Darum gehts
- Giger gewinnt Schwägalp-Schwinget – gemeinsam mit Räbsamen
- Für Diskussionen sorgt die Kampfrichterentscheidung im Schlussgang
- Experten sind sich nicht einig – Kampfrichter-Boss schaltet sich ein
Nach dem Schlussgang auf der Schwägalp schütteln einige Experten den Kopf. Während Samuel Giger (27) und Marcel Räbsamen (24) gefeiert werden, wird hitzig diskutiert. Eine Frage steht dabei im Zentrum: Haben die Kampfrichter Giger den Festsieg geschenkt?
Fakt ist, dass der Unspunnensieger einen starken Tag eingezogen hat. Im ersten Gang bodigte er den Eidgenossen Michael Gwerder. Und dann schaffte er vor dem Mittag etwas, was ihm am Innerschweizer noch misslungen war.
Giger legte den unbequemen Samuel Schwyzer aufs Kreuz. «Mit meinem Tag bin ich sehr zufrieden. In den ersten fünf Gängen konnte ich das machen, was ich mir vorgenommen habe», sagte er im Siegerinterview.
Laimbacher-Brüder sind sich einig
Sein Meisterstück gelang ihm im Kampf um den Schlussgang. Dort legte er Nordwestschweizer-Champion Damian Ott aufs Kreuz. Seine Topform unterstrich auch Werner Schlegel. Zwei Wochen vor dem ESAF bezwang er mit Samir Leuppi und Domenic Schneider zwei prominente Eidgenossen. Folgerichtig kam es im Schlussgang zum Duell der beiden Dominatoren.
Während Schlegel gewinnen musste, reichte Giger ein Gestellter mit der Note neun. «Ich hatte das im Hinterkopf, deswegen bin ich gegen Schluss nicht mehr das letzte Risiko eingegangen.» Der Poker ging auf. Zum Unverständnis von einigen Schwing-Experten.
Hinter vorgehaltener Hand argumentieren sie: Samuel Giger soll Werner Schlegel nie an den Rand einer Niederlage gebracht haben. Zudem sei der Kampf technisch nicht hochstehend gewesen, weshalb Samuel die Note 8.75 hätte erhalten müssen.
Anders beurteilt das der fünffache Stoos-Sieger Philipp Laimbacher. Er erklärt auf Blick-Nachfrage: «Die Note 9 ist gerechtfertigt, weil Samuel mehrfach angegriffen hat. Auch seine Verteidigung gegen Werner darf belohnt werden.» Bruder Adi stimmt ihm genauso zu wie der dreifache NOS-Sieger Urs Bürgler: «Du kannst nicht 14 Minuten Vollgas angreifen. Samuel ist der verdiente Sieger.»
Emotionaler Premieren-Sieg für Räbsamen
Nach der Schlussbesprechung meldet sich Kampfrichterboss Peter Ackermann zu Wort. Er hat den Schlussgang aus nächster Nähe verfolgt. Sein Urteil: «Man kann die Note 9 geben, muss aber nicht.» Dass sowohl von Giger als auch von Schlegel nicht reihenweise Angriffe kamen, sah auch Ackermann so. «Sie haben es probiert – aber nicht pausenlos.»
Laut ihm konnten auch die Technischen Leiter die bessere Noten für den Gestellten nachvollziehen. Und so kam es auf der Schwägalp wie bereits im letzten Jahr (Giger und Staudenmann) auch in diesem Jahr (Giger und Räbsamen) zu einem Doppelsieg.
Für Räbsamen ist es der erste Kranzfestsieg überhaupt. «Es ist der schönste Moment, den ich mir vorstellen kann», sagt er. Und das nach einer sehr schwierigen Zeit im letzten Herbst. Vor dem Jubiläumsfest im Appenzell verlor Räbsamen die Freude am Schwingsport. «Ich hatte keine Lust, am anderen Morgen einen Wettkampf zu bestreiten.»
Vater erlaubt ihm ein paar Stunden mehr Schlaf
Er trat trotzdem an und enttäuschte. Räbsamen fehlte die nötige Lockerheit. Er führte dies auf einige gut gemeinte Ratschläge aus seinem näheren Umfeld zurück. «Sie meinten, ich soll mich stärker fokussieren.» Deshalb fing er vor den Gängen an, Techno- und Hardstylemusik zu hören. Doch statt ihn zu pushen, hemmten ihn diese harten Klänge eher.
Mittlerweile hat er sie wieder aus seiner Playliste verbannt. «Teilweise sauge ich einfach die tolle Stimmung am Schwingfest auf.» Was ihm ebenfalls geholfen hat, ist der Jobwechsel. Räbsamen arbeitet seit letztem Herbst als Maurer bei seinem Vater.
Deshalb darf er am Montagmorgen beispielsweise ein paar Stunden später anfangen. Nach diesem emotionalen Tag kann er den zusätzlichen Schlaf gut gebrauchen. Auf eine wilde Party hat Räbsamen aber verzichtet. Schliesslich will er in zwei Wochen beim ESAF erneut brillieren. Genauso wie Giger, dem die Hauptprobe geglückt ist.