«Setzt uns unter Druck»
Rad-Star Reusser sorgt sich um Magerwahn bei den Frauen

Pauline Ferrand-Prévot gewinnt als erste Französin seit 40 Jahren die Tour de France Femmes. Doch ihr Erfolg hat einen Preis: Der Radprofi setzte dafür auf eine knallharte Diät. Marlen Reusser hat dafür wenig Verständnis.
Publiziert: 17:52 Uhr
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Pauline Ferrand-Prévot gewann die diesjährige Tour de France.
Foto: keystone-sda.ch
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Nicolas HorniSportredaktor

Es ist eine beeindruckende Leistung, die Pauline Ferrand-Prévot (33) an der diesjährigen Tour de France auf den Teer bringt. In ihrer ersten Saison nach dem Wechsel weg vom Mountainbike gewinnt sie die Tour – als erste Französin seit 40 Jahren. Gross ist der Jubel danach, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron beispielsweise crasht kurzerhand ein TV-Interview, um ihr zu gratulieren. Doch es gibt neben den Gratulationen auch viele kritische Stimmen. Denn Ferrand-Prévot hat für die Tour de France stark abgenommen.

Der Trend, im Radsport für Erfolg abzuspecken, war aus der Mode gekommen. Doch nun feiert Ferrand-Prévot nach ihrer extremen Gewichtsabnahme den Mega-Erfolg. Sie bereitete sich intensiv auf das Ziel Tour-de-France-Sieg vor. In den drei Monaten vor der Tour fuhr sie keine Rennen und zog sich nach Andorra zurück. Dort soll sie über vier Kilo abgenommen haben. Das mag vielleicht nach wenig klingen, ist bei einem Körpergewicht von knapp 50 Kilo viel. Diverse Experten und auch ein Teamarzt haben Ferrand-Prévot vor den gesundheitlichen Folgen gewarnt. Auch Landsfrau Cédrine Kerbaol (24) warnt vor möglichen Folgen: «Keine Periode mehr zu haben, ist nicht normal. Das wirkt sich nicht nur auf die Fruchtbarkeit aus, sondern auch auf die Knochengesundheit.»

Reusser schrieb einen Brief

Ähnlich tönt es nun auch von der Schweizer Konkurrentin Marlen Reusser (33). «Wir haben insgeheim gehofft, dass sie damit nicht erfolgreich ist», sagt die Bernerin, die wegen einer Lebensmittelvergiftung die Tour aufgeben musste, gegenüber dem «Tages-Anzeiger». Auch Reusser stelle sich die Frage, ob sie abnehmen muss. «Ferrand-Prévot hat einen neuen Standard gesetzt. Wenn Fahrerinnen damit so erfolgreich sind, setzt das uns alle unter Druck», so Reusser weiter.

Die Schweizerin sei zwar beeindruckt von der Leistung an sich, die Signalwirkung sei aber die falsche. «Wenn sie ihr neues Trikot präsentiert und sichtlich stolz ist, dass es zu gross ist, überbringt das eine Botschaft», sagt Reusser. Sie selbst setzte sich schon vor Jahren für eine Körperfett-Untergrenze ein und schrieb einen Brief an den Rad-Weltverband. Passiert ist seither nichts.

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