Dieser Schwinget war an Verrücktheit kaum zu überbieten
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Drei Sieger am Kilchberger:Dieser Schwinget war an Verrücktheit kaum zu überbieten

«Es ist halt doch noch nicht so komplett»
Giger straft SRF-Experten Sempach und Abderhalden Lügen

Nach einem heftigen Zwischentief wird Samuel Giger seiner Favoriten-Rolle in Kilchberg doch noch gerecht. Die Chronologie einer in vielerlei Hinsicht verrückten Geschichte.
Publiziert: 25.09.2021 um 20:26 Uhr
Samuel Giger mit Sieger-Muni «Harald». Dabei wurde der 23-Jährige bereits abgeschrieben.
Foto: BENJAMIN SOLAND
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Marcel W. Perren (Text) und Benjamin Soland (Fotos)

Es ist kurz nach 14.30 Uhr, als der grosse Favorit Samuel Giger nach dem vierten Gang wie ein geschlagener Hund vom Schwingplatz in Richtung Garderobe trottet. Der Thurgauer, der in dieser Saison bei sieben Kranzfesten obenaus geschwungen hat, hat soeben nach dem gestellten Anschwingen gegen Joel Wicki auch den Berner Nicht-Eidgenossen Lukas Renfer stehen lassen müssen.

Damit deutet vieles daraufhin, dass Giger diesen Wettkampf nicht gewinnen wird. Die königliche Analyse fällt im Schweizer Fernsehen entsprechend deutlich aus. «Dieser Zweikampf gegen den defensiv sehr starken Renfer hat gezeigt, dass Giger halt eben doch noch nicht so komplett ist, wie er für einen so grossen Sieg sein müsste», meint Matthias Sempach (Schwingerkönig von 2013, Kilchberg-Champion 2014).

Der dreifache König Jörg Abderhalden legt nach: «Gegen einen Gegner wie Renfer reichen sehr gute Standschwünge eben nicht aus. Deshalb sollte sich Samuel ein paar gute Bodenschwünge aneignen.» Letztendlich gewinnt Giger den Kilchberger aber dann doch noch ohne die wirkungsvollen Waffen für den Bodenkampf. Weil seine grössten Konkurrenten im fünften Gang stellen und er Dominik Roth besiegt, kommt der gelernte Zimmermann gegen Kilian Wenger doch noch zu seiner Schlussgang-Chance – und diese nutzt er im zweiten Zug eiskalt aus.

Das Böse liegt in den Genen

Trotz seinen Schwächen im Bodenkampf und dem immer noch jugendlichen Alter von 23 Jahren – Gigers erster Sieg an einem Eidgenössischen Kräftemessen ist überfällig. Als der Sohn des zweifachen Appenzeller Eidgenossen Emil Giger 2014 am Rheintaler-Oberländer seinen ersten Sieg bei den Grossen feiert, war Sämi noch nicht einmal konfirmiert. Damals wirbelte er im Schlussgang den sonst so standhaften Urban Götte (zweifacher Rigi-Sieger) durch die Luft. Zwei Jahre später triumphierte er erstmals auf der Schwägalp und wurde Zweiter am Eidgenössischen.

Die bösen Gene hat Samuel aber nicht nur von seinem Vater geerbt. Sein Onkel Simon Schild hat 1998 in Bern ebenfalls den Eidgenössischen Kranz gewonnen, obwohl er zuvor einen Halswirbel gebrochen hatte. Die Familie Giger-Schild hat aber auch einen Bezug zur «Königsfamilie» Sempach. Sämis Mutter hat bei «Mättus» Grosseltern ein Haushalts-Lehrjahr absolviert.

So liess Giger Sponsoren abblitzen

Im Gegensatz zu Matthias Sempach hatte Giger aber lange Zeit ein sehr distanziertes Verhältnis zu Sponsoring im Schwingsport. Obwohl ihm ein grosser Käsehersteller bereits vor fünf Jahren einen hoch dotierten Werbe-Vertrag unter die Nase gehalten hat, sagte der 1,94 Meter lange und 120 Kilo schwere Model-Athlet ab. «So lange ich in der Berufslehre bin, mache ich keine Werbung», sagte Giger damals.

Mittlerweile ist das anders. Zum Leidwesen des Schweizer Sponsors des Nordostschweizer Verbands hat Giger im letzten Jahr einen Werbe-Deal bei einem deutschen Discounter unterzeichnet.

Damit hat der Zimmermann und Lastwagen-Chauffeur jetzt auch genug Geld, um seinen NOS-Kollegen nach einem Festsieg die obligate Getränkerunde zu spendieren. Das war damals bei seiner Sieg-Premiere 2014 im Rheintal ganz anders. «Weil ich vor diesem Wettkampf nicht im Traum an den Sieg dachte, hatte ich natürlich nicht so viel Geld im Sack und musste meinen älteren Bruder anpumpen.»

Die drei Kilchberger-Sieger werden gefeiert.
Foto: BENJAMIN SOLAND
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