Darum gehts
- Mauro Schmid verpasst knapp den Sieg bei der Tour
- Protestaktion droht, Zieleinfahrt zu stören, wird aber gestoppt
- Schmid führt das Rennen über 156,8 Kilometer
Darf man ihn einen Fan nennen? Nein, ein Selbstdarsteller im besten Fall. Ein Irrer, wenn man realistischer sein will. «Israel Out Of The Tour», steht auf seinem T-Shirt. Just im Moment, als Mauro Schmid (25) in einem Zweiersprint um den grössten Sieg seiner Karriere kämpft, springt der Mann mit der Sonnenbrille über die Absperrung auf die Zielgerade.
Man befürchtet das Schlimmste. Doch dazu kommt es zum Glück nicht. Ein Sicherheitsmann rammt den Eindringling in die Bande, Schmid und Jonas Abrahamsen (29) werden nicht behindert – der Norweger gewinnt eine Radlänge vor dem Zürcher.
«Es war so laut, dass ich nichts mehr im Team-Radio gehört habe», erzählt Schmid kurz darauf. Die Enttäuschung ist ihm anzusehen. Dennoch zollt er seinem Rivalen Respekt. «Abrahamsen war super stark. Er hat den Sieg verdient.»
Das hätte aber auch Schmid. 1770 Tage nach dem letzten Schweizer Etappensieg an der Tour de France – Marc Hirschi (26) gewann 2020 – schrammt er hauchdünn am grossen Coup vorbei. «Ich muss es weniger mit der Brechstange versuchen», hatte er tags zuvor, bei dem der Tour-Tross erstmals freihatte, noch gegenüber Blick gesagt. Und gleichzeitig betont: «Meine Form stimmt.»
Schmid mit Beinahe-Meisterstück
Tatsächlich reiht sich Schmid beim Start in Toulouse in der ersten Reihe ein und macht damit deutlich, wie gross seine Ambitionen sind. Sein Schweizer Meistertrikot ist neben dem Maillot Jaune, das von Ben Healy (24, Irl) getragen wird, unverkennbar. Und nach 16 Kilometer einrollen – so lange dauert es, bis das Rennen freigegeben wird – greift er sofort an. Schmid kommt weg, zwei Fluchtgefährten gesellen sich dazu. Was er zu diesem Zeitpunkt nicht ahnt: Er wird die ganzen 156,8 Kilometer des Rennens zuvorderst verbringen, weil das Feld ihn nicht einholen wird.
Dabei denken viele, dass Schmid kurz vor dem Ziel an der brutalen Cote de Pech David mit seinen bis zu 20 Prozent steilen Rampen einbrechen wird. Doch er tut es nicht. Gemeinsam mit Abrahamsen rast er hinauf, zeigt Kämpferherz und Klasse.
Letztlich reicht es nicht, der Norweger jubelt. Für Abrahamsen ist es der grösste Karriere-Erfolg. Und doppelt speziell, brach er sich doch vor vier Wochen das Schlüsselbein. «Ich habe im Spital geweint, weil ich dachte, dass ich es nicht an die Tour schaffen würde. Nun hats geklappt und ich bin überglücklich.»
Und Schmid? Er wird es wieder versuchen, wenn die Tour die Pyrenäen verlässt und die Alpen ansteuert. Dass er die Stärke hat, um zu gewinnen, hat er bewiesen.