teamkollegen, denen es im selben Wettkampf nicht nach Wunsch gelaufen ist. Und das drückt automatisch auf die Stimmung.»

Nun gesellt sich noch einmal die langjährige Chefin des Restaurants Schlüssel an den Tisch der Odermatts. «Ich bin mir sicher, dass ihr beide miteinander verwandt seid. Meines Wissens sind nämlich alle Odermatts mit Heimatort Dallenwil miteinander verwandt.»

Hat die «Schlüssel-Paula» recht? Um eine ultimative Antwort auf die Verwandtschaftsfrage zu erhalten, suchen die Odermatts nun einen Stammbaum.

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