Aus Sicht der Innerschweizer war es der grosse Aufreger am ESAF 2022: Brünig-Triumphator Pirmin Reichmuth legt in Pratteln im Kampf um die Schlussgang-Qualifikation den Berner Eidgenossen Bernhard Kämpf aufs Kreuz – doch das «Gut» des Kampfrichters bleibt aus. Im Gegenzug schultert Kämpf Reichmuth, diesmal wird der Entscheid anerkannt. Damit muss der tragische Held aus dem Zugerland seinen Traum von der Schwingkrone begraben!
Während Reichmuth in dieser Situation die Faust im Sack macht, schlägt der fünffache Schwyzer Eidgenosse Adi Laimbacher im Blick-Talk verbal heftig auf den Tisch: «Es gibt Kampfrichterentscheide, die man schlicht nicht akzeptieren kann. Was hier mit Pirmin passiert ist, ist eine absolute Sauerei. Ich konnte von meinem Tribünenplatz aus klar erkennen, dass Bernhard auf dem Rücken lag. Deshalb ist es für mich unverständlich, dass der Kampfrichter auf dem Platz das nicht gesehen hat.»
Zwei grobe Fehler innerhalb von zwei Eidgenössischen
Drei Jahre später trifft es Reichmuths ISV-Kollegen Joel Wicki, der in Mollis in einer ähnlichen Situation benachteiligt wird. Der König von Pratteln bringt im fünften Gang den Südwestschweizer Eidgenossen Romain Collaud in eine aussichtslose Lage. Der dreifache König Jörg Abderhalden spricht als SRF-Experte von einem «ganz klaren Resultat!» Doch der Kampfrichter am Sägemehlrand sieht es anders – der Gang endet gestellt.
Damit ist klar: Der Entlebucher kann seinen Titel nicht verteidigen. Bei der Sichtung der Bilder fällt zudem auf, dass sowohl Wicki wie auch Reichmuth am selben Mann gescheitert sind: Ivo Zwingli. Der gebürtige Toggenburger war 2022 Platzkampfrichter im Duell Reichmuth–Kämpf – und spielte nun dieselbe Rolle beim Gang Wicki–Collaud.
ESV-Boss spricht Klartext
Diese Parallele stösst auch dem abtretenden Technischen Leiter des ESV, Stefan Strebel, sauer auf: «Wenn einem Kampfrichter innerhalb von zwei Eidgenössischen derart gravierende Fehler unterlaufen, ist das eine Katastrophe. Ich werde diesen Fall mit der Kampfrichterkommission noch einmal genau aufarbeiten. Zumal mir mittlerweile zu Ohren gekommen ist, dass dieser Mann schon bei seinen Einsätzen in der Nordostschweiz nicht unumstritten war.»
Strebel betont mit Nachdruck, «dass am Eidgenössischen nur die allerbesten Kampfrichter zum Einsatz kommen dürfen.»
Zwingli wehrt sich
Und was sagt Ivo Zwingli selbst? In der «Linth-Zeitung» nimmt er Stellung zum Gang Wicki–Collaud: «Ich habe die Situation gut gesehen und nach dem technischen Regulativ entschieden – so, wie wir es auch in den Ausbildungen lernen.» Ein Resultat am Boden müsse eindeutig sein, betont Zwingli. «Und in diesem Fall war es mir noch ein Tick zu wenig klar.»
Zwingli legt zudem Wert auf eine Richtigstellung: Entgegen der Behauptung im «Hoselupf»-Talk sei er beim umstrittenen Sieg von Curdin Orlik gegen Werner Schlegel nicht Platz-, sondern Tisch-Kampfrichter gewesen. «Ich habe mich damals gegen den Sieg Orliks ausgesprochen, weil ich gesehen hatte, dass beide Schwinger für einen Moment keinen Griff hatten. Meine beiden Kollegen haben mich jedoch überstimmt.»