Darum gehts
- Severin Schwander strebt in der Metzgerei und im Schwingen nach dem Maximum
- Schwander wurde als «Königs-Killer» bekannt, nachdem er Christian Stucki besiegte
- Bereits jetzt kennt er sein Rücktrittsdatum – was Teil seines Masterplans ist
Eine Bemerkung seines Lehrmeisters prägt Schwinger Severin Schwander (29) bis heute. Nach der bestandenen Abschlussprüfung als Koch sagte dieser: «Ich bin enttäuscht von dir. Mit ganz wenig mehr Aufwand hättest du so viel mehr herausholen können.»
Diese Worte wirkten wie ein Tritt in den Hintern. «Seither will ich immer das Maximum – sei es in der Metzgerei oder im Sägemehl», sagt Schwander. Heute führt der Eidgenosse eine Filiale des Familienbetriebs in Belp BE. Während der Metzgermeister da der Chef ist, fehlt ihm im Sägemehl noch etwas zur absoluten Spitze.
Schwieriger Wechsel in die Westschweiz
Was für viele Aussenstehende teilweise nicht ganz nachvollziehbar ist. Bringt Schwander doch mit seinen 2,02 Metern Körpergrösse und seiner Vergangenheit im Ringen ideale Voraussetzungen für den Schwingsport mit. Dass er noch immer auf seinen ersten Kranzfestsieg wartet, hängt unter anderem mit seiner zweiten grossen Leidenschaft zusammen: dem Fleisch.
Während andere Spitzenschwinger ihre Leistung optimieren, steht Schwander im Laden. «Ich arbeite 100 Prozent – da bleibt nicht viel Luft.» Seine berufliche Reise begann als Koch im «Sternen» in Guggisberg – geführt vom Grossvater eines gewissen Fabian Staudenmann. Nach drei Jahren in der Küche zog es Schwander mit 18 Jahren in die Westschweiz.
Dort absolvierte er seine Metzgerlehre. «Das war zu Beginn sehr schwierig. Ich konnte die Sprache kaum und kannte niemanden.» Anschluss fand er im Schwingkeller. Unvergessen bleibt für ihn seine erste Einheit im Sägemehl. «Jemand hatte Geburtstag, weshalb sie mitten im Training eine Flasche Weisswein geöffnet haben.»
Wütend nach ESAF-Aus
Dass das eine Ausnahme war, zeigte die rasante Entwicklung von Schwander. Am Waadtländer Kantonalen 2016 gewann der Berner seinen ersten Kranz – als Südwestschweizer. Trotzdem verpasste er die Selektion für das ESAF. Ihm wurden weniger erfolgreiche Schwinger vorgezogen. «Das machte mich richtig wütend. Lag aber wohl auch daran, dass ich im nächsten Jahr wieder für die Berner kämpfte.» Seine Metzgerlehre in der Westschweiz schloss er mit der Note 5,8 ab. Später kürte er sich bei der EM im Team zum besten Metzger Europas.
Einen besonderen Titel erkämpfte sich Schwander auch im Sägemehl. Seit dem Berner Kantonalen 2021 wird er auch «Königs-Killer» genannt. Damals bodigte er Schwingerkönig Christian Stucki. Und das als Erster seitdem der Berner 2019 in Zug den Thron bestiegen hatte. «Dieses Video schaute ich mir ein paar Mal an.»
Vom Königs-Killer zum Königs-Macher?
Für den grösstmöglichen Erfolg im Sägemehl optimierte Schwander seinen Alltag. So geht er beispielsweise über den Mittag ins Training. Davor holt Schwander noch ein paar Minuten Schlaf nach. Meist kommt er erst gegen 23 Uhr nach Hause und steht um 5 Uhr wieder auf. «Da musst du nicht einmal rechnen können, um zu merken, dass das nicht aufgeht.»
Wie lange er das Doppelleben als Metzger und Schwinger noch führen will? «Nach dem ESAF 2028 in Thun ist Schluss. Dann trete ich zurück.» Dieser Entscheid ist Teil seines Masterplans. 2029 tritt Schwanders Vater kürzer. Die Metzgerei übergibt er seinem Sohn. «Das ist eine riesige Sache für mich», so Schwander Junior.
Mit dem Schwingsport sei das nicht mehr vereinbar. Bis dahin geniesst er jede Sekunde im Sägemehl. Kommenden Sonntag schwingt Schwander am Freiburger Kantonalen. Ein paar Wochen später könnte er am ESAF dann zum «Königs-Macher» werden. Sollte er seinen Freunden Fabian Staudenmann und Adrian Walther den einen oder anderen Konkurrenten aus dem Weg räumen.